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Solidaritätskorps Die EU startet einen neuen Freiwilligendienst

Wie bereit sind Europäer, sich gegenseitig zu helfen? Die EU-Kommission setzt ihre Hoffnung auf die jungen Leute und hat den sogenannten Solidaritätskorps gegründet. Der sorgt allerdings auch für einige Verwirrung.

Von: Tobias Krone

Stand: 07.12.2016 | Archiv

Solidaritätskorps der EU | Bild: BR

Es ging schon mal solidarischer zu in Europa. Beispiele gibt es genug. Das hier etwa: Die deutsche Regierung hat mit anderen Ländern zusammen Griechenland gerettet. Der Lohn: Die ersten Wähler sind zur AfD übergelaufen. Osteuropa hat keine Lust, Geflüchtete aufzunehmen. Und die Briten wollen ganz aussteigen aus der EU, weil die Mehrheit nicht mehr in den gemeinsamen Topf einzahlen will. Fast wirkt es, als hätte kein Land mehr Bock darauf, einem anderen Land zu helfen. Auch bei jungen Menschen war die Europa-Euphorie schon mal größer.

Erdbeben, Geflüchtete – junge Europäer sollen helfen

Das soll sich ändern, findet die EU-Kommission. Und hofft, dass der europäische Nachwuchs durch gemeinsame Projekte zusammenfindet. Mit blumigen Worten wirbt Brüssel um junge Menschen, die sich engagieren möchten.

"Freiwillige sind die Lungen Europas. Obwohl sie nichts dafür verlangen, bringen sie Leben, Energie und Positives in diesen wunderbaren Kontinent, indem sie ihre Solidarität gegenüber Bedürftigen, der Umwelt und den Gemeinden ausdrücken"

Gabriella Civico, Direktorin des Europäischen Freiwilligendienstes

Alle Europäer zwischen 18 und 30 Jahren können sich seit dem 07. Dezember beim sogenannten Solidaritätskorps bewerben. Wenn dann zum Beispiel nach einem Erdbeben Aufräumen angesagt ist oder Unterstützung bei der Aufnahme von Geflüchteten gebraucht wird, können sie mithelfen. Aber auch ökologische oder kulturelle Projekte sollen von der Mitarbeit profitieren. Neben diesen freiwilligen Tätigkeiten möchte das Programm auch Praktika und Jobs vermitteln.

Schmales Gehalt für großes Herz

Wer ein paar Monate Teil des Solidaritätskorps werden möchte, kann sich online registrieren und dort seine Arbeitsschwerpunkte angeben. Arbeiten kann man in ganz Europa – natürlich auch im eigenen Land. Wenn alles so läuft, wie es sich die Europäische Kommission vorgestellt hat, wird man dann von entsprechenden Hilfsorganisationen ausgewählt. Aktuell braucht es aber noch etwas Geduld. Die Organisationen beginnen frühestens im Frühjahr 2017 mit der Auswahl, denn noch haben sie ihre Projekte gar nicht eingereicht.

Die EU übernimmt die Kosten für Wohnen, Essen und Versicherung und ein Taschengeld für alltägliche Bedürfnisse. Eine Vergütung für die Freiwilligen gibt es nicht. Solidarisch sein heißt schließlich vor allem etwas zu geben.

In der Europäischen Kommission ist man stolz auf das Projekt, vor allem auf die Schnelligkeit, mit dem es gestartet wurde.

"Wir wissen, dass es von jungen Leuten ein großes Interesse gibt, Freiwilligendienst oder auch eine Tätigkeit im Ausland auszuüben, dass die Möglichkeit dafür aber nicht immer gegeben ist. Und wir schaffen jetzt diese Möglichkeiten."

Johannes Bahrke, Sprecher der Europäischen Kommission

Verwirrung: Ein zweiter Europäischer Freiwilligendienst?

Die Ankündigung des Solidaritätskorps sorgt aber auch für Verwirrung. Denn es gibt ja schon seit 20 Jahren den Europäischen Freiwilligendienst, bei dem sich Interessierte allerdings selbst um Organisationen kümmern müssen. Die Evangelische Kirche zum Beispiel schickt mit dem Programm Aktion Sühnezeichen Friedensdienst deutsche Jugendliche in Länder, die während des Nationalsozialismus unter den Deutschen gelitten haben. Sie ist mit dem Konzept bisher gut gefahren. Dem Solidaritätskorps steht sie skeptisch gegenüber. Die Kirche findet zwar gut, dass die Europäische Kommission mehr für Freiwilligenarbeit tun will, befürchtet aber eine Doppelstruktur.

"Es wirkt so ein bisschen mit der heißen Nadel gestrickt. Ich finde es immer schade, wenn man bestehende tolle Programme hat, die wirklich angenommen werden und auch unheimlich viel zum Verständnis junger Menschen für Europa beigetragen haben, wenn man die dann links liegen lässt und was Neues schafft, anstatt die guten bestehenden Strukturen zu stärken."

Katrin Hatzinger, Evangelische Kirche Deutschland, Büro Brüssel

Die Kirche ist besorgt, dass nun weniger Geld für den klassischen Europäischen Freiwilligendienst da ist, da alles aus einem Fördertopf finanziert wird. Das bestätigt Kommissionssprecher Johannes Bahrke. Er sieht die beiden Programme aber nicht als Konkurrenz zueinander. Vielmehr erleichtere die neue Internetplattform, dass sich Organisationen und Freiwillige online finden. Bis 2020 - so die Hoffnung - sollen 100.000 Freiwillige im Solidaritätskorps mitgearbeitet haben.


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