Freerider Stefan Ager Heliskiing war gestern, jetzt kommt Balloonskiing
Mit dem Heißluftballon ins Backcountry, abseilen und unberührten Powder genießen – das zeigt "Balloonskiing". Freerider Stefan Ager hat's gemacht und uns von den Herausforderungen und der Nachhaltigkeit des Filmprojekts erzählt.
Mit dem Heißluftballon über die winterlichen Tiroler Alpen fliegen – das wäre für viele Leute schon ziemlich eindrucksvoll. Der Freeride Crew vom Filmprojekt "Heimschnee" war das allein zu lahm: Die Tiroler Jungs und Mädels haben ihr Freeride-Equipment in den Ballonkorb gepackt, sind losgefahren und haben sich aus dem Korb ins Backcountry abgeseilt - um dann unberührte Hänge zu fahren. Wie das aussieht, zeigt "Balloonskiing", eine Episode aus dem Filmprojekt "Heimschnee". Wir haben mit Freerider Stefan Ager über das nachhaltige Projekt und die Herausforderung beim Ballonnskiing gesprochen und haben versucht, ihm die nächsten, ausgefallenen Ideen zu entlocken.
PULS Playground: Heliskiing kennt man aus diversen Freeride Movies, ihr macht Balloonskiing. Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Stefan Ager: Angefangen hat alles mit unserem Filmprojekt "Heimschnee". Darin wollen wir zeigen, was unsere Heimat Tirol alles zu bieten hat – denn wir haben hier ja alles vor der Haustüre und müssen gar nicht bis nach Japan zum Freeriden. Bei "Heimschnee" ist uns die Nachhaltigkeit sehr wichtig, das heißt, wir versuchen alle Aufstiege selber zu leisten und da braucht man Alternativen zu Skidoo und Heli. Für den Skidoo hatten wir die Alternative schnell gefunden: ein Huskygespann mit 20 Hunden, das uns gezogen und zu den Einstiegen gebracht hat. Dann mussten wir uns noch was einfallen lassen, womit wir den Heli ersetzen konnten. Bei einem Bier sind wir dann auf die Idee mit dem Heißluftballon gekommen – und wollten das natürlich ausprobieren und uns aus dem Korb ins Backcountry abseilen.
Im Film heißt es, dass ihr ein neues Abenteuer gesucht habt, das ihr mit euren Grundsätzen vereinbaren könnt. Was meint ihr damit?
Wir versuchen, die Natur so zu belassen, wir sie ist. Das heißt, dass wir zum Beispiel Heliflüge mit viel CO2-Ausstoß vermeiden. Und auch wenn wir durch den Wald aufsteigen, achten wir auf das Wild und die Natur. Alles soll so nachhaltig wie möglich sein, dass auch die nächste Generation noch in den Bergen Skifahren gehen kann. Deswegen eben der Ballon anstatt eines Helis.
Vor euch hat das noch niemand gemacht. Was ist das Schwierigste am Balloonskiing?
Dass man nie weiß, wo man aussteigt und ob man überhaupt aussteigt. Man kann am Tag zuvor lediglich die Wetterprognose anschauen. Wenn zum Beispiel Westwind angesagt ist, versucht man östlich von einem coolen Gebiet zu starten und dann dort auf einem geeigneten Plateau zu landen.
Wie habt ihr euch darauf vorbereitet?
Wir haben natürlich im Kleinen angefangen. Zuerst sind wir in einen Hochseilgarten gegangen und haben geübt, wie wir uns am besten abseilen können. Im zweiten Schritt haben wir dann mit den Ballon geübt, allerdings mit einem Fesselballon – das heißt, der Ballon war noch an Bäumen befestigt. Und erst im dritten Schritt sind wir dann wirklich in die Luft abgehoben und glücklicherweise hat auch gleich beim ersten Versuch alles gut geklappt.
Wo steigt man denn am besten aus?
Auf einen Gipfel kann man sich vom Ballon aus nie abseilen, weil das wegen des Windes und der Luftströmungen viel zu gefährlich ist. Deswegen suchen wir uns immer ein kleines Plateau aus, wo mehr Platz und weniger Wind ist.
Und wie genau läuft das Aussteigen ab?
Wenn wir so eine gute Stelle in ein paar Hundert Metern Entfernung sehen, steuert der Ballonfahrer drauf zu und wir werfen dann die Seile runter, an deren Ende ein Sicherheitsknoten ist, damit wir beim Abseilen nicht einfach drüber rutschen. Kurz bevor der Balloon über dieser Stelle ist, seilen wir uns fast bis zum Seilende ab, so dass wir alle auf gleicher Höhe sind. Dann machen wir den Sicherheitsknoten auf und sobald wir Bodenkontakt haben, lösen wir das Sicherungsgerät ganz. Die Seile schnellen hoch, denn der Ballon ist dann um die 300 Kilogramm leichter und schießt einen Kilometer in die Höhe. Und das ist die Schwierigkeit für den Ballonfahrer: Er muss den Ballon wieder unter Kontrolle bringen.
Ist das Besondere am Balloonskiing, dass man nie genau weiß, wo man letztlich rauskommt?
Ja, genau das macht es aus. Beim Heliskiing zeigt man auf der Karte auf eine Bergspitze und sagt: Da will ich hin! Das geht beim Balloonskiing nicht. Man ist dem Wind völlig ausgeliefert. Man steigt morgens in den Korb, startet, sieht einen wunderschönen Sonnenaufgang und weiß nicht, wo man später Skifahren gehen wird. Das ist wahnsinnig spannend und man muss auf alles vorbereitet sein. Wir haben immer unsere Steigeisen, Pickel und Biwaksack dabei. Das ist mehr als nur Skifahren, das ist ein Abenteuer!
Und wo habt ihr den Ballon inklusive Fahrer herbekommen?
Da mussten wir ein bisschen recherchieren und telefonieren, denn in Österreich gibt’s gar nicht so viele Ballone und Ballonfahrer. Aber wir hatten Glück: Der erste Ballonfahrer, den wir angerufen hatten, ist selber ein crazy Typ und für alles zu haben – deswegen war er gleich dabei. Aber er hat uns auch gesagt, dass es nicht einfach wird. Insgesamt haben wir zwei Jahre gebraucht, bis wir alles im Kasten hatten.
Das war sicher nicht ganz billig... Wie habt ihr euer Ballonabenteuer finanziert?
"Ballooskiing" ist ja ein Kapitel von unserem großen Filmprojekt "Heimschnee". Wir haben ein ausführliches Konzept für den Film geschrieben und damit Sponsoren gewonnen. Sonst wäre das ganze "Heimschnee"-Projekt und damit das Ballonabenteuer nicht möglich gewesen.
Eigentlich hat man in Ski- und Freeride-Filmen schon alles gesehen. Wie schwierig ist es, was komplett Neues zu zeigen?
Das ist nicht leicht, aber uns war klar, dass wir nur erfolgreich sein können, indem wir was Neues machen. Wir sind keine Profi-Athleten und hätten mit einem klassischen Skifilm nicht mit dem Niveau der großen Produktionsfirmen mithalten können, schon allein wegen des Budgets. Deswegen haben wir eine besondere Idee gebraucht und mussten was ganz Neues umsetzen. Und wenn man sich die Reaktionen auf "Balloonskiing" anschaut, ist diese Plan auch aufgegangen.
Die Aufnahmen sind atemberaubend – wie konntet ihr das filmen?
Dazu hatten wir einen zweiter Ballon am Start, denn das Filmen sollte ja auch nachhaltig und mit möglichste wenig CO2-Ausstoß passieren. Außerdem ist noch eine Drohne in der Luft gewesen, die vom zweiten Ballon aus gestartet ist.
Und was kommt als Nächstes? Habt ihr schon neue Ideen?
Ja, da schwebt uns noch einiges vor. Es werden Instrumente und ein Fallschirm vorkommen… Aber will ich noch nicht so viel verraten. Das seht ihr dann im Herbst 2016, wenn der komplette Film rauskommt.