Interview // Freeskier David Wise "Die FIS soll uns endlich ernstnehmen!"
David Wise hat alles gewonnen, was geht - mit 24. Der Freeskier hat aber nicht nur viele Medaillen gesammelt, sondern ist auch Vater von zwei Kids. Außerdem setzt er sich für seinen Sport ein und zeigt der FIS, wo's langgeht.
PULS Playground: Du bist bei allen wichtigen Freeski-Contests am Start und hast schon alles abgeräumt, was geht. Jetzt bist du zum ersten Mal beim Nine Knights mit dabei. Was ist das besondere an diesem Event?
David Wise: Es ist einfach komplett anders als alle anderen Events. Meistens geht es total streng zu. Alles ist perfekt durchgeplant, wer wann trainiert, startet und was jeder Sportler bei seinem Run zeigt. Beim Nine Knights geht’s viel mehr um Style, Kreativität und coole Fotos oder Videos, die nach einer Woche hier rauskommen. Wir haben ein unglaubliches Setup und haben einfach zusammen Spaß.
Wie wichtig ist diese entspannte Atmosphäre beim Nine Knights, damit sich der Sport weiterentwickelt?
Die ist wirklich wichtig und gut für den Sport. Beim Nine Knights stehen wir als Fahrer im Mittelpunkt und nicht unsere Leistung. Die Veranstalter stellen jedes Jahr ein noch tolleres Setup hin und damit wird unser Level von Jahr zu Jahr besser. Aber natürlich sind auch Wettbewerbe wie die X Games oder die Weltmeisterschaften wichtig - die treiben das Niveau unserer Sports genauso weiter voran.
Stichwort X Games und Weltmeisterschaften: Dieses Jahr hat die FIS ihre Freestyle-Weltmeisterschaften genau zu der Zeit ausgetragen, als die Winter X Games in Aspen stattgefunden haben. Du hättest bei beiden Wettbewerben die Goldmedaille verteidigen können - musstest dich aber entscheiden und bist dann bei den X Games angetreten. Warum?
Ich freue mich echt, dass es für unseren Sport FIS Weltmeisterschaften gibt und er auch endlich olympisch ist, weil das weltweit viel Prestige bringt. Aber die X Games sind einfach schon viel länger wichtig für unseren Sport: Das war die erste Veranstaltung, die Freeski wirklich groß gemacht hat und den Sport zu den Leuten gebracht hat. Die X Games pushen den Sport seit Jahren und außerdem gibt’s da immer die beste Halfpipe - deswegen hatte ich mich für die X Games entschieden. Aber eigentlich hätte es ja nie passieren dürfen, dass beide Wettbewerbe zeitgleich stattfinden...
Habt ihr als Sportler versucht, mit den Verantwortlichen der FIS zu sprechen und euer Problem zu erklären?
Ja, wir haben versucht, mit der FIS zusammenzuarbeiten und die Termine irgendwie zu verschieben, aber es ist nichts passiert. Um ehrlich zu sein: Ich glaube, die Organisatoren der FIS WM haben sich gedacht, dass wir trotzdem kommen. Wir haben ihnen gesagt: Hey, wenn ihr am Datum nichts ändert, dann werden wir nicht teilnehmen. Aber das haben sie nicht geglaubt. Die dachten: Das sind die Weltmeisterschaften, da will jeder antreten. Und dann gab's ein böses Erwachen, als sie gesehen haben, dass tatsächlich keiner der weltbesten Freeskier an den Start gegangen ist. Deswegen wird es so eine Terminkollision auch sicher nicht nochmal geben.
Auf deinem Blog hast du einen offenen Brief geschrieben und die FIS stark kritisiert. Denkst du, die Verantwortlichen der FIS werden euren Sport irgendwann wirklich verstehen?
Ich hoffe es! Viele Leute haben mich danach gefragt: Was schlägst du denn vor, dass die Situation besser wird? Willst du deine eigene Organisation gründen oder willst du alle zusammenbringen? Aber das will ich definitiv nicht und das kann ich auch nicht, da hängt viel zu viel Verantwortung für uns als Sportler dran. Wir wollen eigentlich nur respektiert und ernstgenommen werden, damit unser Sport besser verstanden wird. Die müssen begreifen, dass sie uns zuhören müssen, wenn sie wollen, dass wir bei ihren Contests antreten. Und dieses Jahr haben sie das nicht gemacht - mit der Konsequenz, dass die Weltmeisterschaft nur ein Zweite-Klasse-Event war und niemand drüber gesprochen hat. Ich hoffe, die FIS hat daraus gelernt und geht auf uns zu, damit das Verhältnis besser wird.
In der Freestyle-Szene hast du für deinen offenen Brief viel Anerkennung bekommen. Hat sich die FIS auch dazu geäußert?
Bei einer großen Organisation wie der FIS ist es immer so, dass sie nie offen eingestehen wird, dass ein Fehler passiert ist. (lacht) Die FIS wird sich nicht selbst erniedrigen, indem sie sagt: Okay, ihr hattet Recht! Aber ich bin mir sicher, dass sie das in Zukunft nicht mehr so machen werden - und allein, dass wir das erreicht haben, ist besser als nichts.
Du engagierst dich für deinen Sport und bist sehr erfolgreich - gleichzeit bist du schon zweifacher Vater und verheiratet. Wie wichtig ist deine Familie für den Erfolg?
Ich habe einen sieben Monate alten Sohn und eine dreijährige Tochter - aber eigentlich hatte ich das nie so geplant. Ich dachte immer, dass ich niemals sesshaft werde oder frühestens heirate, wenn ich meine Freeski-Karriere beendet habe. Aber dann kam diese Frau in mein Leben und ich wusste, dass sie die Richtige ist. Jetzt sind wir schon seit vier Jahren verheiratet und das waren die besten vier Jahre meines Lebens. Und auch die erfolgreichsten vier Jahre. Ich denke, dass ich durch meine Familie als Freeskier eine ganz neue Perspektive und eine ganz andere Balance bekommen habe. Vorher habe ich mir zu viel Druck gemacht und war nicht so erfolgreich. Jetzt sehe ich, dass es noch mehr gibt als Freeskiing - ich genieße den Sport, aber sehe, dass am Ende des Tages die Familie das Wichtigste ist. Und durch die neue Einstellung bin ich plötzlich viel erfolgreicher.
Von den anderen Freeskiern sind die wenigsten schon verheiratet und haben Kids. Was sagen sie zu deiner Lebenswelt?
Ich glaube, sie sehen mich ein bisschen als schwarzes Schaf unter den Freeskiern und denken sich, dass ich wirklich anders bin. Aber ich nehme meine Frau und die Kinder gern zu Events mit und alle, die sie kennen gelernt haben, verstehen dann besser, wie mein Leben aussieht und begreifen, dass ich zwar einen anderen Lifestyle habe, aber im Kern ja trotzdem ein Freeskier bin. Sie würden zwar nie mit mir tauschen wollen, aber sie respektieren mich und meine Art zu leben.