Cannabisverschreibung Warum Ärzte zögern
Auf Grund der schlechten Studienlage und mangels Erfahrung mit Cannabinoiden sind Ärzte vorsichtig beim Einsatz der Mittel. Das ist auch im Interesse der Patienten. Schließlich sollte ein Therapeut in der Lage sein, schädliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und die notwendigen Schlüsse daraus zu ziehen.
Von: Johannes von Creytz
Stand: 23.11.2020
Muss die Dosierung verändert werden? Ist das Präparat an sich ungeeignet oder ist es nur die Form und Art in der es eingenommen wird?
Mit der Beantwortung solcher Fragen übernehmen Ärzte und Ärztinnen eine erhebliche Verantwortung. Das setzt Zeit, Erfahrung und ein vertrauensvolles Verhältnis zum Patienten voraus. Darüber hinaus bedeutet die Verordnung von Cannabisprodukten an gesetzlich versicherte Patienten einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand für Ärzte. Der zusätzliche Zeitaufwand wird auf gut 45 Minuten geschätzt.
Begründeter Antrag
Vor der Verordnung muss ein begründeter Antrag an die Krankenkasse gestellt werden. In diesem muss die Form, die Dosis und die Art der Einnahme beschrieben und begründet werden. Der gescheiterte Versuch mit alternativen Therapien muss dokumentiert werden und mindestens ein Beispiel einer im speziellen Fall erfolgreichen Therapie mit Cannabinoiden aufgeführt sein. Wird die Übernahme der Kosten für die Therapie genehmigt, hat der Arzt eine besonders ausführliche Pflicht zur Aufklärung seiner Patienten. Für den Fall, dass die Produkte einen Schaden beim Patienten verursachen, stehen nämlich Ärzte dafür in der Haftung.Während der Therapie sind Ärzte und Ärztinnen dann verpflichtet, Daten über die Behandlung zu erheben, die als Forschungsmaterial zur Verfügung gestellt werden müssen.
Kosten für Privatrezept
Die Ausstellung eines Privatrezeptes, mit dem sich Patienten Cannabis in der Apotheke kaufen können, ist einfacher. Die Kosten für medizinische Cannabisprodukte können - je nach Produkt und Dosierung - allerdings einen drei- bis vierstelligen Betrag pro Monat ergeben.
Zahlen und Erkenntnisse
Verbesserte Möglichkeiten haben jedenfalls zu einer erhöhten Verschreibungsmenge geführt: Nach Daten der Bundesdrucksache 19/18292 ist die Einfuhr von Medizinalcannabis stark steigend. Das Fertigarzneimittel Sativex ist von ca 160.000 Stück im Jahr 2017 auf über 280.000 Stück im Jahr 2019 angestiegen. Auch die Menge von importierten Cannabisblüten ist von 2017 bis 2019 von 1.130 auf über 6.700 kg angestiegen. Die häufigsten Anwendungsgebiete waren dabei Schmerz mit 72% vor Spastik (11%), Anorexie/Gewichtsverlust (7%) und Übelkeit (4%). Schlechter belegte Anwendungsgebiete machen also nur einen kleinen Teil der Verordnungen aus. 36% der Patienten beendeten die Therapie vor Ablauf eines Jahres.