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Goethe-Institute in der Türkei Ungewisse Zukunft

Viele Intellektuelle, Lehrer und mittlerweile auch Unternehmer in der Türkei haben nach der massiven Verhaftungswelle Angst. Auch das deutsche Goethe Institut in Ankara muss sich überlegen, wie es jetzt weitergeht.

Stand: 07.08.2016

Goethe-Institut Logo | Bild: picture-alliance/dpa

Das Goethe Institut macht sich Sorgen.Vor allem um die Lage der Intellektuellen und Wissenschaftler in der Türkei. Erst kürzlich wurden zwei türkische Stipendiaten eines Jugendprogramms des Goethe Instituts in Deutschland an der Passkontrolle zurückgewiesen. Eine Trainerin aus der Türkei musste ein Seminar in Deutschland absagen. Und ein Residenzprogramm für türkische Fotografen in Bremen wurde abgebrochen, weil Teilnehmer mit akademischer Ausbildung in die Türkei zurück beordert wurden. Die restriktiven Maßnahmen gegen Intellektuelle in der Türkei haben auch deutsche Bildungsangebote erreicht. Auch wenn es sich bislang nur um Einzelfälle handelt, fragen sich Mitarbeiter deutscher Kulturinstitutionen in der Türkei, wie es in Zukunft mit ihrer Arbeit dort weitergehen wird. So auch das Goethe-Instituts in Ankara. Seit fast 60 Jahren pflegt es den deutsch türkischen Austausch.

Abgesagte Projekte

Raimund Wördemann, Leiter des Goethe Instituts in Ankara

Die Befürchtung, dass deutsche Stipendiaten für Residenz Programme in  Ankara, Istanbul oder Izmir aus Gründen der eigenen Sicherheit nicht mehr in die Türkei reisen wollen, hat sich nicht bestätigt. Und auch die meisten türkischen Studenten, die an einem Jugend-Programm in Deutschland teilnehmen, konnten bislang problemlos ausreisen, sagt Raimund Wördemann, Leiter des Goethe Instituts in Ankara. Dennoch hat auch das Goethe-Institut in Ankara einige spezielle Programme vorsichtshalber abgesagt.

"Das war zum Beispiel unmittelbar am Sonntag nach dem Putsch, dass wir loslegen wollten mit zwei deutsch-türkischen Schulsommercamps und dann von uns aus gesagt haben: Das können wir jetzt aus sicherheitstechnischen Gründen nicht machen, das sind über 140 14 bis 17-jährige Jugendliche. Die da jetzt im Camp auf lustig machen zu lassen, das wollen und können wir nicht verantworten."

Raimund Wördemann, Leiter des Goethe Instituts in Ankara

Ein offener Ort für Alle

Jugendliche im Goethe-Institut Ankara

Zurückgefahren hat das Goethe Institut derzeit auch seine Aktivitäten in Nordost- und Südostanatolien. Zu gefährlich sei die Lage derzeit, sagt Raimund Wördemann. Am Goethe Institut in Ankara jedoch gehe der Tagesbetrieb mit Sprachkursen, kulturellen Veranstaltungen und Bibliothek ganz normal weiter. Nach wie vor sei das Goethe-Institut im Herzen der Stadt ein offener Ort für alle und solle es auch bleiben.

"Es ist wichtig, dass wir da sind, dass wir Flächen, dass wir Räume bieten in denen die Menschen frei denken können und dann auch frei sprechen können."

Raimund Wördemann, Leiter des Goethe Instituts in Ankara

Doch wie offen kann ein Haus sein, in einer derart angespannten Lage? Nicht nur die Nachwirkungen des Putsches sind zu spüren,  auch die Angst vor Terroranschlägen ist ständig präsent, sagt Raimund Wördemann.

"Schon seit den schlimmen Anschlägen im März, die knapp 200 Meter vom Institutshaupteingang entfernt waren, haben wir diesen vorübergehend geschlossen und den Seiteneingang reaktiviert, zusätzliche Sicherheitskräfte angefordert und auch von der Stadt Ankara bekommen."

Raimund Wördemann, Leiter des Goethe Instituts in Ankara

Wie das  Programm des Goethe Institut für die nächsten Wochen und Monate aussehen wird, ist derzeit noch nicht  klar. Der Auftritt des Instituts nach außen als Repräsentant der Bundesrepublik Deutschland in der Türkei muss wohl überlegt sein. Zu frisch sind noch Ereignisse, wie die Böhmermann Affäre, die Armenien-Resolution oder das Verbot der Erdogan-Videoschalte in Köln.

"Wir müssen sehr respektvoll mit der Gesamtsituation umgehen und respektvoll heißt: nicht unbedingt ängstlich, sondern einfach nur aufmerksam. Es liegen so viele verschiedene Nerven bloß, dass ich immer nur wieder sagen kann, lasst uns doch jetzt bitte nicht zusätzlich provozieren, denn es gibt Gruppen in der Türkei, die wollen nicht weiter provoziert werden. Und da ist es wirklich unsere Aufgabe den Dialog so zu pflegen wie er Goethe-typisch ist , nämlich offen, aufmerksam, gesprächsbereit für alle die mit uns reden wollen."

Raimund Wördemann, Leiter des Goethe Instituts in Ankara


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