Film, Ausstellung und Musik Grenzenlose Vielfalt
"Madame Sidonie in Japan" von Élise Girard im Kino // "Betörend schön. Chinesische Hinterglasmalerei aus der Sammlung Mei Lin" im Münchner Museum Fünf Kontinente // Debütalbum "Grown Up" von Mina Richman //
Film "Madame Sidonie in Japan"
Schon bei ihrer Ankunft in Japan, das sie nur widerwillig besucht, wird die alternde Autorin Sidonie Perceval, gespielt von Isabel Huppert, mit der Frage konfrontiert, ob sie immer noch Schriftstellerin sei. Ihre Antwort: "Ja und nein". Sie besucht das Land, weil ihr erstes Buch neu aufgelegt wird, hat aber seit dem tragischen Tod ihres Mannes Antoine nichts mehr geschrieben. Das erste Treffen mit ihrem Verleger Kenzo, gespielt von Tsuyoshi Ihara, birgt für Sidonie nicht nur viel Raum für interkulturelle Missverständnisse, sondern auch die Möglichkeit einer neuen Liebe, die im Film leise vor sich hin knistert.
Kenzo zeigt ihr die ruhige, stark von der Natur geprägte Seite Japans, die voller buddhistischer Tempel und Shinto-Schreine ist. Dazwischen sorgen ulkige Szenen in denen sich Sidonie, zum Beispiel, mal gar nicht und mal viel zu tief verbeugt für unerwartet komische Momente. Und so könnte man den Film schon ganz gut zusammenfassen. Wäre da nicht noch der Geist ihres verstorbenen Mannes Antoine (August Diehl), der plötzlich wieder in ihr Leben tritt und die Handlung mit schwebenden Büchern und kleinen Streichen auflockert. Dieser Handlungsstrang passt gut in die Geschichte, weil Japan eben nicht nur ein Land der Höflichkeit, sondern auch ein Land der Geistergeschichten ist.
"Madame Sidonie in Japan" ist eine Art Ménage à Trois mit Gespenst, die mit viel Tiefsinn und Humor über Neuanfänge, das Älterwerden und den Sinn des Lebens erzählt. Und das, ganz ohne Grusel.
"Madame Sidonie in Japan" von Élise Girard ist am 10. Juli im Kino angelaufen.
"Betörend schön. Chinesische Hinterglasmalerei aus der Sammlung Mei Lin"
Schönheit liegt bekanntlich im Auge des Betrachters. Sie ist in jeder Kultur und Epoche unterschiedlich und folgt trotzdem immer ähnlichen Vorstellungen von Symmetrie und Ästhetik. Warum das so ist und warum Schönheit traditionell mit Weiblichkeit verbunden ist, damit beschäftigt sich aktuell die Ausstellung "Betörend schön. Chinesische Hinterglasmalerei aus der Sammlung Mei Lin" im Münchner Museum Fünf Kontinente.
"Zum einen möchten wir natürlich die Schönheit der chinesischen Hinterglasmalerei präsentieren und dafür sensibilisieren. Zum anderen möchten wir über Frauen, also über Schönheitsideale diskutieren. Das ist der erste Gedanke oder Frage, die sich stellt, wenn man die Frauen auf den Bildern sieht. E sind alles idealisierte Frauen, es sind keine eins-zu-eins-Porträts und da stellt sich eben die Frage: Was macht eine schöne Frau überhaupt aus, was ist Schönheit? Die Fragen versuchen wir in der Ausstellung auch in Teilen zu beantworten, beziehungsweise unseren Besuchern mit auf den Weg zu geben, wie sich auch Schönheitsideale über die Jahrhunderte verändert haben."
Uta Werlich, Museumsdirektorin
Zu sehen sind Porträts junger chinesischer Frauen aus dem 19. und 20. Jahrhundert, deren Schönheit in leuchtenden Farben auf den Rückseiten der Glasscheiben verewigt wurden, durch die sie den Betrachtenden anschauen. Wie durch ein Schaufenster. Diese einfache Technik, die im 18. Jahrhundert aus Europa nach China kam und in der Zeit des Kommunismus unterging, lässt die Schönheiten besonders strahlen. Fast wie Instagram-Filter. Farbenfrohe Hanfus, also traditionelle chinesische Kleidung aus Seide, goldene Haarnadeln, reich bestickte Schuhe und viele weitere Modeaccessoires, geben den Besuchern Aufschluss über Beauty-Trends früher chinesischer Epochen. So wurde z.B. im 10. Jahrhundert der zierliche Lotusfußhanfus, der nur durch festes Abbinden im Kindesalter erreicht werden konnte, zum absoluten "Must have." Der gefährliche Trend wurde sogar noch eine Weile nach seinem offiziellen Verbot 1911 weitergeführt. Seltsame und gefährliche Schönheitsideale gibt es auch heute noch. Muss wer schön sein will, wirklich leiden? Die Ausstellung "Betörend schön" lässt einen genau darüber nachdenken.
"Betörend schön. Chinesische Hinterglasmalerei aus der Sammlung Mei Lin“ ist bis zum 19. Januar 2025 im Museum Fünf Kontinente in München zu sehen.
"Grown Up" von Mina Richman
Sie ist ein absoluter Shooting Star der Alternative und Indie Rock-Szene. Die deutsch-iranische Singer-Songwriterin Mina Richman, mit bürgerlichem Namen Mina Schelpmeier, trägt gerne Anzüge und bezeichnet sich selbst als "ehrlich, queer und selbstbestimmt". Ihr Künstlername stammt aus einem bekannten Zitat von Musikikone Cher:
"Es gibt ein Interview von Cher. Sie erzählt darin, wie ihre Mutter sagt, willst du nicht mal einen reichen Mann heiraten und Kinder haben, und sie sagt dann 'Mom, I am a rich man' - Ich bin ein reicher Mann. Als ich das gesehen habe, dachte ich mir: Genau. Das willst du leben. Das willst du verkörpern. Anzug an. Mina Richman. Los geht’s."
Mina Richman
In ihren Liedern singt sie häufig übers Erwachsen werden, Feminismus, Liebe und ihre streitenden Eltern. Ihr iranischer Vater habe sie aus Versehen zur Feministin erzogen, sagt sie.
Die erste EP "Jaywalker", die sie vor zwei Jahren rausbrachte, brachte der gebürtigen Berlinerin gleich den popNRW-Preis ein. Richtig berühmt wird sie kurze Zeit später, als ihr Lied "Baba Said" während der iranischen Frau-Leben-Freiheit-Proteste viral geht. In "Baba Said" singt sie über Argumente für und gegen das Tragen eines Kopftuchs. Mittlerweile ist ihr Debütalbum "Grown up" erschienen. Zehn Titel voller Frauenpower, in denen es um den weiblichen Körper, Träume und alte Freundschaften geht.
"Grown Up" ist beim Label Ladies & Ladys erschienen.