BR24 - Das interkulturelle Magazin


7

Karrierenetzwerk für Frauen mit Migrationshintergrund SWANS

Brauchen gut ausgebildete Akademikerinnen in Deutschland Karriereförderung? Haben sie einen Migrationshintergrund, leider ja. Trotz Fachkräftemangel und Überalterung, manche Firmen leisten sich immer noch Vorurteile. Das Netzwerk SWANS kämpft für Jobgerechtigkeit.

Von: Johannes von Creytz

Stand: 31.05.2024

SWANS | Bild: SWANS

Eigentlich eine gute Meldung für deutsche Firmen, die nach Fachkräften suchen: Es gibt sie. Sehr gut ausgebildet, jung, fleißig, mehrsprachig, und was noch so alles dringend gesucht wird. Oder?

"Mich ärgert es wahnsinnig zu sehen, wie hart manche Leute arbeiten und wie wenig weit sie kommen."

Martha Dudzinski

Martha Dudzinski, Gründerin eines Karrierenetzwerks für Frauen mit Migrationshintergrund prangert damit nicht nur vergeudete Chancen an, sondern auch eine Form von Rassismus, die sich die deutsche Wirtschaft im Kampf um die besten Köpfe eigentlich nicht mehr leisten kann. Wirtschaftlich nicht und moralisch schon gar nicht.

"Ich glaube, dass fieseste ist, dass wir immer von Leistungsgesellschaft reden und predigen, sie aber null leben. Das wir ganz einfach statistisch zeigen können, es sind nicht die Besten, die ganz nach oben kommen, es sind nicht die Klügsten, es sind nicht die Motiviertesten, nicht die, die am härtesten arbeiten."

Martha Dudzinski

Kampf gegen Vorurteile als Frau und als Migrantin

Die jungen Akademikerinnen in Martha Dudzinskis Netzwerk SWANS, haben auf der Suche nach adäquaten Jobs, die Erfahrung gemacht, dass sie in Bewerbungsverfahren für hochqualifizierte Jobs nicht nur auf Vorurteile gegen Frauen stoßen, sondern auch gegen ihre Herkunft oder die Herkunft ihrer Familie. Im deutschen Arbeitsmarkt und Bildungssystem sind Kopftuch oder Hautfarbe manchmal eben doch noch wichtiger als ein Doktortitel, Masterabschluss oder andere hervorragende Leistungen. Eine Erfahrung, die SWANS-Mitglied Melanie Bayo sogar schon im Studium gemacht hat.

"Wenn es dann darum ging, dass man Vorträge an der Uni hält, hatte ich ein paar Situationen, wo ich gemerkt habe: wird das, was ich sage, jetzt so richtig als vollwertig betrachtet? Oft so Gefühle, wo ich dachte: das wird zwar gehört, aber weg ignoriert."

Melanie Bayo

Melanie Mayo schaffte beim Abi einen Einser-Schnitt, entschied sich für das Studium der Umweltwissenschaften und bekam einen der begehrten Studienplätze. Hautfarbe und nigerianische Wurzeln schienen ihr an der Uni aber immer ein Malus zu sein.

Ausgrenzung bremst ganze Lebenswege aus

"Tatsächlich, glaube ich, weil ich schwarz bin, ich sehe anders aus, ich gehöre nicht zu dem, was sie klassischerweise kennen. So bisschen auch das hochnäsige: die kanns gar nicht wissen, egal was die weiß."

Melanie Bayo

Melanie Bayo | Bild: Melanie Bayo

Erfahrungen, die nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern damit auch ganze Lebenswege beschädigen können. Für Melanie Bayo ein Problem in ihrer Heimat Deutschland, denn als sie für das Masterstudium nach Schottland geht, macht sie ganz andere Erfahrungen.

"Ich kam einfach aus Deutschland, da hat mich niemand gefragt: woher kommst du denn wirklich? Du kannst doch keine deutsche Deutsche sein. Ich hatte da wirklich eine gute, schöne, entspannte Studienzeit."

Melanie Bayo

Zurück in Deutschland wurde sie von einer Freundin auf SWANS aufmerksam gemacht.

Karrierenetzwerk für Frauen mit Migrationshintergrund SWANS

Bei SWANS finden Akademikerinnen, deren familiäre Wurzeln außerhalb Deutschlands liegen, spezielle Seminare, Coaching, Foren und vieles mehr. Im Programm, unter Anderem: Erfolgreich promivieren, Ran an die Stipendien, Kommunizieren in Kanzleien, Krafttanken für muslimische Akademikerinnen oder mehr Fatmas in Führungsetagen. SWANS erhält dabei Unterstützung von internationalen Unternehmen und Kanzleien, die schon lange erkannt haben, dass eine globalisierte Wirtschaft nicht ohne Diversität unter den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen funktionieren kann. Namhafte Unternehmen wie die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft McKinsey finden sich genauso unter den Partnern wie die Kanzlei Skadden, der IT-Dienstleister SAP, der Baustoffhersteller James Hardie und viele mehr.

Aus 1000 Mitgliedern besteht das von Martha Dudzinski 2017 gegründete Netzwerk SWANS mittlerweile und jährlich kommen etwa 200 neue dazu. Martha Dudzinskis Familie ist aus Polen eingewandert. Ihr, der blonden, jungen Frau sieht man zwar nicht an, dass sie eine Migrationsgeschichte mitbringt. Die Erfahrung anders zu sein hat sie trotzdem machen müssen und das hat sie sensibilisiert.

Sie studierte Politik, begann ihre berufliche Karriere im Bundespresseamt, wechselte später, als Pressesprecherin zu Mercedes bis sie beschloss, sich der Ausgrenzung von hervorragend ausgebildeten und talentierten Frauen entgegenzustellen. Erst nebenberuflich, indem sie ein dreitägiges Seminar organisiert mit dem Titel: "Berufseinstieg für Frauen mit Zuwanderungsgeschichte". Sie war damals selbst überrascht, wie groß der Bedarf dafür war.

"Da kamen Frauen aus ganz Deutschland, ohne zu wissen, ist das legitim, ist das echt, und haben dann in diesem Seminar festgestellt, diesen Raum brauchen wir öfter, das möchte ich öfter machen."

Martha Dudzinski

Martha Dudzinski gründet SWANS. Dank des enormen Bedarfes und der Förderung durch den Bund, war sie schon nach drei Jahren in der Lage, dass sie ihre eigentliche Arbeitsstelle als Pressesprecherin bei Mercedes aufgeben konnte, um seit 2021 ihre volle Energie dem Netzwerk zu widmen.

Melanie Bayo hat, dank Coaching und Unterstützung des Netzwerks, mittlerweile eine Position in der Koordinierungsstelle für Klimaschutz einer Stadt in Nordrheinwestfalen gefunden. Fest im Berufsleben angekommen, bleibt sie dem Netzwerk aber weiter treu und unterstützt jetzt andere Frauen.


7