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Vertiefende Informationen Wichtige Fakten zu "Nachrichtenfaktoren - Warum wir sehen, was wir sehen"

Was macht eine Nachricht eigentlich zur Nachricht? Und kann eine Meldung auch kurzfristig wieder aus der Sendung fallen? Die wichtigsten Fakten in einem kompakten Überblick.

Stand: 21.11.2017

So geht Medien - Nachrichtenfaktoren | Bild: BR

Eine Nachricht sollte immer aktuell sein. Liegt ein Ereignis schon tagelang zurück, dann ist es eher unwahrscheinlich, dass es zur Nachricht wird. Ausnahmen bestätigen aber die Regel. Denn oft erfährt man erst nach ein paar Tagen, dass zum Beispiel eine berühmte Schauspielerin gestorben ist.

Nachrichten haben auch einen Informationswert und liefern dem Zuschauer Orientierung. Er erfährt, dass es neue Gesetze gibt und wie sich diese auf sein Leben auswirken. Beispielsweise, dass auch Homosexuelle heiraten dürfen oder die Regierung über ein Wahlrecht ab 16 debattiert.

Hin und wieder gibt es auch Nachrichten, die einfach nur Gesprächs- und Unterhaltungswert haben. Also wenn zwei Adelige heiraten oder im Zoo die Eisbären Nachwuchs bekommen. Solche Themen finden sich meist erst am Ende der Sendung. Sie sollen das Publikum nach Berichten über Armut oder Krieg mit einem guten Gefühl in den Abend verabschieden.  

Es gibt eine Reihe von Kriterien, die es wahrscheinlich machen, dass eine Meldung zur Nachricht wird. Dazu zählen:

  • Nähe: Was in Deutschland passiert, ist für die Menschen hierzulande meist wichtiger als das, was zum Beispiel in Nicaragua passiert. Weil es direkten Einfluss auf ihr Leben hat.
  • Dranbleiben: Ein Thema, über das schon einmal berichtet wurde, schafft es leichter noch mal in die Nachrichten. Weil die Menschen wissen wollen, wie die Sache weitergeht.
  • Ungewöhnlich: Ein Sache, die es bislang so noch nicht gegeben hat. Zum Beispiel als der Österreicher Felix Baumgartner mit einem Heliumballon in die Stratosphäre aufstieg. Um dann, aus 39 Kilometern Höhe, mit einem Fallschirm zurück auf die Erde zu springen.
  • Eindeutig: Es geht nicht mehr nur um ein Gerücht. Ein Fußballverein hat beispielsweise offiziell bestätigt, dass er einen neuen Trainer holt.
  • Bedeutsam: Ein Gesetz wird eingeführt, das viele Menschen betrifft und ihr Leben spürbar verändert, wie zum Beispiel der Mindestlohn.
  • Überraschend: Es passiert etwas, womit niemand gerechnet hatte. Wenn beispielsweise eine Firma, die immer Gewinne gemacht hat, plötzlich einen riesigen Verlust einfährt und vielleicht sogar von der Schließung bedroht ist.
  • Erwartbar: Auch wenn ein Ereignis schon länger bekannt ist, zum Beispiel dass Roaming-Gebühren für Handys innerhalb der EU abgeschafft werden, wird trotzdem darüber berichtet. Weil es viele Menschen betrifft und eventuell auch viele sich diese Neuerung gewünscht haben.
  • Abwechslungsreich: In einer Nachrichtensendung gibt es schon zwei Meldungen zum Thema Auto. Eine dritte, die es vielleicht sonst in die Sendung geschafft hätte, fällt raus, um den Zuschauer nicht zu langweilen.
  • Wichtige Staaten: Was die USA oder China machen, ist wichtig. Weil viele Menschen dort leben und die Länder mächtig sind –wirtschaftlich und militärisch.
  • Wichtige Personen: Was der Ministerpräsident eines Bundeslandes zu sagen hat, ist im Normalfall wichtiger als die Aussage eines Bürgermeister einer Kleinstadt. Einfach deshalb, weil er mehr Macht hat und mehr politisch gestalten kann.
  • Menschlich: Arbeitnehmer kämpfen gegen den Stellenabbau in ihrem Unternehmen. Das berührt das Publikum emotional. Denn es weiß, dass den Betroffenen ihr Job wichtig ist und sie Geld zum Leben verdienen müssen.
  • Dramatisch: Dieses Kriterium trifft meist auf Katastrophen wie Orkane oder schwere Unfälle zu, bei denen viele Menschen verletzt werden oder ums Leben kommen.

Ja, denn die Nachrichtenlage kann sich manchmal im Minutentakt ändern. Wenn zum Beispiel ein wichtiger Politiker unerwartet sein Amt aufgibt, wird dieses Thema plötzlich ganz nach oben rücken. Für ein anderes Thema, das bis dahin in der Sendung war, ist dann eben kein Platz mehr.

Eine Meldung kann sich aber auch als Luftnummer herausstellen. Nehmen wir an, ein Unternehmen kündigt eine wichtige Pressekonferenz an. Die Nachrichtenredaktion vermutet, dass der Konzern über seine zukünftige Strategie oder einen großen Stellenabbau berichten wird. In Wirklichkeit stellt die Firma dann aber nur ein Produkt vor, das nicht wirklich neu ist. Dann fällt dieses Thema mit großer Wahrscheinlichkeit wieder aus der Sendung heraus, denn das Kriterium „bedeutsam“ ist weggefallen.

Das hängt meist mit der Anzahl der Nachrichtenkriterien zusammen. Je mehr Kriterien eine Meldung erfüllt, desto eher landet sie in aller Regel zu Beginn der Sendung. Nehmen wir zum Beispiel einen schweren Sturm in Deutschland. Hier treffen auf jeden Fall die Kriterien „dramatisch“ und „menschlich“ zu, weil vielleicht Menschen verletzt oder ihre Häuser schwer beschädigt wurden. Das Kriterium „Nähe“ spielt auch eine Rolle, weil sich der Sturm ja in Deutschland ereignet hat. „Bedeutsam“ ist die Meldung, weil wichtige Bahnstrecken tagelang blockiert sind und Züge ausfallen.

Die Nachrichtenkriterien spielen bei der Auswahl der Meldungen meist die entscheidende Rolle. Dies zeigt sich daran, dass bei einem Vergleich der von „Tagesschau“ und „heute“ die jeweils ausgewählten Themen zu 70 bis 80 Prozent übereinstimmen. Aber auch der Mensch hat Einfluss. So entscheidet sich eine Nachrichtenredaktion auch am vierten Tag noch einmal über ein Erdbeben zu berichten. Die andere Nachrichtenredaktion denkt, der Zuschauer hat langsam genug davon gesehen und entscheidet sich für ein anderes Thema, das sie ebenfalls spannend findet.

Vertiefende Informationen: Nachrichtenfaktoren Format: PDF Größe: 217,41 KB


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