Demenz-Risiko US-Expertin fordert Kopfballverbot im Fußball
CTE ist eine Demenz-Form bei Sportlern. Betroffen sind viele Footballspieler - aber auch Fußballer. Nun fordert eine US-Pathologin die Krankheit ernst zu nehmen und auf Kopfbälle zu verzichten.
Der Druck auf den Deutschen Fußball-Bund (DFB) beim Umgang mit Kopfbällen wächst. Weil Kopfbälle schädlich fürs Gehirn sein können, sprechen sich Experten für eine Reduzierung des Kopfballtrainings und ein Verbot bei Kindern aus, wie es in den USA und England schon besteht. Die renommierte Forscherin Ann McKee von der Boston University sagt im BR-Politikmagazin "Kontrovers" (Mi., 13.10., ab 21.15 Uhr): "Wir wissen, dass von den Kopfbällen viele Risiken ausgehen." McKee gilt weltweit als die Expertin bei der Erforschung der neuartigen Demenz CTE (chronisch traumatische Enzephalopathie). Die Krankheit wird durch ständige Schläge und Stöße auf den Kopf ausgelöst. Der Grund dafür ist, dass dabei Nerven im Gehirn beschädigt werden können und Tau-Proteine freigesetzt werden. Diese Tau-Proteine häufen sich dann an und behindern am Ende die Funktion des Gehirns.
Neuropathologin fordert Konsequenzen
Die Neuropathologin McKee hat CTE nach eigenen Angaben schon bei hunderten ehemaligen American Football-Spielern nachgewiesen. Auch der ehemals beste deutsche Quarterback Erich Grau aus Ansbach ist nach Einschätzung seiner Ärzte wohl betroffen. Das Tückische: Die Krankheit kann bislang nur durch eine Obduktion des Gehirns zweifelsfrei nachgewiesen werden. Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk bestätigt sie auch CTE-Fälle im Fußball, und fordert Konsequenzen:
"Wir können im Fußball was ändern. Wir können Kopfbälle verbieten. Wir können intelligenter spielen. Wir können die Regeln so ändern, dass das Problem der Kopfstöße im Fußball kleiner wird. Und zwar sofort, um diese Spieler zu schützen. Wie viele Spieler müssen noch an dieser Krankheit sterben, bis die Leute es endlich ernst nehmen?"
- Forscherin Ann McKee
Gerd Müller - ein CTE-Fall?
Eindeutig diagnostiziert wurde CTE bei dem brasilianischen Nationalspieler Hilderaldo Bellini. Bei mehreren Demenz erkrankten Fußballern liegt zumindest der Verdacht nahe. Möglicherweise war auch der deutsche Jahrhundert-Stürmer Gerd Müller ein CTE-Fall. Allerdings kann darüber, solange keine Hirnobduktion Belege bringt, nur spekuliert werden. Fest steht: Nach einer Studie der University of Glasgow hätten Fußballspieler ein vierfach höheres Risiko, an Demenz zu erkranken.
Verbot von Kopfbällen im Fußball? Eine Debatte, die in England beispielsweise schon stark geführt wird. In Deutschland dagegen noch wenig. Auch der Mannschaftsarzt von Fußball-Zweitligist SSV Jahn Regensburg, Andreas Harlass-Neuking, spricht sich für ein Kopfball-Verbot für Kinder bis 10 Jahren aus. Weil man ja wisse, dass in jungen Jahren "diese harten Schläge gegen den Kopf, vielleicht sogar noch für Folgen in späteren Jahren da ganz entscheidend sind", sagt Harlass-Neuking im Interview mit dem BR.
DFB gegen Kopfball-Verbot
Der DFB ist gegen ein Kopfball-Verbot - bei den Erwachsenen aber auch für Kinder und Jugendliche. Stattdessen gibt es Empfehlungen. So soll die Anzahl der Kopfbälle im Training begrenzt werden. Die Bälle sollen beim Kopfball-Training weniger hart aufgepumpt sein. Und für einen zusätzlichen Schutz empfiehlt der DFB eine Kräftigung der Schulter-Hals-Muskulatur bei den Spielern.
Für den DFB ist die Datenlage noch nicht ausreichend. Claus Reinsberger, der zuständige Experte in der medizinischen Kommission des DFB sagt: "Wenn man sich jetzt die Frage stellt, sind denn dauerhafte Kopfbälle für das Gehirn schädlich, und wie schädlich sind sie, sind wir leider noch nicht so weit, wie wir es gerne hätten. Das heißt, da sind schon noch wissenschaftlich offene Fragen." Derzeit laufen zu dem Thema in Deutschland verschiedene Studien, die in den kommenden Monaten weitere Erkenntnisse liefern sollen.