Europa-Reportage Raus aus der EU? - Briten vor der Wahl

Bis jetzt gibt es nichts Vergleichbares und keine Blaupause für den Fall X: Was passiert, wenn sich die Briten am 23. Juni für den „Brexit“ entscheiden? Der Donnerstag im Frühsommer, an dem die Briten darüber abstimmen können, ob sie in der EU bleiben wollen oder nicht, wird nicht nur für die Insulaner, sondern auch für Kontinentaleuropa weitreichende Folgen haben.

Wir treffen in unserer Europa-Reportage die gut organisierten und laut auftretenden Brexit-Befürworter mit ihrer Kampagne "Vote Leave" in der englischen Provinz in den East Midlands und im Norden Englands, in York, wenn sie Plakate kleben, Social Media-Kampagnen entwerfen, auf Facebook und Twitter posten, mit Bürgern auf der Straße diskutieren und unermüdlich ihre Argumente für ihr Motto "Better out" predigen. Noch scheinen die Brexit-Befürworter nicht nur leidenschaftlicher aufzutreten, sondern auch die Nase vorn zu haben.

Aber auch die "Vote Remain"-Anhänger, die für einen Verbleib in der EU kämpfen, gehen in den Endspurt: Tobias Schneidler, geborener Münchner, ist einer der vielen freiwilligen Helfer, die neben vielen persönlichen Gesprächen in ihrer Freizeit Informationsstände an belebten Straßen aufstellen und damit Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit leisten. Die Reportage begleitet ihn bei seiner Kampagnenarbeit genauso wie in seinem Unternehmen. Für ihn als überzeugten Europäer hätte der Brexit nicht nur private Nachteile, sondern auch unternehmerische. Mit deutschem Pass seit 25 Jahren in Großbritannien zuhause, hält er den Brexit für ein Desaster.

Vor allem in London sitzen viele der Bremain-Aktivisten. Für die Wirtschaft sind die Folgen des Austritts wohl am größten. Horden von Bankern und Hunderte von Mitarbeitern bei den EU-Institutionen müssten um ihren Job bangen. Während das Establishment, vor allem aus Londons Finanzzentrum, hinter den Kulissen viel Überzeugungsarbeit leistet, sich nicht in die Karten schauen lässt und weniger in der Öffentlichkeit auftritt, gehen überzeugte EU-Anhänger aus Londons Universitäten beim Russell Square auf die Straße und halten die europäische Fahne hoch. Die studentischen EU-Befürworter sind engagiert. Und auch die Wirtschaft wirbt mit negativen Austrittsszenarien für einen Verbleib in der Europäischen Union.

Dass es den Briten besser "ohne" geht, ist dagegen das Motto der EU-Gegner. Gegen den Bürokratismus der EU, deren hohe Kosten oder die Einwanderungspolitik ziehen die "Vote Leave"-Vertreter mit prominenten Gesichter wie dem Ex-Bürgermeister Londons Boris Johnson oder dem UKIP-Chef Nigel Farage zu Felde.

Die Europa-Reportage zeigt, wie die Briten wirklich denken: Studenten, Ältere, Einheimische und Zuwanderer äußern sich über ihre Motive. Die Reporterin hat nachgefragt in der Metropole London, auf dem Land, in Pubs und Wettbüros während der Countdown läuft.

Autor/Autorin: Birgit Muth
Redaktion: Brigitte Abold