Hunderasse Bernhardiner - die verschmähten Riesen?
Auf dem Großen Sankt Bernhard leisteten sie den Augustinermönchen über Jahrhunderte gute Dienste als Begleit- und Suchhunde. Auch bei uns wurden Bernhardiner gerne als Hofhunde gehalten. Doch heutzutage wird es immer ruhiger um die Rasse...
Ob es in dem Hospiz auf dem Großen Sankt Gotthard in der Schweiz, das 1050 n. Chr. gegründet wurde, immer schon Hunde gegeben hat, weiß keiner genau, ab dem Ende des 17. Jahrhunderts sind sie aber sehr wahrscheinlich. Die Augustiner-Chorherren holten sich die Hunde aus der Umgebung, denn selbst konnten sie damals keine durchgängige Zucht auf der rauhen Passhöhe garantieren. Und wie das eben so ist, wenn man Hunde von verschiedenen Höfen einsammelt: Die Tiere hatten damals noch nicht viel Ähnlichkeit miteinander und noch viel weniger mit den Rasse-Bernhardinern, wie wir sie heute kennen. Erst im 19. Jahrhundert stabilisierte sich ihr Exterieur, allerdings waren die Tiere noch deutlich leichter und kleiner als heutzutage.
Mit dem Schnapsfass auf Verschüttetensuche?
Nicht ohne Grund gründeten die Augustinermönche ihr Hospiz auf dem Großen-Sankt-Bernhard-Pass, war er doch damals ein beliebter Handels- und Pilgerweg. Und das blieb er auch noch Jahrhunderte später. Und da der Klimawandel noch nicht eingesetzt hatte und die Passhöhe auf fast 2500 Metern liegt, gab es dort oben viele Monate im Jahr jede Menge Schnee - und damit auch viele Lawinen. Da lag es nahe, die Hunde zu Lawinensuchhunden auszubilden, um verirrten Pilgern aus der Patsche helfen zu können. Als berühmtester Lawinensuchhund gilt bis heute der legendäre Barry, der zwischen 1800 und 1812 auf dem Großen Sankt Bernhard Dienst schob und der Legende nach 40 Menschen das Leben gerettet haben soll. Noch heute sind Lawinenverschüttetensuchgeräte als Barryvox nach ihm benannt. Als der Hund 1814 in Bern an Altersschwäche starb, wurden seine felligen Überreste ausgestopft. Noch heute ist er am Eingang des Naturhistorischen Museums der Burgergemeinde Bern zu bewundern. Übrigens auch hier mit einem Schnapsfässchen um den Hals, angeblich, um den Lawinenopfern einen Schluck daraus zum Aufwärmen zu geben. Doch ob die Lawinensuchhunde bei ihrer Arbeit je solch ein Fässchen trugen, ist mehr als fraglich ...
Bernhardiner heute
Der Bernhardiner war Anfang des 20. Jahrhunderts noch wesentlich leichter und kleiner als heute, was man auch an Barry deutlich erkennen kann. Heute sollen Rüden bis zu 90 Zentimeter Widerristhöhe vorweisen und dürfen bis zu 85 Kilogramm wiegen! Die Tiere sind mittlerweile so massiv, dass sie als Rettungshunde seit Jahrzehnten ungeeignet sind. Selbst als Gebrauchshund kommen sie kaum mehr in Frage. Immer größer, schwerer, impossanter - und womöglich kranker! So mancher Wissenschaftler befürchtet bereits Anzeichen von Qualzucht in einigen Bernhardiner-Linien. Hautkrankheiten, Augenprobleme, Magendrehungen und Hüftgelenksdysplasie treten bei dieser Rasse relativ häufig auf. Auch Knochenkrebs kann beim Bernhardiner - wie bei allen sehr großwüchsigen Hunderassen - vorkommen. Man sollte sie keine Treppen steigen lassen, da die Belastung der Bänder angesichts der großen Proportionen enorm sein kann. Für eine Mietwohnung sind die sanften Riesen ohnehin nicht geeignet.
Der Bernhardiner ist ein sensibler, ausgeglichener und gutmütiger Hund, der sein Revier jedoch zu verteidigen weiß. Seine Lebenserwartung beträgt 6 bis 10 Jahre.