Speiseeis Zum Dahinschmelzen!
Als die italienischen Gastarbeiter in Scharen nach Deutschland kamen, hatten sie nicht nur leckere Rezepte für Pasta und Pizza im Gepäck, sondern auch für unwiderstehliche Eiscremevariationen! Italienische Eisdielen schossen wie die Pilze aus dem Boden und der frostige Genuss war für jedermann zu haben. Was für eine geniale Erfindung! Aber die Italiener haben sie wohl doch nicht gemacht ...
Glace-Geschichte
Antike Schwerstarbeit
Wer hat's erfunden? So ganz sicher ist das bis heute nicht, aber vermutlich kannte bereits die Oberschicht im antiken China 3000 v. Chr. die eisige Versuchung. Die Herrscher haben extra für die kühle Leckerei, die sie aus Schnee, Zimt, Honig, Fruchtmark und Milch herstellen ließen, große Eislager anlegen lassen. Und auch im antiken Europa schwärmten die Schönen und die Reichen für die Schleckerei: Alexander der Große war ein glühender Fan und der berühmte Arzt Hippokrates von Kos verschrieb die Köstlichkeit bereits um 400 v. Chr. seinen Patienten als Schmerzmittel.
Freilich war die Beschaffung des Grundrohstoffs damals mehr als beschwerlich. Kaiser Nero (37 – 68 n. Chr.) war so versessen auf das Gemisch aus Eis, Früchten und Gewürzen, dass er sich Eis und Schnee von Staffelläufern aus dem Apennin heranschaffen ließ. Der indische Kaiser Ashoka schickte seine Mannen aus dem gleichen Grund in den Himalaya.
Eisfreies Europa
Mit dem Untergang des Römischen Reiches ging das Wissen über die Zubereitung eisgekühlter Speisen und Getränke bei uns verloren. Erst die Kreuzfahrer brachten das Rezept für "Scherbet", ursprünglich eine Mischung aus Fruchtsirup und Schnee, wieder nach Europa. Die Zubereitung derart gekühlter Getränke soll im arabischen Raum von China übernommen worden sein. Dort war im 11. Jahrhundert die Verwendung von Eis in den Haushalten der Oberschicht weit verbreitet. Straßenverkäufer boten es im Sommer in Stangenform oder als "Schnee" an.
Düsentriebs der Neuzeit
1530 gelang einem Zuckerbäcker aus dem sizilianischen Catania eine bahnbrechende Erfindung, die auch die Speiseeis-Produktion revolutionierte: Mit Hilfe von Salpeter gelang ihm erstmals die Erzeugung von künstlicher Kälte. Damit wurde Speiseeis bei Hofe noch beliebter. Als Katharina von Medici 1533 nach Frankreich heiratete, wurde ihr das Privileg gewährt, als Mitgift Speiseeisrezepte und einen Gelatiere, einen italienischen Eismacher, mitzunehmen. Damit hielt der eiskalte Genuss auch in den Speisesalons der französischen Oberschicht Einzug.
Das gemeine Volk musste allerdings noch lange darauf verzichten: Erst im 18. Jahrhundert eröffneten die ersten Eiscafes in den europäischen Metropolen. Die wohl erste deutsche Eisdiele eröffnete 1799 in Hamburg - neun Jahre, nachdem in den USA die erste Speiseeismaschine erfunden wurde.
Rund 80 Jahre später erleichterte eine weitere Erfindung die Eisproduktion immens: die Kältemaschine von Karl von Linde 1876. Etwa um diese Zeit entstanden auch die ersten Eisrezepte, wie wir sie heute noch kennen. Allerdings kommen mittlerweile alljährlich zig neue Sorten dazu - die manchmal aber auch schnell wieder verschwinden ;-)
Eis am Stiel
Das erste Steckerleis wurde 1923 vom einem US-amerikanischen Limonadenhersteller patentiert. Nach eigenen Angaben erfand er es aber bereits zufällig im Jahr 1905, als er ein Glas Limonade mit Löffel versehentlich im Freien stehen ließ und die Limonade über Nacht zu Wassereis gefror. Auch das erste Milcheis am Stiel wurde 1923 in Amerika zum Patent angemeldet. Es handelte sich um ein Vanilleeis mit Schokoladenüberzug - noch heute ein absoluter Renner in den Supermärkten weltweit.
Hygiene, Hygiene, Hygiene
Bei der Speiseeis-Herstellung werden Milch, Sahne, weitere Molkereiprodukte, Zucker und andere Zutaten je nach Sorte vermischt. Erst nach mehreren Arbeitsschritten wird die Mischung gefroren. Und während der gesamten Herstellung ist immer absolute Sauberkeit geboten, da viele Zutaten besonders anfällig für Keime sind. Zwar können sich Bakterien im gefrorenen Eis nicht vermehren, werden durch die Minustemperaturen aber auch nicht abgetötet. Und hat das Eis erst einmal den Mund oder den Magen erreicht, können sich die Bakterien wieder zu Hunderttausenden teilen. Deshalb ist es auch absolut tabu, einmal aufgetautes Eis wieder einzufrieren.
Bei Softeis kommt erschwerend hinzu, dass durch die eingeblasene Luft Krankheitskeime in das Eis gelangen können. Um das zu verhindern, müssen die Maschinen sehr gründlich gesäubert werden, da sonst Salmonellengefahr besteht. In der Speiseeisverordnung sind genaue Vorschriften zur Hygiene festgehalten: Hier wird beispielsweise geregelt, wie Eismaschinen gereinigt, desinfiziert und keimfrei gehalten werden. Neben Höchstzahlen für Keime und Coli-Bakterien bestimmt das Gesetz außerdem sieben Eisarten, unter anderem Cremeeis, Fruchteis, Rahmeis und Milchspeiseeis. Und deren Bestandteile sind exakt festgelegt:
Die Eis-Arten im Überblick
Wassereis
Das ist das "billigste" Eis: Die Grundlage ist Wasser, dazu kommen maximal 3% Fett und mindestens 12% Geschmack, d.h. süßende und/oder geschmacksgebende Trockenmasse.
Fruchteis
Auf Wassereisbasis kommen hier mindestens 20% Früchte hinzu - bei sauren Fruchtsorten (Zitrusfrüchte, Johannisberen, Maracuja etc.) mindestens 10%.
Sorbet
Das Sorbet ist im Prinzip ein Fruchteis mit erhöhtem Fruchtanteil: Mindestes 25% Früchte müssen hier rein - bei sauren Früchtchen reichen 15%.
Fruchteiscreme
Eiscreme
Rahmeis / Sahneeis
Rahmeis bzw. Sahneeis darf sich nur nennen, was mindestens 18% Milchfett enthält.
Milchspeiseeis
Mindestens 70% Milch muss das fertige Eis aufweisen. Es darf jedoch auch fermentierte Milch zum Einsatz kommen, beim "Joghurteis" zum Beispiel.
Cremeeis
Hohe Kunst mit kleinen Tricks
Etwa 500 Millionen Liter Eiscreme vertilgen die Deutschen Jahr für Jahr. Der Großteil davon ist industriell hergestellt. Das ist kein Wunder, denn um ein perfektes Eis herzustellen, müssen viele kleine Komponenten zusammenpassen - und die sind bei jeder Sorte ein bisschen anders. Neben exakten Rezepten braucht der Gelatiere auch noch viel handwerkliches Geschick. Vermeintlich kleine Fehler können eine große Wirkung haben: Werden etwa die trockenen Zutaten zu früh oder zu spät in die kalte Masse gerührt, entstehen Klumpen im Eis. Ist die Masse zu weich und glänzt, stimmt die Zuckermenge nicht oder die Eismaschine hat die falsche Temperatur. Wird das Speiseeis zu lange gefroren oder ist die Wassermenge nicht ganz richtig berechnet, fällt das Eis in sich zusammen.
Heiß auf Eis
Eigentlich möchte man ja meinen, dass in Südeuropa deutlich mehr Eis geeschleckt wird als hierzulande - sind die Sommer doch bei uns deutlich kürzer und die Temperaturen milder. Aber weit gefehlt, wir Deutsche gönnen uns sogar mehr als die "Eisnation" Italien. Und wir sind noch nicht einmal Spitzenreiter! Die einzelnen Länder im Vergleich ...
So viel Hunger haben die Europäer auf Eis
Portugal
Frankreich
Auch das Land der Schlemmer und Genießer entflammt sich mit nur 5,3 Litern pro Kopf nicht gerade für die kalte Köstlichkeit.
Spanien
Italien
Deutschland
Dänemark
Noch weiter im Norden, noch mehr Eishunger: 9,9 Liter pro Jahr lässt sich der Durchschnittsdäne schmecken.
Schweden
Finnland
Sowas von köstlich!
Eines ist gewiss: Wir Menschen sind nicht allein mit unserer Eislust! Auch diese munteren Gesellen lassen sich die kühlende Leckerei nur allzugerne schmecken ...