BR-München Luxus auf dem Berg?
Auf den Berghütten hat sich einiges in den letzten Jahrzehnten getan, auch in den oberbayerischen Voralpen: Viele junge Leute haben die Berge entdeckt und nicht nur deren Ansprüche sind gestiegen.
Bergwandern in fast unberührter Natur: wer in den bayerischen Voralpen unterwegs ist, muss dazu auf Komfort nicht verzichten; etwa bei der Tutzinger Hütte, am Fuße der Benediktenwand. Das Alpenvereinshaus liegt am beliebten Fernwanderweg München-Venedig. Nebengebäude und Haupthütte sind Neubauten, nach einem Lawinenunglück.
Die Unterkunft ist modern. Zugleich legt der Wirt großen Wert darauf die Umwelt zu schonen:
"Den Kaffee servieren wir ohne Untertasse, damit wir das Wasser sparen. Den trockenen Kuchen essen wir ohne Gabel. Und Servietten haben wir auch nicht am Berg, weil es Müll ist."
Hans Mayr, Hüttenwirt
Neu ist: Flüssiggas statt Diesel für ein Blockheizkraftwerk. Dafür muss rund dreimal im Jahr ein Tanklaster zur Pipeline unterhalb der Hütte.
"Die Wärme, die anfällt, nutzen wir für das Brauchwasser und die Heizung. Im Erdgeschoss haben wir sogar Fußbodenheizung. Und bei der Erzeugung, wir erzeugen mehr Strom, als wir brauchen, da speichern wir dann dort in den Batterien ein."
Hans Mayr , Hüttenwirt
Die Gäste schlummern in Vier- oder sogar Zweibettzimmern für 22 Euro pro Nacht. Alpenvereinsmitglieder zahlen die Hälfte. Im kalten Brunnen muss sich hier niemand waschen. Die Duschen sind warm. Das Wasser dafür kommt aus zwei Tiefbrunnen gleich hinter dem Haus. Das kostbare Nass wird dann durch Filteranlagen geleitet. Am Ende hat es Trinkwasserqualität. Auch das Abwasser wird gereinigt, unter anderem mit natürlicher Tonerde, bis es wieder in den Naturkreislauf zurückfließen kann.
Von den 324 Hütten des Deutschen Alpenvereins haben derzeit 53 diesen Standard und besitzen ein Umweltgütesiegel.
Eine Hütte mit Hotelcharakter – muss das sein? Das Wort Luxus hören manche beim Alpenverein nicht so gerne. Den Puristen reicht es, einen Unterschlupf im Gebirge zu haben, so wie früher, als man die Berge erobern wollte. Doch die Zeiten haben sich geändert.
"Früher war die Hütte Ausgangspunkt für die Gebirgstouren. Heute sind die Hütten selber das Ziel der Wandertouren. Mehrtagestouren sind im Trend, die Leute sind viel länger im Gebirge unterwegs als früher. Sie erwarten sich nach vier, fünf Tagen etwas Komfort auf der Hütte."
Robert Kolbitsch, DAV-Hüttenexperte
Eine Gratwanderung zwischen Kommerz und Idealismus. Auf den beliebten Wanderrouten haben die Hüttenwirte mehr Umsatz als bei abgelegenen Unterkünften. Dafür wird dann auch kräftig investiert.
Ein Großteil der Hütten ist älter als 100 Jahre, zum Beispiel die historische Falkenhütte im Karwendel. Sie steht unter Denkmalschutz, muss also behutsam saniert werden, zugleich aber auch Standards wie Brandschutz oder Umweltverträglichkeit genügen.
"Wir investieren mehr als 13 Millionen Euro pro Jahr und wir versuchen, die Hütten auch wirtschaftlich zu betreiben. Diese Investitionen müssen natürlich wieder reingeholt werden. Und wir versuchen eben die Tarife anzupassen."
Robert Kolbitsch, DAV-Hüttenexperte
Keine Einnahmen gibt es derzeit bei der Riesenhütte im Chiemgau: Sie ist geschlossen, zum Verdruss vieler Naturliebhaber, die gegen die Schließung protestieren. Angeblich fehlt der zuständigen Sektion das Geld. Zwei Millionen soll die Sanierung und Energieversorgung kosten. Wann die Hütte wieder öffnet, ist ungewiss.
Erst Abriss, dann Neubau: die Höllentalangerhütte bei Garmisch-Partenkirchen glänzt mit toller Ausstattung, selbst beim Matratzenlager und den zeitgemäßen Waschräumen. Ein "Berghotel", sagen Kritiker. Andere dagegen nehmen den Komfort gerne in Anspruch und zahlen gerne auch mal ein paar Cent mehr für gutes Essen.
Es scheint: Immer mehr Bergsteiger wollen nicht mehr auf Komfort verzichten, aber das bitte mitten in einer unberührten Natur.