TV Slowenien Exodus der Wissenschaftler
Der Brain Drain aus Slowenien, also die Abwanderung von jungen hochqualifizierten Arbeitskräften wird stärker: In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der jungen Leute, die ins Ausland abwanderten, verdoppelt. 96 Prozent dieser jungen Menschen sind hoch qualifiziert.
Migrationsbewegungen der am höchsten qualifizierten Arbeitskräfte sind in einer Zeit der Globalisierung unausweichlich. Auch in Slowenien nimmt man schon eine Reihe von Jahren diesen Brain Drain wahr, obwohl Experten darauf hinweisen, dass die Mobilität von Wissenschaftlern ein positiver Faktor sein kann.
"Unser Land verliert Einwohner mit tertiärer Bildung. Im Zeitraum von fünf Jahren zwischen 2011 und 2015 betrug diese Zahl etwas über 2000."
Dr. Milena Bevc
Die Abwanderung der Wissenschaftler hat besonders nach dem EU-Beitritt Sloweniens zugenommen. Die Ursachen sind unterschiedlich: die Suche nach einer ersten Anstellung, bessere Arbeitsbedingungen, bessere Bezahlung.
Mitja Papinutti ist ein auf die Statik und Dynamik von Brücken spezialisierter Bauingenieur. Da er in Slowenien keine Arbeit bekommen hat, hat er sich im Nachbarland Österreich, in Graz Arbeit gesucht:
"Im Augenblick arbeite ich am Bau der Brücke mit der größten Spannweite in der Türkei in Cancale mit."
Mitja Papinutti
Nach drei Jahren schloss sich ihm auch seine Frau Alja an, die gerade ihre Facharztausbildung für Chirurgie an der Universitätsklinik Graz macht, wo sie vor Jahren mit Hilfe des Erasmus-Austauschprogramms studiert hat:
"Damals haben mich die Leute kennen gelernt; ich habe die Verhältnisse hier schätzen gelernt und mich schon in meiner Praktikumszeit in Slowenien für diese Stelle beworben."
Dr. med. Alja Papinutti
Wenn sich die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt in Slowenien bessern, schließen beide eine Rückkehr nicht aus. Wenn sie nicht in die Heimat zurückkehren, verliert Slowenien die Kosten für ihre Ausbildung: Die slowenischen Steuerzahler haben für einen Studenten mit Doktorgrad insgesamt 200.000 Euro bezahlt, für einen mit Bachelorabschluss sind es 70.000 Euro.
"Das Problem ist der nicht reversible Brain Drain, wenn junge Menschen an die Tür klopfen, nicht eingelassen werden und ins Ausland gehen. Leider geschieht gerade das wegen der schlechten finanziellen Lage und der mangelnden Investitionen in die Forschung in Slowenien."
Prof. Dr. Jadran Lenarčič, Direktor des Instituts Jožef Štefan
Dr. Gregorič ging vor 35 Jahren in die USA und ist ein weltweit anerkannter Chirurg für fortgeschrittene Herzinsuffizienz. Es ist sein Verdienst, dass eine Reihe von slowenischen Medizinstudenten und Ärzten ihr Wissen am Universitätsklinikzentrum in Houston vertiefen können:
"Deshalb denke ich, dass man sich ernsthaft fragen muss, was getan werden kann, damit wir die Abwanderung der jungen Menschen ins Ausland stoppen und zweitens, was dafür getan werden kann, dass diejenigen, die im Ausland sind, über eine Rückkehr nach Slowenien nachdenken können."
Prof. Dr. Igor Gregorič, Primarius und Programmdirektor, Zentrum für fortgeschrittene Herzinsuffizienz, UTHS TC
Urška Vrhovšek leitet das italienische Labor für Metabolomik. Das Institut führt agronomische Untersuchungen an Weinreben und Äpfeln durch:
"Wir kooperieren mit den Universitäten in Ljubljana und Nova Gorica und auch mit dem Landwirtschaftlichen Institut. Ich denke, es ist notwendig, dass junge Forscher genauso hierher kommen wie erfahrene Wissenschaftler. So kann ich Slowenien auch etwas zurückgeben."
Prof. Dr. Urška Vrhovšek, Edmund Mach-Stiftung, Italien
Boštjan Špetič hat mit einem Geschäftspartner eines der ersten Startups in Slowenien gegründet: Das Unternehmen war in England und dann in New York tätig. Heute hat es einen ausländischen Direktor, während das Team in Slowenien arbeitet:
"New York gefällt mir außerordentlich gut, aber die Lebensqualität in Slowenien ist unvergleichlich besser."
Boštjan Špetič, Zemanta
Das ist einer der wichtigsten Gründe für die Rückkehr nach Slowenien.
Experten kritisieren, dass es in Slowenien keine Strategie für die Rückkehr hochqualifizierter Kräfte in die Heimat gibt, und so von der Politik zu wenig für ein besseres Wirtschaftswachstum gemacht wird.