TV-Ungarn Wo Budapest leuchtet
Was haben die Budapester Musikakademie, das Urania-Kino, die Synagoge und das Elefantenhaus im Tiergarten gemeinsam? Die prächtigen Leuchtkörper all dieser Gebäude wurden in derselben Lüsterkunstmanufaktur hergestellt.
Der letzte in der Familie, der diese Lüster erzeugt, arbeitet seit 50 Jahren im glanzvollsten Geschäft des Broadways von Pest, wo man sich nur sehr behutsam bewegen darf, denn die märchenhaft schönen Leuchter sind gleichsam allgegenwärtig.
"Dieser Lüster dürfte bei meinem Großvater hergestellt worden sein. Dort wurde er geschliffen und irgendwie hat er den Krieg überstanden und wir haben ihn zurückgekauft. Die Formenwelt, diese barocke Form, das war die echte Grünberger-Form. Dieser Kirchenwandleuchter zum Beispiel ist aus der Kirche der Weißen in Vác. Das ist eine wunderschöne alte katholische Kirche. Dieser Lüster da oben hingegen wurde für die Aula der Medizinischen Universität in Szeged hergestellt."
Tamás Grünberger, Lüsterhersteller-Meister
In dem Geschäft, das einem Museum gleicht, gibt es eine kleine Werkstatt; hier erweckt soeben Károly Fehér einen schon etwas schäbig gewordenen Lüster zu neuem Leben.
"Ich habe Staub und Schmutz entfernt, und jetzt lackieren wir ihn neu. Der Kunde wünscht es so, der Lüster soll nicht neu gestrichen, sondern nur soweit in Ordnung gebracht werden, dass er wieder funktionstüchtig ist."
Károly Fehér
Die Sanierung ist heutzutage der Hauptgrund, wenn Kunden das Reich der Lichter in der Nagymező utca betreten.
"Der Lüster, das war einmal ein gefragtes, gutes Produkt. Heutzutage sind es die öffentlichen Gebäude, die uns am Leben erhalten. Ich habe immer gesagt: Auch ein Lüster hält nicht ewig, aber ich gebe trotzdem 30 Jahre Garantie. Die würde ich jetzt auch geben, wenn ich noch 30 Jahre leben würde! Ich verbringe jeden Tag hier im Geschäft. Die Lüstererzeugung ist meine große Leidenschaft."
Tamás Grünberger, Lüsterherstellermeister
Und eine Familientradition. Nicht viele dürfen von sich behaupten, dass sie Gegenständen, die von ihren Großeltern hergestellt wurden neues Leben einhauchen. Das geschah im Nationalen Filmtheater Urania, wohin die Lüster in den 1930er Jahren aus der Fabrik von Jenő Grünberger gelangten. Fast 100 Jahre später erneuerte sein Enkel die Lampen, Lüster und Wandleuchter.
Sein größtes Fest feiert das Licht in einer Kirche. 20 Jahre nach der Renovierung der Leuchtkörper der Synagoge in der Dohány utca wurde Tamás Grünberger mit der Erfindergoldmedaille ausgezeichnet. Er hatte damals die Lüster mit der größten Leuchtkraft in Europa geschaffen.
"Die haben pro Stück 156 Birnen und, was besonders interessant ist, sie wiegen pro Stück eineinhalb Tonnen. Man kann die vier Seile sehen, an denen einer hängt. Und an diesen vier Seilen kann ein Lüster in acht Minuten fast bis zum Boden herunter gelassen werden, um die Birnen auszutauschen."
Tamás Grünberger, Lüsterherstellermeister
Grünberger-Lüster gab es aber nicht nur in Innenstadtkirchen und Palais, sondern beispielsweise auch im Elefantenhaus des Budapester Tiergartens. In dem von Károly Kós entworfenen Stallgebäude lohnt es sich, zwischen den Elefanten und Nilpferden den Blick auch auf den aus Kupfer, Eisen und Bronze hergestellten Lüster zu erheben.
Heute träumt der Meister der Lüsterherstellung nicht von neuen Aufträgen, sondern von einem Museum, das in Europa wohl einzigartig sein könnte.