TV Ungarn Die letzten Glasbläser im Mátra-Gebirge
Das Schicksal der Glaswerke von Parádsasvár in Nordungarn ist typisch für eine osteuropäische Fabrik: Das Anfang des 18. Jahrhunderts gegründete Unternehmen, das noch vor wenigen Jahrzehnten über 600 Menschen beschäftigt hat, musste nach der Wende Anfang der 2000er Jahre zusperren.
Parádsasvár liegt im Mátra Gebirge und ist mit dem zauberhaften Schloss ein Besuchermagnet. Wer sich in der kleinen Gemeinde ein bisschen genauer umsieht, dem entgehen die verfallenen Ruinen nicht, die an vielgerühmte Zeiten erinnern. Die Glasfabrik in Parádsasvár, deren Produkte einst in die ganze Welt geliefert wurden, konnte nicht ins neue Jahrtausend herübergerettet werden. Ganz abgeschlossen hat man hier aber mit dem Thema Glasproduktion nicht – der Rahmen ist zwar kleiner als zur Blütezeit, aber umso freundlicher und familiärer:
"Mein Kollege hat jetzt die beiden wichtigsten Dinge, die Pfeifen, in die Ofenöffnung gelegt. Sie sind aus gehärtetem Stahl und das Ende muss immer einige Zentimeter weit vorgewärmt werden. Kalter Stahl würde nämlich das Glas abstoßen. Jetzt hat er eine kleinere Menge herausgehoben, die walzt er auf der Eisenplatte, dann hebt er sie an, setzt sie etwas zurück und bläst vorsichtig Luft in das Rohr, also auch in die Innenseite des Glases, sodass eine Kugel entsteht."
Patrik Korbics
Diese Grundform wird wieder in den heißen Ofen getaucht und mit flüssigem Glas herausgenommen, aus dem nun ein Weinglas entstehen soll. Die Glasmasse wird unter ständigem Drehen geformt, bzw. geblasen. Mit dem letzten Handgriff entsteht der Fuß.
In der Glashütte von Parádsasvár werden hauptsächlich Produkte in kleinen Serien auf individuelle Bestellung erzeugt.
"Es kommen Kunden, die vor 30 Jahren ein Sektflöten-Set geschenkt bekommen haben, und zwei von den sechs Gläsern sind zerbrochen und sollen ersetzt werden. Oder aus einem alten Leuchtkörper ist der Glasschirm herausgebrochen und das, was fehlt, müsste in den Metallrahmen geblasen und ersetzt werden."
Marcell Rénes, Gründer der Glasmanufaktur Parádsasvár
"Bei diesem Produkt mache ich mit dem ersten Handgriff den Schnabel – dann folgen der Schwanz und die beiden Flügel – da muss ich noch nachbessern – mit dem nächsten Handgriff zwicke ich den Kopf, gleichzeitig auch zwei kleine Augen – und zum Schluss der alles entscheidende Griff, der Hals."
Patrik Korbics
Richtig interessant werden die Glasbläserpräsentationen, wenn die Gäste ihr Können auf die Probe stellen dürfen. Diese junge Dame bläst gerade ein Trinkglas. Mit Erfolg!
"Was wir zu bewahren versuchen, würde verlorengehen, aussterben, wenn wir es nicht pflegen. Der Beruf des Glasbläsers wird nirgends mehr gelehrt. Bei uns kann man die Handgriffe lernen."
Marcell Rénes, Gründer der Glasmanufaktur Parádsasvár
Wer allerdings das Glas nur bläst, kann einen Glasballon mit einer Temperatur von 1150 Grad Celsius herstellen.
Bei den Trinkgläsern, Kelchen, Blumen und Vögeln ist das Endprodukt natürlich um einiges edler.
Die geblasenen Produkte verlieren im vergleichsweise kalten Kühlofen bei 400 bis 500 Grad nach einem Tag ihre Spannung. Dann dürfen sie endlich ihrer Verwendung zugeführt werden.