BR-München Kühe als Landschaftspfleger
Das Weiden von Tieren auf Grünflächen ist eng mit der Entwicklung der Menschheit verbunden. Erst durch Rodung und Bewirtschaftung entstanden freie Flächen, wo vorher ein geschlossenes Waldgebiet stand.
Lange waren sie vom Aussterben bedroht, weil sie zu wenig Milch gaben. Jetzt werden sie wieder gebraucht: Die Rinder der Rasse "Original Allgäuer Braunvieh" arbeiten heute quasi als Landschaftspfleger. Denn sie ernähren sich nur von Gras und fressen die Weiden langsam ab. So können die Pflanzen in Ruhe wachsen.
Die Rinder helfen mit, dass die Natur an den Bachauen der Günz wieder Raum und Zeit bekommt, sich zu entwickeln. Entlang des längsten Bachsystems Bayerns entsteht so nach und nach wieder die Landschaft, die es früher einmal gab und die an manchen Stellen noch erhalten blieb.
Über diese Artenvielfalt freut sich Peter Guggenberger-Waibel von der Kulturlandstiftung Günztal. Acker-Witwenblume, Wiesenboxbart oder Großer Wiesenknopf: Auf vielen Grünflächen sucht man sonst vergeblich nach diesen Pflanzen.
"An dieser Wiese sind wir bereits seit 15 Jahren dran, sie positiv zu entwickeln. Hier finden Sie das Drei- bis Vierfache an Pflanzenvielfalt wie auf einer gewöhnlichen, intensiv genutzten Wiese. Und hier sieht man ganz deutlich: Wenn man der Natur Zeit gibt, sich zu entwickeln, dann reagiert sie mit einer unglaublich tollen Artenvielfalt."
Peter Guggenberger-Waibel, Kulturlandstiftung Günztal
Extensive Beweidung gegenüber intensiver Landwirtschaft: Überall in Bayern finden wir viele Hektar an Monokultur wie zum Beispiel Maisflächen für Biogas oder Silagefutter.
Das "Original Allgäuer Braunvieh" gibt zwar weniger Milch, ernährt sich aber allein von Gras und ermöglicht so naturnahe Landwirtschaft.
Deswegen hat sich auch Landwirt Hans-Georg Schafroth für eine Rinderherde entschieden. Denn mit den Rindern kehren auch die Weideflächen wieder zurück.
"Also, für mich ist das weniger wegen dem Finanziellen. Ich mach das eigentlich mehr für meine Kinder oder für die Jugend. Für mich ist das eine Art Generationsvertrag: Man muss für die Zukunft auch was tun, dass man einfach diese Kulturlandschaft auch noch erhält und auch die Rasse. Weil, sonst geht alles verloren in dieser Richtung."
Hans-Georg Schafroth, Züchter Original Allgäuer Braunvieh
Erholen können sich die Auwiesen an der Günz aber nur, wenn auch die Menschen mithelfen. Deswegen hat Hans-Georg Schafroth bereits über tausend Sträucher und Bäume gepflanzt, mitfinanziert von der Stiftung Kulturlandschaft Günzburg.
Entlang des gesamten Bachlaufes der Günz soll wieder ein Biotop-Verbundsystem wachsen.
So entsteht wieder neuer Lebensraum für Kleintiere und Insekten, wie Frösche, Libellen oder Ringelnattern. Und alles mit Hilfe ihrer Unterstützung: Von Mai bis November sind die Rinder Tag und Nacht auf der Weide, und fressen nach und nach die Flächen ab. Heute stehen rund 90 Original Braune auf den Naturschutzweiden im Günztal.
Peter Guggenberger-Waibel freut sich über jeden neuen Partner, der die Idee des Biotop-Verbunds unterstützt. Alle sind gefragt: Behörden, Gemeinden, Landwirte.
"Allgäuer Kühe, finde ich, die gehören einfach hierher, weil ich jetzt wieder das habe, was ich als Kind nicht mehr gesehen habe. Wir haben keine Ringelnatter gesehen, keine Gelbbauch-Unke, wir haben gar nichts mehr gesehen. Jetzt haben wir wieder Renaturierung, mit den Tümpeln, mit den Flächen, es ist nichts intensiv Genutztes. Jetzt ist wieder Platz für die Natur und für das Allgäuer Braunvieh, das ist wieder das, was mich freut."
Walter Rothach, Züchter Original Allgäuer Braunvieh
Auch der Schlachthof zählt zum Kreislauf der Natur: Landwirt Walter Rothach verkauft auf dem Markt in Memmingen Spezialitäten vom Allgäuer Braunvieh, wie Rinderschinken, saure Kutteln oder Bolognese-Sauce.
Das zarte Fleisch wird auch von Slow Food geschätzt, dem internationalen Verein für Genuss- und Geschmackskultur.
Jetzt gab es noch eine Auszeichnung von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
Die Kuh als "Landschaftspfleger".