BR-München Der Felbertauern zwischen Nord- und Osttirol
Über Kufstein und Kitzbühel kommend, stößt man hinter dem Pass Thurn auf die Felbertauernstraße: Rund 16 Kilometer schlängelt sie sich hoch auf 1632 Meter, um dann im Berg zwischen Großglockner und Großvenediger zu verschwinden.
Direkt hinter dem Tunnelausgang auf Osttiroler Seite ereignete sich kurz vor Pfingsten letzten Jahres der katastrophale Felssturz: Rund 200 Meter der Zufahrt wurden zerstört: Der massive Beton der Galerie – eingeknickt wie eine Pappschachtel. Ein schwerer Schlag für die Bewohner von Matrei und Lienz und das übrige Osttirol
"Viele zentrale Einrichtungen unseres Bundeslandes befinden sich ja in Innsbruck: Die Universität, die Klinik, die großen Betriebe, die Verwaltung des Landes und so weiter. Und mit diesem Felssturz ist es dann auf einmal wieder klar geworden, wie es ist, wenn der Felbertauern geschlossen ist."
Karl Popeller, Vorstandsdirektor Felbertauern AG
Das Problem ist, dass Osttirol eine Exklave zum Mutterland Tirol ist: Beide sind ein zusammengehöriges Bundesland, aber räumlich getrennt. Erst mit Tunnel und Straße wurden Innsbruck und Lienz miteinander verbunden.
1963 wurde die erste Sprengung zum Bau des Tunnels durchgeführt, 1966 war er schon befahrbar und im Jahr darauf wurde der Verkehr offiziell eröffnet. Aber plötzlich gab es Widerstand von einer Seite, von der man es gar nicht erwartet hätte.
Die Tiroler nahmen‘s gelassen: Mit der Straße kam der große Wirtschaftsaufschwung.
Der Felssturz brachte die erste größere Störung an der Felbertauernstraße seit 47 Jahren. Derzeit gibt es eine provisorische Tunnelzufahrt. In Zukunft soll die Bruchzone großräumig umfahren werden.
25 Tonnen schwere Stahlträger müssen in unwegsamem Gelände herangebracht und zu einer Brücke montiert werden.
So unverzichtbar wie den Tirolern die Straße ist, so ist es den Betreibern die Maut. Allerdings gibt es dabei große Unterschiede.
Vom Kennzeichen hängt es also ab, wie viel Geld man hinlegen muss: Die Anliegergemeinden im Salzburger Land zahlen acht Euro 50, für die anderen Bundesländer und Touristen aus dem Ausland kostet es 10 Euro. Und wer ein Fahrzeug mit Kennzeichen "LZ" für Lienz hat, ist Osttiroler und zahlt gar nichts.
Und dorthin fließt das Geld: In der Bezirkshauptstadt Lienz hat die "Felbertauern AG" ihren Verwaltungssitz mit rund 52 Beschäftigten – alles finanziert durch die Tunnelmaut.
"Die Straße kann von den Mauteinnahmen leben. Das heißt: Wir können die laufenden Aufwendungen zur Betreuung der Straße, insbesondere den sehr hohen Betreuungsaufwand im Winter damit abdecken, und wir können alle diese Beschäftigten von den Mauteinnahmen bezahlen, selbstverständlich."
Karl Popeller, Vorstandsdirektor Felbertauern AG
Die Passage über den Felbertauern ist ein uralter Handelsweg: Lastenträger und Maultiere brachten Wein und Luxuswaren ins Salzburger Land und kehrten mit Salz und Rohmaterialien wieder zurück. Mit dem Tunnel entstand 1967 die erste direkte Autoverbindung von München nach Venedig und Triest. Die Mauteinnahmen sprudelten, bis schließlich die Brennerautobahn kam und der Tauernautozug und -tunnel.
Die Geschäftsleitung setzte auf Werbung: Der Transitverkehr zur Adria sollte durchs Felbertal fahren und Geld in die Kasse spülen. "Schöner und kürzer in den Süden" lautete ein Slogan, oder einfach: "Benzin sparen". Aber schon gibt es neue Herausforderungen:
"Es kommt in jüngster Zeit auch noch dazu, dass die ganzen Navigationsgeräte in der Grundeinstellung die Benutzung der Autobahnen präferieren. Und da müssen wir natürlich entgegenwirken, weil sonst automatisch ein Abfluss des Verkehrs von der Felbertauernstraße Richtung Tauernautobahn oder Richtung Brennerautobahn stattfindet."
Karl Popeller, Vorstandsdirektor Felbertauern AG
Und die Mauteinnahmen fehlen. Mitte nächsten Jahres soll die neue Trasse fertig sein, und der Verkehr wieder ungehindert fließen, und damit auch die Tunnelmaut, denn immerhin lebt von ihr und der Straßenverbindung eine ganze Region.