BR-München Der Zinnfigurengießer vom Ammersee
Es ist eine wundersame Welt, die am oberbayerischen Ammersee zu bestaunen ist: Alles dreht sich um kleine Kunstwerke.
In der Ortschaft Dießen unweit der Klosterkirche, weist ein altes Zunftzeichen den Weg. Hier ist einer der letzten Zinnfigurengießer Bayerns zu Hause: Jordi Arau, ein gebürtiger Spanier, den die Liebe hierher verschlagen hat. Er heiratete eine Nachfahrin des Firmengründers und bewahrte das Erbe. Die alte Werkstatt war damals noch in Betrieb.
"Ich habe hier einen Berg an Tradition vorgefunden und eine uralte Werkstatt und viel Arbeit. Und dann habe ich angefangen, neue Sachen zu machen."
Jordi Arau, Zinngießer
Die Arbeitsschritte sind noch genauso wie vor 200 Jahren: In Schieferplatten werden die Negativformen geschnitzt. Arau entwirft seine Motive selbst, wie diese Palme etwa. Mit Knetmasse testet er, wie die Form später aussieht.
"Die richtige Form sieht man erst, wenn man es ausgießt. Man gießt also hier rein, arbeitet ein wenig nach und, wenn es einem gefällt, lässt man es."
Jordi Arau, Zinngießer
Das Motiv muss immer in zwei Platten graviert werden, die Vorder- und Rückseite bilden. Dazwischen wird das Zinn gegossen. Sechs Angestellte arbeiten in dem Betrieb. Besonders zu Weihnachten steigt die Nachfrage.
Die Herstellung jeder einzelnen Figur ist nach wie vor reine Handarbeit. Zunächst werden die Schieferplatten mit Talkum eingesprüht, damit nichts verklebt und das Zinn bis in die letzte Ritze fließt. 350 Grad ist das Zinn heiß.
Unter den Zutaten sind auch traditionell Antimon und Blei. Nur so werden die Figuren stabil und brechen nicht.
Nach ein paar Sekunden: Der spannende Augenblick: die heiße Geburt. Ist die Palme nicht hundertprozentig, wird sie einfach wieder eingeschmolzen.
"Es lebt ja von der Zeichnung, die vorher da war, und dann umgesetzt ist in das Gravieren. Und das sollte eigentlich beim Bemalen erhalten werden. Und die Farbe ist nur noch mal so ein Ding drauf."
Gerhard Heizer, Maler und Illustrator
Und so erwachen sie zum Leben: die märchenhaften Szenen aus Bayern, in denen auch der "Kini" nicht fehlen darf.
"Der bayerische König ja, der ist auch gefragt. Und wenn die bayerische Staatskanzlei ein Geschenk braucht fürs Ausland, dann kommt sie manchmal sogar zu uns."
Jordi Arau, Zinngießer
Mittlerweile hat Jordi Arau über 1000 verschiedene Motive entworfen. Jedes Jahr kommen neue hinzu. Kosten: von zehn bis einigen hundert Euro. Hauptsächlich Sammler erfreuen sich heutzutage an den filigranen Kunstwerken.
Früher war das anders: da dienten die Zinnfiguren als Lernspielzeug für Kinder. Und mit Zinnsoldaten stellte man Kriegsschlachten nach.
"Das sind Grenadiere, die hier, das sind alte Formen. Aber wir machen keine neuen mehr, weil es gibt nur einige wenige Sammler. Aber die suchen ganz spezielle Figuren, weil sie bestimmte Szenen nachstellen wollen und da muss jedes Abzeichen stimmen. Und das ist für uns zu speziell."
Jordi Arau
Tradition im Taschenformat – und so lang ihm die Ideen nicht ausgehen, will Jordi Aarau weitermachen mit seinen Zinnfiguren aus Oberbayern.