Europas Gemüseversorgung in Gefahr Spaniens Kampf ums Wasser
Europas Nachfrage nach billigem Obst und Gemüse führt in Spanien zu immer größeren Existenzsorgen. Im Doñana-Nationalpark zeigt sich, wie ein Konflikt eskalieren kann: Hier sind illegale Bohrlöcher entstanden, die einen Nationalpark austrocknen. Doch auch andernorts in Spanien wird Wasser knapp. In einem Nord-Süd-Konflikt um den Fluss Tajo stehen sich Tourismus und Ackerbau unversöhnlich gegenüber. Der junge Landwirt Juan Francisco Madrid Nieto wird den Familienbetrieb übernehmen und fürchtet, bald könnte der „Garten Europas“ vertrocknen.
Wenn Juan Francisco und sein Vater auf den Feldern ihres Familienbetriebs die Saat ausbringen, arbeiten sie mitten in "Europas Garten" – so wird die Gegend rund um das kleine Städtchen El Mirador in der Region Murcia im Süden Spaniens genannt. Supermarktketten in Deutschland und anderen europäischen Ländern beziehen von dort ihr Obst und Gemüse. In Deutschland kommen bei Melonen, Paprika und Salat rund die Hälfte der importierten Waren aus Spanien, bei Orangen sogar 80 Prozent. Der 22-jährige Juan Francisco soll den Betrieb bald von seinem Vater übernehmen. Doch er weiß nicht, wie lange er das, was er sät, noch ernten kann. Er fürchtet, den Betrieb bald an Großkonzerne verkaufen zu müssen.
Seine Sorge gilt dem Wasser. Ein wesentlicher Teil davon kommt aus dem Tajo. In der Nähe von Madrid am Oberlauf des Flusses wird das Wasser gestaut und über Aquädukte hunderte Kilometer in den Süden bis nach Murcia geleitet – seit Jahrzehnten. Mit diesem Wasser ist die Landwirtschaft im Süden Spaniens gewachsen. Doch damit soll Schluss sein. "Die Lebensader von Europas Garten“, wie die Menschen im Süden Spaniens den Fluss nennen, soll bald versiegen, damit der Tajo weiter im Norden mehr Wasser führen kann. Denn auch dort wird das Wasser für das Ökosystem und den Tourismus dringend benötigt.
Ricardo Ortega betreibt einen kleinen Bootsverleih am Entrepeñas-See, der den Tajo aufstaut. Der sinkende Wasserspiegel macht ihm große Sorgen. Viele Menschen hier bezeichnen die Bauern aus dem Süden als "wassergierig“. Ein Nord-Süd-Konflikt ist entstanden. Die billige Versorgung Europas mit Obst und Gemüse ist eine der Ursachen – und steht zugleich auf dem Spiel.
Das zeigt sich auch weiter westlich im Doñana-Nationalpark. In den andalusischen Provinzen Huelva und Sevilla spitzt sich der Konflikt um Wasser gefährlich zu: Etliche illegale Brunnen und Anbauflächen sind entstanden. Die Landwirte bauen dort Erdbeeren und Blaubeeren an, die das ganze Jahr über in bayerischen Supermärkten zu kaufen sind. Der Wasserraub trocknet den Nationalpark aus.
Deutsche Aktivisten machen darauf aufmerksam und rufen zum Boykott der Ware auf. Doch viele Bauern sind von der europäischen Nachfrage abhängig und sehen ihre wirtschaftliche Existenz bedroht. Aufgrund der angespannten Lage muss das zuständige Wasserwirtschaftsamt in Spanien seine Mitarbeiter mit Polizeischutz in den Nationalpark schicken, um die illegalen Brunnen zu zerstören.