Bosnien-Herzegowina Sarajevo in der Zeit der Belagerung
Von 1992 bis 1995 ist Krieg, mitten in Europa. Die Männer kämpfen. Und die Frauen? Viele sind damals noch Kinder, versuchen ein normales Leben zu leben, zu helfen, werden erniedrigt und misshandelt, kämpfen um ihre Würde und opfern sich auf.
Im Krieg werden Frauen zu Täterinnen und Opfern. Und sie sterben für die Liebe. Es ist auch der Krieg der Frauen. Zeit, ihnen zuzuhören:
"Es wurde in dieser Nacht viel geschossen. Ich weiß noch, wie mich meine Freunde hierher brachten, vorbei an all den Scharfschützen. Man hörte während des Wettbewerbs die ganze Zeit auf den Straßen die Scharfschützen schießen. Ich habe darauf gar nicht so viel geachtet. Ich habe die Granaten überhaupt nicht gehört. Ich war in einer ganz anderen Welt. Weit weg von diesem schrecklichen Krieg."
Inela Nogic
Inela Nogic: Mitten im Krieg gewinnt sie die Wahl zur Miss Sarajevo. Der 29. Mai 1993 ist für sie ein besonderer Tag in der inzwischen seit einem Jahr belagerten Stadt. Die Teilnehmerinnen der Misswahl tragen ein weißes Banner auf die Bühne: "Lasst sie nicht uns töten", fordern sie die Welt auf. Inela Nogic ist damals 17 Jahre alt.
"Dieser Moment war für mich wie ein Traum. Etwas unwirkliches, es war unglaublich, besonders wegen all dem Wahnsinn im Krieg. Damals sah es für Außenstehende vielleicht verrückt aus, aber genau in solchen harten Zeiten tust du alles, um dich irgendwie von der Situation abzulenken, in der wir Bosnier uns befanden. Wir versuchten in diesen Zeiten alle irgendwie normal zu leben und darunter verstand man natürlich auch, gründlich auf die Hygiene zu achten. Wir taten das, was wir auch sonst machten. Wir versuchten unsere normale Routine während des Krieges nicht zu verändern oder aufzugeben."
Inela Nogic
Der irischen Popgruppe U2 imponiert die Haltung der Frauen in der besetzen Stadt. Sie komponiert den Song "Miss Sarajevo".
Den Modelvertrag im Ausland, den Hauptgewinn, kann Inela Nogic nie antreten. Mehrmals versucht sie, aus der Stadt zu fliehen - vergeblich. So nutzt sie die Misswahl als Chance, die Welt um Hilfe zu rufen.
"Mein Vater hat die Schärpe mit der Aufschrift 'Don‘t let them kill us.' aufbewahrt. Das Material war damals sehr schlecht und deshalb fiel mit der Zeit ein Buchstabe nach dem anderen ab, so dass am Ende nur noch die weiße Schärpe übrig geblieben ist und es keinen Sinn mehr hatte, sie überhaupt noch aufzubewahren. Sie hatte sich sozusagen aufgelöst."
Inela Nogic