Frankreich Was will Emmanuel Macron?
Die Stimme noch etwas holprig – aber sein Enthusiasmus schlägt alles. Bei seinen ersten öffentlichen Auftritten schreit sich Emmanuel Macron die Seele aus dem Leib.
Jetzt, kurz vor den Wahlen ist das alles etwas professioneller geworden: jung – optimistisch – begeisternd. Er füllt ganze Hallen, junge Leute strömen in Massen zu ihm.
"Wenn Macron Präsident wäre, würde das für Frankreich Hoffnung bedeuten. Ich denke er ist der Einzige, der in der Lage ist, uns aus der aktuellen Situation raus zu holen."
Emma Ettlinger
Die 17-jährige Emma Ettlinger ist Macronistin – so nennen sich die vielen, vor allem jungen Unterstützer von Macron. Für ihn hat sie ihr Studium unterbrochen und arbeitet als Praktikantin für seine Kampagne.
EM – das sind die Initialen von Emmanuel Macron und das ist auch der Name seiner Bewegung: "En Marche!" En marche heißt frei übersetzt "In Bewegung".
"Unsere Zeit ist gekommen, wir sind bereit. Wir wollen vorwärtsgehen."
Emmanuel Macron, 4.2.2017, Präsidentschaftskandidat
Die Stimme ist inzwischen sicherer geworden – die Auftritte souveräner. Das hat er auch seiner Frau zu verdanken, Brigitte Macron Trogneux.
Das Ehepaar zeigt sich gern in den Klatschblättern der Republik – Brigitte Macron ist 24 Jahre älter als er. So etwas ist selten, und nicht nur in Paris spricht man jetzt darüber, was es bedeuten würde, eine First Lady und einen Präsidenten zu haben, die so unkonventionell sind. Kennengelernt haben sich beiden bei einem Theaterkurs an der Schule von Macron. Er war damals 16.
Wohl das Meiste, was Macron bei seinen öffentlichen Auftritten sagt, ist durch ihre Korrektur gegangen: Aussprache, Auftreten, Präsenz – Brigitte Macron, die ehemalige Lehrerin hat in Emmanuel Macron einen eifrigen Schüler.
"…ich weiß nicht, ob man das so sagen soll…"
Emmanuel Macron
"Sprich lauter zum Ende hin. Probiere mal aus, wie das dann rüberkommt. Jetzt gehst Du zu sehr runter."
Brigitte Macron
"Ok. Das sind wir: Wir sind die Partei der Hoffnung. Und diese Partei muss 2017 gewinnen."
Emmanuel Macron
Erst im April letzten Jahres hat er seine Bewegung gegründet – inzwischen arbeiten über 200.000 Unterstützer für ihn und kämpfen dafür, dass er der neue französische Präsident wird. Wenn er es schaffen sollte, wäre er mit 39 der jüngste Präsident, den Frankreich je hatte.
Der studierte Philosoph arbeitete zunächst als Finanzinspektor, wurde dann erfolgreicher Investmentbanker. 2012 machte ihn Francois Hollande zu seinem wirtschaftspolitischen Berater, später zu seinem Wirtschaftsminister. Macron kennt den Elysée-Palast und er kennt die Regierungsarbeit. Doch er fühlte sich eingeengt durch die Kabinettsdisziplin, stieg aus und gründete seine eigene Bewegung.
"Was wollen wir? Wir wollen nicht die Linke vereinen, wir wollen nicht die Rechte vereinen, sondern die Franzosen. Das ist unser Projekt."
Emmanuel Macron, 10.12.2016, Präsidentschaftskandidat
Der Publizist Alfred Grosser, der das politische System in Frankreich seit Jahrzehnten beobachtet, glaubt, dass die beiden großen Parteien, die Konservativen und die Sozialisten, nicht mehr in der Lage sind, das Land zu reformieren. Ein neues Gesicht und vor allem neue Ideen müssten her. Für ihn ist das Emmanuel Macron.
"Er verkörpert eigentlich die große Koalition in der Bundesrepublik, das heißt man ist nicht extrem rechts, und extrem Linke ist auch nicht da. Man ist unterschiedlich, aber man verständigt sich im Wesentlichen."
Alfred Grosser, Publizist
Macron, der Shootingstar dieses Wahlkampfs, scheint momentan auf der Überholspur zu sein. Ein neues Frankreich will er schaffen – mit sozial-liberalen Ideen. Jeder Bürger müsse für sich selbst Verantwortung übernehmen. Macron hat gute Chancen gegen die rechtsextreme Marine Le Pen in der Stichwahl anzutreten. Und das mit Thesen, die man im europaskeptischen Frankreich selten so deutlich hört.
"Unser Kampf für Brüderlichkeit ist auch ein Kampf für Europa. Wir bleiben Europa treu, immer. Das deutsch-französische Paar ist der Motor der Euro-Zone und der Europäischen Union."
Emmanuel Macron, Präsidentschaftskandidat
Vor allem die jungen Franzosen begeistern sich für sein Bekenntnis zu Europa. Unterstützerin Emma ist weiter unterwegs, um für ihren Kandidaten zu werben. Er ist für sie ein Mann, der nichts mit der alten, verbrauchten Politelite gemein hat.
"Das ist jemand, der sehr ehrlich ist. Das sieht man, wenn er spricht. Viele Leute sagen mir das. Man kann mit ihm einverstanden sein oder nicht. Aber wenn er spricht, dann spürt man, dass er ehrlich ist."
Emma Ettlinger
Emmanuel Macron, eigentlich ein Mann der Elite. Aber er schafft es mit seinem Optimismus und seiner Ausstrahlung viele Franzosen als Alternative zu begeistern.