Island Der Landflucht zum Trotz
Janne und Wouter wollten anfangs nur herumreisen in Island. Wouter kam aus Belgien, Janne aus Dänemark. In Island lernten sie sich kennen und beschlossen, gemeinsam zu reisen.
Aus der Reisebekanntschaft wurde Liebe. Im abgeschiedensten Winkel Islands sahen die beiden dann eine Haus, nahezu eine Ruine. Sie entschlossen sich, dort zu bleiben und sich in dem kleinen Fischerort Pingeyri etwas aufzubauen ... an einem Ort, wo die Isländer selber keine Zukunft mehr sahen ...
An die 1000 Meter hohe Berge direkt am Meer. Wasser und Berge – diese atemberaubende Kombination in den abgeschiedenen Nordwestfjorden fasziniert ihn noch heute.
Wouter ist Belgier, kam vor 15 Jahren nach Island. Damals Mitte 20: etwas rumreisen, ein bisschen studieren und arbeiten, dann zurück nach Belgien … - so sein Plan.
Hier in Island traf er dann Janne. Sie ist Dänin. Sie reisten zusammen, verliebten sich ineinander, dann in Island. Und schließlich in dieses Haus.
"Ich denke, es war Zufall und ein bisschen Glück. Sicherlich suchten wir damals auch das Abenteuer. Wir waren bestimmt auch naiv. Wir fanden es toll hier zu reisen und auf Farmen zu arbeiten. Als wir dann dieses Haus sahen, hat es angefangen. Wir haben es für 30 Euro gekauft. Mit dem Kaufpreis gingen wir ja noch keine große Verpflichtung ein. Es war aber der erste Schritt. Und dann hat sich alles verselbstständigt."
Wouter
Heute servieren Wouter und Janne belgische Waffeln in dem ehemaligen Gemischtwarenladen des Ortes. Sie haben das Haus selber restauriert. Die Einrichtung und die Holzböden sind zum Teil über 100 Jahre alt. Jetzt läuft der Coffeeshop.
"Es ist natürlich zu allererst ein Sommergeschäft. Es wäre hart, es das ganze Jahr zu machen. In der Saison haben wir jeden Tag geöffnet, drei Monate lang. Es ist ein Lifestyle. Wir erleben ihn gerade intensiv, da wir auch oben wohnen!"
Janne
Als die Dänin und der Belgier vor 12 Jahren hier nach Pingeyri kamen, war Tourismus noch kein Thema, der Ort in der Krise. Anfang des Jahrhunderts noch ein blühender Fischereihafen. Seit die großen Fischfangboote aber nicht mehr in den Hafen kamen, sondern ihren Fang gleich draußen verarbeiteten, starb Pingeyri langsam aus. Die jungen Leute gingen in die Städte. Auch der ehemalige Gemischtwarenladen stand zehn Jahre leer.
"Wir waren die 'merkwürdigen' Ausländer. Die Einheimischen haben anfangs überhaupt nicht verstanden, was wir hier suchten, was wir hier wollten. Ich komme aus Belgien, wo alles zugebaut ist mit Häusern und Straßen. Ich empfinde diese Einsamkeit, diese Weite faszinierend. Ich glaube, dass die Isländer im Ort noch mit der Vergangenheit kämpfen und noch in ihr leben."
Wouter
Und diese "merkwürdigen" Ausländer mischen den kleinen Ort jetzt auch noch auf, möchten ihn wiederbeleben, Zukunft gestalten. Mit ihren Projekte wollen sie weltoffene Menschen in den Ort holen. Zu einer Kunst-Residenz haben sie die ehemalige Fischhalle umgebaut. Hier können Künstler arbeiten und sich einmieten. Im Moment wohnen hier auch die jungen Leute, die in der Saison im Coffeeshop arbeiten: "Heute müssen sie umbauen, denn abends wollen sie gemeinsam Fußball schauen auf der großen Leinwand."
Vor der Tür der Kunst-Residenz steht Wouters neueste Errungenschaft: ein alter Bus, Jahrgang 1992. Was es wird, ist noch nicht ganz sicher, entweder eine Galerie oder ein mobiles, wetterfestes Atelier. Mit dem Bus könnte er Künstler direkt zu ihren Motiven fahren.
"Es macht mir einfach Spaß, aus alten, abgelegten Sachen etwas Neues zu gestalten. Dem Alten wieder einen neuen Sinn und Wert zu geben!"
Wouter
Auch wenn es noch viele verlassene Häuser in Pingeyri gibt, macht sich das Engagement des Belgiers und seiner Frau bemerkbar. Die Einheimischen habe sich jetzt auf Touristen eingestellt, haben ein Musikmuseum eröffnet. Einige schätzen, was das Paar hier so unternimmt.
"Ich bin sehr froh, dass sie hier sind in Pingery. Sie haben sich sehr für den Ort eingesetzt und viel angeschoben. Sie haben ja auch zwei kleine Kinder, die mit uns hier leben. Das ist für uns sehr wichtig!"
Ein Einwohner
Die Einheimischen und die Zugezogenen planen jetzt sogar ein gemeinsames Projekt. Im vergangenen Jahr hat die Bank dichtgemacht. Die Gemeinde und Wouter wollen hier ein Service-Center einrichten. In diesen Büros könnten sich dann auswärtige Firmen-Mitarbeiter zeitweise einmieten.
"Unsere ersten Projekte, wie die Kunst-Residenz, waren etwas für verrückte Künstler und abgedrehte Leute, so sehen es die Einheimischen. Aber das Bank-Projekt nehmen sie ernst. Sie können sich hier vorstellen, dass es Unternehmen und Arbeit ins Dorf bringt. Für mich greifen aber alle diese Projekte ineinander!"
Wouter
Denn alle seine Projekte wie auch sein Pferdestall mit Islandpferden haben ein gemeinsames Ziel: Menschen aus aller Welt für die Natur und die Einzigartigkeit Islands zu begeistern, sie dazu zu bewegen, zu verweilen, wiederzukommen oder eben hierzubleiben wie Wouter und seine Frau Janne vor 12 Jahren ...