Island Ein Wintermärchen
Island in der Vorweihnachtszeit. Die größte Vulkaninsel der Erde hat nicht nur eine kontrastreiche Landschaft, sondern ein ebenso unberechenbares Wetter zu bieten. Regenstürme wechseln sich mit Schneesturm und Sonnenschein ab.
Während unserer Fahrt in Richtung Saudarkrokur im Norden begegnen uns kaum Autos. Die heimischen Schafe und die robusten Islandpferde, die mit den Wikingern im neunten Jahrhundert hierher kamen, scheinen Wind und Wetter zu trotzen. Doch offensichtlich geht von dieser Insel mit ihrer Kultur und ihren Mythen eine Faszination aus, der nicht wenige erliegen.
Wir besuchen Hlin, eigentlich Christina aus Deutschland, die hier seit 20 Jahren lebt. Inzwischen hat sie die isländische Staatsbürgerschaft und eine Familie mit den Kindern Anna und Wicki. Alles fing mit der Begeisterung als Teenager für die charakterstarken Islandpferde an. Typisch isländische Gastfreundschaft: Für den Besuch Pfannkuchen zur Stärkung.
"Das ist einfach diese Selbstverwirklichung, die man in Island erreichen kann, die mich reizt. Und man kann seine Träume leben und dafür ist man natürlich auch bereit, mehr zu arbeiten. Und es ist natürlich hier auch viel leichter, Pferde zu halten und viel natürlicher Pferde zu halten. Es ist zwar viel Arbeit, aber es macht ja auch Spaß."
Hlin
Ein Standbein der Familie ist der Tourismus: Hlins isländischer Mann Sven, auch Pferdeexperte, unterstützt sie dabei, wo er nur kann. Doch jetzt im Winter kommen kaum Gäste: Im Sommer sind es vor allem deutsche Touristen, die hier bei Hlin, der erfahrenen Reitlehrerin und Ausbilderin, Urlaub auf dem Rücken der Pferde machen. Und auch Tochter Anna ist das Reiten schon in die Wiege gelegt worden. Austritt bei einem Islandhoch – das lassen sich Mutter und Tochter nicht entgehen.
Im Winter arbeitet Hlin vor allem in der Fachhochschule Holar, wo sie Reitlehrer ausbildet. So wie sie vor vielen Jahren hierher zur Ausbildung in Pferdekunde kam, trifft sie heute auch viele junge Frauen, die wie die deutsche Hannifeh hoch zu Ross und inzwischen auch fit in Isländisch, ihren Bachelorabschluss machen und vielleicht auch in Island hängenbleiben werden.
Wer die Insel besucht, kommt weder an Islandpferden vorbei noch an Geschichten über Elfen und Trolle, der sogenannten verborgenen Welt.
"Ich glaube, es ist wirklich schwierig einen Isländer zu finden, der sagt: 'Ne, an Elfen glaube ich nicht.'"
Hlin
Einfaches Leben, das Arrangement mit Wind, Wetter, Kälte und langer Dunkelheit in den Wintermonaten – da hat das Geschichtenerzählen Tradition. Karólina aus Deutschland, gelernte Diplom-Ingenieurin, hat sich ganz bewusst für die Einsamkeit Islands entschieden. Seit 2010 hat sie ihr eigenes Häuschen mit Landbesitz, Schafen und Pferden inmitten der Berge.
"In bin jemand, der sehr sehr eng mit der Natur verbunden ist. Es ist für mich wichtig, in der Natur, mit der Natur zu leben. Und wenn ich das erreicht habe oder wenn ich das kann, dann bin ich glücklich."
Karolina
Bei ihrem Freund und Schafbauern Sigursteinn kauft sie manchmal noch weitere beste isländische Schafwolle hinzu, die Karolina in Deutschland vermarktet. Und hier im Schafstall sollen sich nicht nur die Tiere aufhalten, lässt uns der in der Region sehr bekannte und respektierte Bauer wissen. Dann erzählt Bauer Sigursteinn Karolina seine Begegnung mit der verborgenen Welt:
"Genau an der Stelle, wo dieser alte Torfstall war, also nämlich genau hier vorne in der Mitte, da sah man auf einmal einen Mann. Und zwar kam er rein, hier durch die Tür und ging dann dort in den Bereich, wo der alte Stall war, und verschwand. Und er war nicht der einzige, der diesen Mann gesehen hat, sondern es haben ihn viele gesehen. Und auch die Schafe, die verhielten sich auch so; die wichen immer genau in diese Richtung aus, so dass das alles ganz realistisch war. Dieser Mann ist irgendwie hier, sagt er, und auch bis heute ist er hier, das ist seine Überzeugung."
Karolina übersetzt Bauer Sigursteinn
Wir erfahren bei unserer Reise, dass auch der Volksglaube an Wesen aus einer verborgenen Welt offensichtlich gesellschaftlich akzeptiert wird. Und spätestens dann, wenn der Schnee die Berge verzuckert, fühlt sich jeder hier wie in einem Wintermärchen.