Island Unbekanntes Taucherparadies
Es ist nicht gerade das klassische Ziel für Taucher und doch gibt es hier in Island einige der letzten Unterwassergeheimnisse Europas zu entdecken.
Das tiefe, schier endlos erscheinende Blau und die Klarheit des Wassers stellt alles Bekannte in den Schatten. Wir sind gespannt, denn Tobias Klose hat uns nicht weniger als das klarste Gewässer der Welt versprochen.
Über das genaue Ziel unserer gemeinsamen Tour lässt Tobias uns allerdings im Unklaren. Wir erfahren nur, dass es eine lange Fahrt in die Berge wird:
"Es geht zu einem ganz besonderen Tauchplatz, den bisher erst eine Handvoll Menschen betaucht haben und den wir auch erst vor gar nicht langer Zeit entdeckt haben - was ganz Besonderes."
Tobias Klose
Das isländische Hochland ist eine fremdartige, fast vegetationslose und menschenleere Welt. Kaum vorstellbar, dass sich gerade hier ein Juwel für Taucher verstecken soll. Der Ausflug ins Hochland ist für normale Fahrzeuge verboten. Zu groß ist die Gefahr, dass man hier liegenbleibt.
"Das isländische Hochland ist für mich einer der absoluten Lieblingsplätze. Man kann hier im Prinzip nur zwei bis drei Monate im Jahr überhaupt hin. Es kommt einem vor, als wenn man irgendwo auf dem Mond oder auf dem Mars ist – also, man muss schon ein vernünftiges Geländefahrzeug haben, das Allrad hat und auch einen höheren Radstand. Man muss ja auch Flüsse durchqueren und das passiert halt immer schon mal wieder, dass Touristen hier mit einem PKW reinkommen, mit einem Leihwagen und dann der isländische Rettungsdienst die dann hier rausziehen muss. Das wird gar nicht so gerne gesehen."
Tobias Klose
Die Anreise wird zum Abenteuer: Unsere Fahrt führt vorbei am Eyjafjallajökull, dem feuerspeienden Berg, der vor sieben Jahren Europas Flugverkehr lahmgelegt hat. Inzwischen hat sich Vulkan wieder beruhigt.
Etliche Bergrücken und Flussdurchquerungen später erreichen wir ein Plateau. Das Ziel der Fahrt ist erreicht. Mit 30 Kilogramm Tauchausrüstung zu Fuß durch das isländische Hochland – ein skurriles Unterfangen, aber ohne Alternative.
Was wir dann nach strapaziösem Anmarsch zu sehen bekommen, ist der Mühe wert: Ein Bergsee in Form einer Träne. Ein See, der weder im Reiseführer noch im Internet zu finden ist, und so klar wie eine Flasche Mineralwasser. Die "Träne Odins" haben Tobias und seine Kollegen diesen Tauchplatz getauft – nach dem Gott der nordischen Mythologie: Der ließ nach dem Tod seines geliebten Sohnes Baldur eine Träne auf die Erde fallen, in der sich all das Schöne, das Sanfte und das Gute vereinen sollte. Und zwar an einem versteckten Platz, den niemand finden soll.
Wir sinken hinab und entdecken am Grund des Sees in 20 Metern Tiefe einen engen Spalt, der weiter nach unten führt. Wie weit und wohin? Wir wissen es nicht.
Das Wasser des zwei Grad kalten Bergsees entspringt einem höher gelegenen Gletscher. Beim Weg bis in den See ist es durch vulkanisches Gestein wie Bims und Tuffstein immer wieder gefiltert worden. Das Ergebnis: Wir können im See von einem Ende bis zum anderen schauen – 120 Meter!
"Du kannst wirklich bei dem Tauchgang den Regler aus dem Mund nehmen und ein, zwei Schlucke trinken. Aber ich muss dich warnen: Das ist ein Jungbrunnen, also das ist wirklich das Lebenselixier, die Träne Odins. Wenn du das Wasser tatsächlich trinken willst, dann wirst du nicht mehr älter. Das kannst du dir gerne von mir mit meinen 245 Jahren mal sagen lassen."
Tobias Klose
Die Träne Odins – ein Tauchplatz, der geheim bleiben soll und sich deshalb hoffentlich nicht so schnell verändern wird. Und weil wir alle von dem Wasser getrunken haben, verabreden wir uns dort mit Tobias noch einmal – irgendwann im Verlauf der nächsten 300 Jahre.