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Italien Zwischen Integration und Ausgrenzung

In der Großen Moschee kümmert sich Abdellah Redouane um den interkulturellen Dialog zwischen dem Islam und dem katholischen Italien. In diesen politisch unruhigen Zeiten sind für ihn Besuche wie der des Innenministers wichtiger denn je.

Von: Katja Rieth

Stand: 25.03.2018 | Archiv

Gläubige in der Großen Moschee | Bild: BR

"Wenn staatliche Vertreter zur Großen Moschee kommen, ist das für uns immer eine gute Gelegenheit, über den Islam in Italien, die Zukunft der Muslime, aber auch über die Zukunft Italiens zu reden."

Abdellah Redouane, Islamisches Kulturzentrum Rom

Abdellah Redouane

Der Marokkaner arbeitet seit 20 Jahren hier, als Generalsekretär ist er eine Art religiöser Manager. Treffen wie diese zu organisieren, das gehört zu seinem Job. Natürlich ist die Angst vor islamistischem Terror hier ein Thema, aber auch die Gemeinsamkeiten von islamischer und italienischer Kultur. Abdellah Redouane erinnert sich daran, wie es war, sich in seiner neuen Heimat Rom einzuleben:

"Als ich 1998 nach Rom kam, gab es noch nicht diese Front gegen Migranten und den Islam. Für mich und meine Familie war es viel einfacher, mich in die europäische Gesellschaft einzugliedern. Heute ist das viel schwerer."

Abdellah Redouane, Islamisches Kulturzentrum Rom

Dass der Islam in Italien einen festen Platz hat, dafür setzt sich Abdellah Redouane ein. Einen großen Erfolg gab es für ihn im letzten Jahr, als die Regierung mit zehn islamischen Organisationen einen Pakt für einen italienischen Islam geschlossen hat. Mit der Unterschrift haben sich alle zur italienischen Verfassung und demokratischen Werten bekannt, Werte wie Religionsfreiheit.

Wie jeden Freitag, geht Redouane zum Gebet in die Moschee:

"Ich denke, dass die Große Moschee ein idealer Ort fürs Gebet ist. Das islamische Kulturzentrum ist offiziell vom italienischen Staat anerkannt. Wir haben keine Schwierigkeiten mit den Behörden oder den Gesetzesauflagen, wie sie bei kleineren Gebetszentren oft vorkommen."

Abdellah Redouane

Luca Mercuri

Die Große Moschee ist für die Muslime in Rom ein zentraler Anlaufpunkt. Dennoch gibt es Dutzende kleinere Moscheen, quer über die Stadt verteilt, wie diese hier in der Bahnhofsgegend. Viele haben Probleme. Man zeigt uns das Pappschild, mit dem die Polizei diese Moschee vorübergehend dicht gemacht hatte – nicht nur wegen baurechtlicher Probleme:

"Seit die Moschee 2007 eröffnet wurde, hat es immer wieder Schwierigkeiten gegeben mit rechtsgesinnten Nachbarn und erzkonservativen Katholiken."

Luca Mercuri, Muslim

Luca erzählt uns auch, dass er bis vor 12 Jahren selbst Katholik war, dann faszinierte ihn die Lehre des Islam, er konvertierte und wurde Muslim:

"Ein Muslim wird heute sofort entweder als Terrorist oder Taliban eingestuft, also als Extremist, der gegen die Gesellschaft kämpft. Das hilft nicht bei der Inklusion, wir fühlen uns so als Fremde im eigenen Land."

Luca Mercuri

Um den interkulturellen Dialog zu verbessern, bietet Abdellah Redouane im Zentrum auch Sprachkurse an. Bei Arabischschülern erkundigt er sich nach ihren Problemen: Die Aussprache, die Grammatik, das fällt nicht nur diesem Mann schwer. Eine Mühe, die sich jedoch lohne, findet Redouane:

"Eine Sprache zu lernen ist, als ob man eine Tür öffnet: ohne die Sprache gibt es keinen Eintritt in die Kultur."

Abdellah Redouane

Dass man seine muslimische Kultur auf Abstand halten will, wie es die fremdenfeindliche Lega propagiert, ist für Redouane nicht nachvollziehbar. Die Lega hat mit ihrer Abschottungspolitik bei den Wahlen punkten können. Mit Sätzen wie dem, dass der Islam weder mit den italienischen Werten noch mit der Verfassung vereinbar sei:

"Das ist die andere Seite Italiens. So etwas schafft nur soziale Konflikte, hier gibt es keine Gedanken an Integration, kein Projekt, dem Gemeinschaft wichtiger wäre als ideologische Hetze."

Abdellah Redouane

Werden sich der Islam und der Staat Italien weiterhin einander annähern? Redouane weiß, dass viel davon abhängt, wer Italien in Zukunft regieren wird.


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