Italien Kampf gegen Müll und Drogenhandel
Rom ist keine Stadt, sondern eine Welt. So jedenfalls beschrieb Johann Wolfgang von Goethe die Ewige Stadt.
Sie zählt insgesamt gut vier Millionen Einwohner plus mehrere Millionen Touristen, die es alljährlich in die Hauptstadt Italiens zieht. Alle Wege führen nach Rom, heißt es.
Unterwegs auf diesen Straßen kann lebensgefährlich sein. Das Müllproblem: vielerorts – ein Ekelfaktor. Roms Verwaltung? Kämpft mit Mafia und versinkt im Korruptionssumpf. Und das Stadtbild? Verwahrlost. Muss das sein?
Mitten im Zentrum: die Piazza Vittorio – ein Problemkiez. Hier hat Gianluca Giordano mit Freunden im November ein Café eröffnet. Er lebt auch in diesem Viertel und wollte nicht weiter mitansehen, wie es verkommt. Das "Gatsby" soll ein Ort des Verweilens sein. Sie haben es aus einem altehrwürdigen Hutgeschäft gezaubert. Die Nachbarn sind begeistert.
"Wir wurden herzlich mit offenen Armen empfangen. Man hat uns viele Komplimente gemacht. Leute, die zu Tränen gerührt waren, vor allem ältere Menschen. Sie haben sich an frühere Zeiten erinnert, sind durch uns wieder aufgeblüht. Das hat uns viel Kraft gegeben, für uns ist das sehr wichtig."
Gianluca Giordano, Teilhaber Café Gatsby
Nach dem normalen Job: Schicht im Café. Das Gatsby ist sein "Hobby", ziemlich zeitintensiv. Markenzeichen: Man trägt hier weiterhin Hut! Ein Grund, warum sie den Zuschlag vom Besitzer bekommen haben, nicht Inder oder Chinesen, die viel mehr für das Geschäft geboten haben.
Doch nur mit dem Café werden die Probleme des Viertels nicht gelöst. Piazza Vittorio – momentan öffentliche Toilette für Obdachlose und Drogenumschlagplatz. Die Kommune tut dagegen nichts. Deshalb kamen die Anwohner auf die Idee einen Verein zu gründen, der den ganzen Platz wiederbeleben soll. Gianluca ist begeistert: Junge Unternehmer und Traditionsgeschäfte, wie der Eismacher Fassi machen sofort mit. Gründungssitzung des Vereins zwischen Schoko und Vanilleeis:
"Ich bin sehr traurig – für Rom. So schlimm wie jetzt hat noch kein Römer die Stadt je gesehen. Sie ist ziemlich heruntergekommen."
Simone Braghetta, Feinkostladen Panella
"Die italienischen Behörden sind ziemlich langsam, sie verändern sich nicht im gleichen Tempo, wie die Welt sich verändert. Dadurch entstehen Missstände und Probleme."
Gianluca Giordano
"Die Römer respektieren die Stadt nicht, wenn sie beispielsweise Müll auf die Straße werfen. Das regt mich auf! Wir können alles besser machen – von beiden Seiten: Bürger und Behörden."
Andrea Fassi, Eismacher Fassi
Das Ziel: Der Kommune Beine machen und gemeinsam mit ihr Veranstaltungen für die Bürger organisieren, die Geschäfte beteiligen und vieles mehr.
Kriminalität, Dreck, Drogen – derzeit die Probleme rund um die Piazza Vittorio. Doch einige Kilometer weiter, am Stadtrand Roms, ist es noch viel schlimmer. Hier regiert die Mafia. Doch an dieser Schule halten sie dagegen. Der Anti-Mafia Verein "Da sud" entwickelt hier eine Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche. Danilo Chirico baut unter anderem die Bibliothek wieder auf, die ewig geschlossen war. Prävention ist für ihn ganz wichtig.
"Eins der größten Probleme Roms ist die organisierte Kriminalität. Hier gibt es alle Spielarten von Mafia, sagt uns die Justiz. Aber es kümmert sich keiner."
Danilo Chirico Da sud
Vorbilder des Vereins "Da sud": Paolo Borsellino und Giovanni Falcone. Beide verloren vor 25 Jahren den Kampf gegen die Mafia, wurden von ihr hingerichtet. Aber die Aktivisten von "Da sud" sind überzeugt: gemeinsam können sie der organisierten Kriminalität die Stirn bieten.
"Wir wollen ein wichtiges Zentrum der Stadt werden, ein Ort, an dem schöne Dinge geschehen und nichts Kriminelles. Ihr seid der Beweis dafür, dass hier schöne Dinge wachsen können."
Danilo Chirico, Da sud
Die Jugendlichen haben verstanden. Doch sind sie überzeugt?
"Mir wurde klar: Die Mafia ist keine geschlossene Gruppe, sondern überall. Alle müssen Verantwortung übernehmen."
Gabriele
"Das ist eine wichtige Sache. Dafür müssen wir uns in den nächsten Jahren stark machen."
Christin
Danilo will mit dem Verein für die Jugendlichen da sein, gerade in schwierigen Zeiten, wenn sie zweifeln oder in Versuchung geraten.
Auf der Piazza Vittorio ist Gianluca mit Valentina Cocco verabredet. Die Kommune hat auf die ersten Anregungen des Vereins reagiert. Die Architektin zeigt ihm einen ersten Plan, um den Platz aufzuwerten: mehr Grünflächen, weniger dunkle Zonen, vielleicht mit einem Café mitten auf der Piazza.
"Auch die Gemeinschaft muss sich für einen solchen Platz verantwortlich fühlen, Regeln respektieren. Aber zu allererst muss die Verwaltung ihre Arbeit machen. Es ist offensichtlich, dass die Stadt hier nachlässig war. Es gab weder Geld für Projekte, noch hat man die Probleme ernst genommen."
Valentina Cocco, Architektin Roma Capitale
"Wir möchten ein Katalysator für die vielen verschiedenen Nationen im Viertel werden. Wir wollen versuchen der Verwaltung zu helfen, wenn die endlich begreift: 'Wir, die Bürger, wollen helfen. Macht uns das Leben nicht schwer mit Bürokratie und zig Genehmigungen.' Dann gestalten wir den Platz lebenswert."
Gianluca Giordano