Schweiz Große Kühe – kleine Kühe
Kuh Caramel ist der ganze Stolz von Landwirt Mathias Roth: eine seiner besten Milchkühe. Doch mit ihr und all den anderen Tieren hat er ein Problem.
"Das ist Kuh Caramel, spezielle Kreuzung, 1,60 Meter."
Mathias Roth, Landwirt
Mathias Roth
Ein Meter 60: Mathias Roth aus dem Thurgau zeigt uns, was daran das Problem ist. Den Stall hat sein Vater vor 30 Jahren gebaut. Damals waren die Kühe noch viel kleiner:
"Dieser Stall ist mittlerweile 30-jährig. Die Boxen sind immer gleichgeblieben und die Kühe sind größer geworden. Und damit haben sie im Verhältnis zu ihrer Größe weniger Platz zum Liegen und dann sehen wir hier blanke Stellen, dass die Kühe hier anstoßen und ripschen und in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind."
Mathias Roth, Landwirt
Seit den 1960ern wurden die Kühe auf mehr Milchleistung gezüchtet – möglichst ergiebige Euter. Die Kühe wurden immer größer.
Der Platzmangel hat Folgen: die Kühe bleiben in den engen Boxen nicht lange liegen – fatal für die großen und schweren Kühe, denn die Gelenke und Klauen werden zu stark belastet.
Eigentlich müsste Mathias Roth deshalb mehr Platz im Stall schaffen:
"Mir fehlt der Mut, da für 1,5 Millionen einen neuen Stall zu bauen."
Mathias Roth, Landwirt
Stattdessen will er kleinere Kühe züchten: "Ich würde dir gerne mal unsere Herde zeigen und wäre froh wenn du mir in paar Tipps geben könntest."
Markus Schwarzenberger von der Interessengemeinschaft "Neue Schweizer Kuh" berät ihn bei seinen Zuchtplänen:
"Betriebe, die Probleme mit der Größe haben wie Mathias Roth, müssen jetzt wirklich schauen, dass sie Stiere einsetzen, die mittelgroß oder kleiner vererben."
Michael Schwarzenberger, Landwirtschaftliches Beratungszentrum Arenenberg
Die neue Schweizer Kuh soll nicht nur kleiner, sondern auch effizienter sein.
"Das Ziel ist ja nicht die maximale Milchleistung, sondern eine effiziente Milchleistung im Einklang mit gesunden Kühen, also wenig Tierarztkosten."
Michael Schwarzenberger, Landwirtschaftliches Beratungszentrum Arenenberg
Große Kuh? Kleine Kuh? Viehhändler Hans Bösch zeigt uns den Unterschied, denn für Laien ist der nur schwer zu erkennen:
"Amandas Kopf ist unter dem Knöchel und bei der neuen Kuh sieht sie über die Kuh."
Hans Bösch, Betriebsleiter Vianco
Ein kleiner Unterschied mit großer Wirkung:
"Das ist extrem wichtig. Die sind einfach gesünder, die Beine halten länger, die Füße, das ist alles einfach etwas perfekter."
Hans Bösch, Betriebsleiter Vianco
Auf den ersten Blick: erstaunlich.
Andreas Elliker
Auf dieser Weide stehen sie bereits, die neuen Schweizer Kühe, gezüchtet von Andreas Elliker aus Frauenfeld. Er hat einen Bio-Bauernhof. Seine Kühe sind genügsam, ideale Weidetiere, nicht größer als 1,45 Meter. Auch wenn sie weniger Milch geben, lohnt es sich für ihn, denn er spart sich Tierarztkosten und teures Kraftfutter:
"Kleinere Kühe sind wirtschaftlicher aus meiner Sicht, sie sind gesünder und brauchen weniger Futter und sie geben mir mehr Freiraum im Leben."
Andreas Elliker, Bio-Landwirt
Heinz Meier
Von der neuen Schweizer Kuh hält Züchter Heinz Meier gar nichts. Er setzt auf große Hochleistungskühe. Diese hier wird gerade für eine Auktion hübsch gemacht, ein noch junges Tier mit viel Potential.
"Sie hat einen super Euter, die Zitzenstellung ist perfekt, sie geht super gut mit einem Roboterbetrieb zum Melken mit dem automatischen Melksystem."
Heinz Meier, Landwirt und Züchter
Heinz Meier sucht die Tiere für seine nächste Auktion aus.
Auch Kuh Fanny wird versteigert: mit 1 Meter 65 rund 20 Zentimeter größer als die Kühe vom Biobauernhof. Sie gibt auch etwa ein Drittel mehr Milch. Die neue Schweizer Kuh wäre für ihn nichts:
"Die gesunde Kuh ist nicht von der Größe abhängig. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass jeder Landwirt die Kuh wählen sollte, die zu seinem Stall passt. Für die einen sind das die kleinen Kühe, für die anderen sind das die Größeren. Aber ich persönlich habe nicht das Gefühl, dass wir nicht eine neue Erfindung machen müssen."
Heinz Meier, Landwirt und Züchter
Die Zukunft gehört aber wohl eher den zarteren Kühen. Denn die Weidehaltung ist in der Schweiz wirtschaftlicher als die Stallhaltung, so eine Studie.
Landwirt Roth hat sich für die neue Schweizer Kuh entschieden. Allerdings wird es wohl ein paar Jahre dauern, bis alle Kühe in seinem Stall wieder bequem Platz haben.