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Frankreich 70 Jahre Landung in der Normandie

Wenn Obama, Putin, Merkel und all die anderen nach Ouistreham kommen, herrscht höchste Sicherheitsstufe. Aber auch Leon Gautier wird an diesem Tag unter Polizeischutz stehen.

Von: Ellis Fröder

Stand: 01.06.2014 | Archiv

Historisches Foto der Landung in der Normandie | Bild: BR

Der Dorfgendarm wird ihn am 6. Juni betreuen, ihn persönlich zur großen Feier mit den über 1000 Gästen und Staatsoberhäuptern bringen.

"Wenn ihr mich abholen kommt, bräuchte ich ein zweites Auto. Es kommt ja auch noch mein alter Veteranenfreund. Der muss ja auch gefahren werden."

Leon Gautier

Leon Gautier

In diesen Tagen ist Leon Gautier ein gefragter Mann. Der 91-Jährige kann von sich sagen: "Ich war dabei, als Frankreich befreit wurde. Ich habe mitgewirkt."

Gerade mal 21 Jahre alt war er, als zusammen mit den Briten auf einem Boot von England aus in der Normandie landete.

"Ich war ganz einfach ein Patriot. Wir hatten die Deutschen ja schon seit dem Ersten Weltkrieg nicht gerade in unseren Herzen getragen. Und dann auch noch Hitler mit den Konzentrationslagern. Da musste ich einfach handeln."

Leon Gautier

"Das sind meine Kameraden, die, die am Ende des Krieges übriggeblieben sind. Wir waren ursprünglich 177 – danach nur noch etwa 20. Wir haben sehr gelitten."

Leon Gautier

So hat es ausgesehen, als Leon Gautier vom Wasser aus wieder in seine Heimat kam.

"Wir sind ja kaum nass geworden, mir ging das Wasser nur bis hierher. Unser Boot war gut. Und wir sind an einer guten Stelle angekommen."

Leon Gautier

In England hatte er sich im Alter von 17 Jahren den freien französischen Truppen unter General de Gaulle angeschlossen.

Am 6. Juni 1944 begann mit 3100 Landungsbooten, 1200 Kriegsschiffen und 7500 Flugzeugen die Befreiung der Normandie – es war der Beginn vom Ende des Zweiten Weltkriegs. Leon Gautier war einer der 150.000 Soldaten, die am D-Day dabei waren.

"Wir sind um 7.23 Uhr gelandet. Wir waren die, die am östlichsten von Sword Beach waren. Andere kamen von Westen. Letztlich hat sich für uns herausgestellt, dass das besser gewesen ist, die ersten bei der Landung zu sein. Also: Wir nehmen den ersten Bunker problemlos ein. Wir hatten sehr strikte Befehle: so schnell wie möglich direkt auf den Bunker zulaufen, denn, je näher man an die Schießscharte des Bunkers kommt, desto enger wird das Schießspektrum."

Leon Gautier

Wenn man den Strand in diesen Tagen sieht, die großen Zelte, die inzwischen aufgebaut sind, kann man ahnen, wie groß die Gedenkfeiern sein werden. 18 Staatschefs, 7000 geladene Gäste, 1000 Veteranen. Und so mancher Bewohner von Ouistreham wundert sich über den Aufwand.

"Was das wohl alles kostet? Diese ganzen Aufbauten! Ab dem 4. Juni ist hier alles voll, alles ist ausgebucht."

Ein Bewohner

Das Städtchen lebt heute hauptsächlich vom Tourismus – viele Veteranen und ihre Angehörigen besuchen den Ort. Erinnern und Gedenken – in Ouistreham ist die Geschichte überall zu spüren, auch wenn das Gedenken an den D-Day schon mal eigenwillige Formen annimmt.

Leon Gautier ist am nächsten Freitag zum großen Staatsdiner geladen, zusammen mit Putin, Obama, Hollande und all den anderen. Doch hingehen will er nicht.

"Nein wirklich, ich bin 91 Jahre alt und am Tisch nicht mehr so geschickt. Ich lass da womöglich meine Gabel fallen. Ich geh da nicht hin, obwohl ich eingeladen bin. Ich bleib lieber bei meiner Familie."

Leon Gautier

Sie haben keine Einladung zum Staatsdiner oder zum Besuch der Feierlichkeiten – die Bewohner von Ouistreham wollen den Tag auf ihre Weise würdigen.

"Das sind die kleinen Hütchen, die man damals getragen hat. Das ist so schick. Unsere Verkäuferinnen werden am 6. Juni damit zur Arbeit kommen."

Eine Verkäuferin

Der Bäckerladen sieht jetzt schon aus wie ein Souvenirgeschäft. Der Zahl 70 entkommt man in der Normandie zurzeit nicht.

Auch Leon Gautier wird täglich an den großen Jahrestag erinnert. Seit er kürzlich im französischen Fernsehen zu sehen war, bekommt der Held von damals häufiger Fanpost.

"Ich habe die Nazis gehasst, nicht die Deutschen." sagt er. Er habe sogar deutsche Freunde.

"Wir sind ja keine Feinde mehr. Der Krieg ist vorbei und wir werden keinen neuen anfangen. Wissen sie, Frieden ist etwas Schönes, etwas Wunderbares. Krieg ist schrecklich, blankes Elend."

Leon Gautier

Der 91-Jährige blickt stolz und heiter auf sein Leben zurück – er hat mitgeholfen sein Land zu befreien. Für ihn war das eine Selbstverständlichkeit.


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