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Italien Dorf zu verkaufen

Im Örtchen Fighine in der Toskana hat der Südafrikaner Max Ulfane allen Grund, Stolz zu sein: Er besitzt nicht nur ein eigenes Haus, nein, sondern das ganze Dorf – mitsamt einer Burg. Vor 18 Jahren hat er den Ort entdeckt.

Von: Nils Kopp

Stand: 05.10.2014 | Archiv

Fighine: Ein Kastell und Häuser auf einem Hügel | Bild: BR

"Es war eine schlafende Schönheit. Die Burg war bedeckt mit Efeu aber man konnte sehen, wie schön sie war und was man hieraus machen könnte."

Max Ulfane, Millionär aus Südafrika

Max Ulfane

Das Dorf Fighine war verfallen, die Gemäuer überwuchert, die Häuser hatten fast alle keine Dächer mehr, nur eine Familie lebte hier noch. Dann ließ Max Ulfane alles renovieren. Die Wildnis verschwand und es entstand ein Park. Die Dächer erhielten wieder Ziegel, die Steine der zerfallenen Mauern wurden wieder zusammengesetzt, so dass heute alle Häuser wieder bewohnbar sind.

"Wir haben damals nach einem Ort mit Geschichte gesucht. In Fighine fanden wir ihn, hier steckt die ganze Geschichte von Italien drin, seit dem elften Jahrhundert."

Max Ulfane, Millionär aus Südafrika

Was der Wunsch nach Geschichte Max Ulfane gekostet hat, will er nicht verraten. Angeblich soll er aber knapp 800.000 Euro für den Kauf der Ruinen gezahlt haben, die Renovierung nicht eingerechnet. Peanuts für einen Mann, der seine Millionen in der Finanzbranche verdient hat.

Einem verlassenen Dorf wieder Leben einzuhauchen – dazu brauchte Ulfane die Hilfe der Einheimischen. Und die freuten sich über Arbeit, wie zum Beispiel der Baumeister Carlo Baglioni, sein Familienbetrieb restauriert immer wieder alte Gebäude. Er kennt die Toskana-typische Bauweise nur zu gut.

"Das ist ganz natürlicher Mörtel mit heimischer Erde, Wasser und Leim. Zement haben wir gar nicht gebraucht."

Carlo Baglioni, Bauunternehmer aus der Toskana

Fachleute aus dem Ausland seien dafür denkbar ungeeignet, meint er.

"Für eine solche Arbeit braucht man gute Facharbeiter, die ihre Arbeit lieben, die die Region lieben und die von ihren Vorfahren die hier üblichen Techniken erlernen konnten. Nur so kann ein Ort im originalgetreuen Aussehen wieder hergerichtet werden."

Carlo Baglioni

Was mit einem Dorf geschieht, wenn kein wohlhabender Ausländer sich darein verliebt, wissen der Bürgermeister Marco Gherardini aus Palaia in der Toskana und sein Mitarbeiter nur zu gut. Der Ortsteil Toiano existiert auch schon seit dem Mittelalter, gelegen auf dem Gipfel eines Hügels. Hier lebt niemand mehr. Und die, die hier noch ein Haus besitzen, wollen es verkaufen. Ein Haus kostet gut 100.000 Euro, die Renovierung würde dann aber noch mal gut 400.000 Euro kosten: ein Kauf wäre eine Investition ins Ungewisse.

"Toiano wurde schon seit den 60er Jahren verlassen, als sich in den Nachbarstädten die Industrien ansiedelten. Einer der größten Arbeitgeber war die Piaggo-Fabrik, die die Vespa baute – das Symbol fürs italienische Dolce Vita. Und so zogen viele Familien weg aus Toiano."

Marco Gherardini, Bürgermeister von Palaia, Toskana

Ado Franchini

Dass Toiano nicht aufgegeben wird, dafür kämpft auch Ado Franchini, er ist Professor für Architektur und besitzt selbst dort ein Haus. Verlassene Dörfer gibt es in ganz Italien. Franchini will sie erhalten, weil damit auch ein Stück Heimatkultur verbunden ist. Doch allzu oft drohen Renovierungsarbeiten an der italienischen Bürokratie zu scheitern.

"Auch wenn man ein tolles Bauprojekt vorhat, muss es in Italien erst von fünf Institutionen genehmigt werden: da gibt’s den Denkmalschutz, den Bezirk, den Landkreis, die Gemeinde, die Umweltbehörde – die alle müssen die Pläne erst mal überprüfen. Und dafür braucht man viel Zeit - und viel Geduld."

Prof. Ado Franchini, Architekt und Städtebauexperte

In Castelfalfi, unweit von Toiano, wurde die Bausubstanz bereits gerettet, weil ein deutsches Reiseunternehmen glaubte, hier ein völlig neues Geschäftsmodell entdeckt zu haben: Vor sieben Jahren hat es hier ein verlassenes Dorf für 250 Millionen Euro fast komplett aufgekauft und umgestaltet zur Ferienanlage: Eine Luxussanierung für eine Luxusklientel, inklusive Nobel-Hotel, diversen Golfplätzen, und einem üppigen Schwimmbad. Doch es hat gedauert, bis der Luxus auch Käufer fand, drei Wohnungen stehen immer noch leer. So zum Beispiel 80 Quadratmeter für 350.000 Euro – inklusive Terrassenblick auf eine der schönsten Szenerien der Toskana.

"Castelfalfi ist sein sehr schönes und ein sehr hochwertiges Projekt und sehr interessant als Investment. Als wir hier hergekommen sind gab es genau zwei Einwohner hier, wir haben ein 800 Jahre altes Dorf hier vorgefunden, das fast ausschließlich aus Ruinen bestand. Die Hausbesitzer, die hier sind, sind Kanadier, Belgier, Deutsche, Italiener, Engländer. Also im Moment wird viel aus Übersee und von europäischen Investoren gerade auch in Italien hier investiert in Ferienimmobilien, der Markt ist durchaus da."

Kuzey Alexander Esener, Konzernsprecher TUI AG

Dörfer im Angebot – weil sie ein lukratives Investment sind? Auch in Fighine erzielt der Südafrikaner Max Ulfane Einnahmen, wenn Touristen hierher kommen und sich in seine Häuser einmieten. Doch um die paar Euro, sagt er, ginge es ihm hier überhaupt nicht.

"Da gibt’s kein Gewinninteresse, nein, Spaß und Werterhalt – darum geht es."

Max Ulfane

In Italien gibt es viele verlassene Dörfer mit einem solchen Geschichtswert. Max Ulfane hatte das Glück, eines von diesen Dörfern auch zu finden und über die nötigen Millionen zu verfügen. Und dieses Glück ist bei einer solchen Unternehmung auch nötig.


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