Norwegen Polarfüchse in der Hardanger Vidda
Die "Hardangervidda" – 8000 Quadratkilometer Felsen, Eis und Schnee. Eine Eiswüste halb so groß wie Schleswig-Holstein.
Nur perfekt angepasste Tiere können bei Temperaturen von bis zu 40 Grad unter Null überleben.
Zu diesen Tieren gehört der Polarfuchs – ein echter Überlebenskünstler. Doch obwohl die Tiere seit mehr als 80 Jahren unter Schutz stehen, sind sie in der Hardangervidda vom Aussterben bedroht.
Diese lebensfeindliche Region ist der Arbeitsplatz von Petter Braaten. Petter ist Nationalpark-Ranger der größten staatlichen norwegischen Umweltbehörde "Staatens Nature Oppsyn". Im Auftrag der Regierung kümmert er sich seit fünf Jahren intensiv um die Polarfüchse in der Hardangervidda.
Heute sollen einige Futterstationen kontrolliert und mit Nahrung aufgefüllt werden.
Gut 1000 Kilometer ist Petter Braaten jedes Jahr von Finse aus mit seinem Schneemobil unterwegs.
Um die Polarfüchse ist es schlecht bestellt: Die Gesamtanzahl aller skandinavischen Tiere – gerade einmal 200. Bis 1930 hat man aus ihnen noch Jacken und Mäntel gemacht. Für die Bergbauern war die Jagd ein guter Nebenverdienst – bis der letzte Polarfuchs verschwunden war.
Erst im Jahr 2010 hat die norwegische Regierung ein Rettungs- und Auswilderungsprogramm gestartet. Seitdem sind 72 in Gefangenschaft aufgezogene Polarfüchse in die Freiheit entlassen worden, haben ein paar alte Fuchsbauten bezogen und erste kleine Familien gegründet.
Nach einer dreiviertel Stunde Fahrzeit ist die erste Futterstation erreicht.
"Es ist sogar noch etwas übrig. Schau mal hier – das ist normales Hundefutter. Und das ergänzen wir durch Tiere, die auf der Straße von Autos überfahren wurden. Das entspricht mehr der natürlichen Nahrung dieser Tiere."
Petter Braaten
Erst wenn sich ein kleiner aber stabiler Fuchsbestand gebildet hat, will Petter das zusätzliche Füttern immer weiter reduzieren, bis die Tiere sich die Nahrung alleine suchen können.
"Wenn man mit diesen kleinen Tieren zusammenkommt und arbeitet, wachsen die einem richtig ans Herz. Wir kommen her und geben ihnen zu Essen und es ist eine tolle Erfahrung. Ich mag die Tiere sehr."
Petter Braaten
35 solcher Futterstationen muss Petter regelmäßig kontrollieren. Die Nahrungsdepots haben aber auch eine andere Funktion. Jede Station ist zusätzlich mit einer ferngesteuerten Kamera mit Bewegungsmelder ausgestattet.
"Mit der Kamera können wir genau sehen, wie viele Tiere jeden Tag die Station besuchen. Das ist eigentlich eine ganz normale Kamera. Hier steckt eine kleine Speicherkarte, die wir einfach mit ins Büro nehmen und dort auslesen. Und wenn die Bilder gut sind, können wir anhand der Ohrmarken sogar die einzelnen Tiere auseinander halten."
Petter Braaten
Polarfüchse sind scheue Tiere, die der Nationalpark-Ranger in freier Natur nur selten zu Gesicht bekommt. Aber eines Tages hatte er richtig Glück und sogar eine Kamera zur Hand.
"Ich arbeite jetzt fünf Jahre an diesem Projekt und seit dieser Zeit habe ich die Polarfüchse vielleicht zehn bis 12 Mal zu Gesicht bekommen. Letzten Sommer war ich genau an diesem Platz. Die Futterstation war komplett leer und ich wollte gerade Futter einfüllen, als ein Fuchsweibchen auftauchte, das ich drei Jahre zuvor ausgewildert hatte. Sie war nur einen Meter von mir entfernt, fraß mir fast aus der Hand und ging dann diesen Hang hinauf. Zuerst habe ich es nicht verstanden, aber dann merkte ich, dass ich ihr folgen sollte. Sie hat auf mich gewartet, ich folgte ihr und dann zeigte sie mir ihre Jungen. Es waren drei tolle kleine Fuchsbabys. Das war einfach unglaublich."
Petter Braaten
Die nächste Station ist nur wenige Kilometer entfernt. Auch hier sollen 20 Kilogramm Hundefutter den Polarfüchsen auf die Sprünge helfen. Doch schon kurz nach unserer Ankunft bricht Petter die Aktion ab.
"Wir müssen zurück. Die Wettervorhersage sagt, dass der Sturm in spätestens einer Stunde stärker wird. Und dann wird es noch kälter - gefühlt minus 40 Grad. Der Aufenthalt im Freien wird dann richtig gefährlich."
Petter Braaten
Ob es gelingen kann, die Füchse wieder anzusiedeln, kann auch Petter Braaten nicht sagen. Eine erste Bilanz soll in gut vier Jahren gezogen werden. Erst dann kann man über Erfolg oder Misserfolg sprechen.
Erfrieren werden sie jedenfalls nicht. Der Polarfuchs kann Temperaturen von bis zu 70 Grad minus überleben. Sein Fell hat die besten Isolationseigenschaften aller Säugetiere. Was ihm einst zum Verhängnis wurde, sichert ihm bei dieser Kälte das Überleben.