Norwegen Schwimmen mit Orkas und Buckelwalen
Hamn i Senja ist eine winzige Ortschaft auf der zweitgrößten Insel Norwegens, etwa 350 Kilometer nördlich des Polarkreises. Im Winter wirkt sie wie ausgestorben, aber das Meer vor der Küste zählt zu den fischreichsten Gewässern unserer Erde.
Seit vier Jahren ziehen riesige Heringsschwärme dichter unter Land als jemals zuvor und das wiederum ruft weitaus größere Lebewesen auf den Plan.
Mehrere hundert Orkas, Finnwale und Buckelwale, folgen in der Polarnacht dem weltweit größten Bestand an Heringen wie einer schwimmenden Vorratskammer. Ihnen auf der Spur sind die Walbeobachter.
Einer von Ihnen ist Marco von der Schulenburg. Vor 15 Jahren ist der Hamburger zum ersten Mal in diese einsame Gegend gereist, weil er auf Wale hoffte. Um die Tiere besser fotografieren und beobachten zu können, hat er sich hier sein eigenes Segelboot gekauft.
"Am Anfang haben mich immer alle ausgelacht, was ich hier will, was ich hier suche, weil da noch gar keine Wale da waren. Aber dann kamen eben die Orkas mit Buckelwalen in dieser massiven Menge, die gemeinsam dem Hering nachstellen."
Marco von der Schulenburg
Inspiriert durch die Filme von Heinz Sielmann und Jacques Cousteau begeistert sich Marco von der Schulenburg für Wale solange er denken kann.
Für das Auftauchen der Heringe vor Senja und damit auch der Wale gibt es noch keine Erklärung. Es könnte mit dem Klimawandel zu tun haben, mit der langsamen Erwärmung der polaren Gewässer. Ein Rätsel, dem Schulenburg gerne auf die Spur kommen würde. Aber man weiß immer noch wenig über die riesigen Säugetiere. Ihre Wanderwege sind weitgehend unbekannt.
Früh morgens im Hafen von Hamn i Senja: Marco hat sich mit Daniela Numberger verabredet. Die deutsche Meeresbiologin aus Rostock möchte sich heute einen lang ersehnten Traum erfüllen. Zum ersten Mal in ihrem Leben möchte sie mit Walen schwimmen. Der Hamburger hat ihr versprochen dabei zu helfen.
Marco ist ein Mann mit viel Erfahrung, wenn es darum geht, die Wale in dem Seegebiet ausfindig zu machen. Doch heute gibt es eine faustdicke Überraschung. Vom Segelboot aus entdeckt er die ersten Wale schon nach wenigen Minuten und stellt fest, dass sie an diesem Tag direkt auf den Hafen zu schwimmen.
Die Wale nutzen die flache Bucht, um dort ihre Beute in die Enge zu treiben. Voller Panik sausen die Heringe im Kreis herum, während die Schwertwale den Schwarm unerbittlich an die Oberfläche treiben. Im Hafenbecken befinden sich inzwischen an die 30 Wale. Das ist Danielas Chance.
"Ich bin total aufgeregt und fang gleich das Heulen an."
Daniela Numberger
"Ich werde jetzt Daniela reinlassen und ein bisschen auf sie aufpassen."
Marco von der Schulenburg
Daniela wäre für die Wale eine leichte Beute aber das Risiko ist kalkulierbar: Noch nie wurden Menschen in freier Wildbahn angegriffen.
"Er guckt sie sich genau an und dreht ..."
Marco von der Schulenburg
Daniela hat Glück. Gleich beim ersten Versuch befindet sie sich an der richtigen Stelle und kann den Walen bei der Jagd zuschauen.
"Ruhig weiter hin. Sehr schön. Gut machst Du das. Jetzt hat sie den Anzug voll."
Marco von der Schulenburg
Was kein Wunder wäre: Für kurze Zeit scheinen die Wale großes Interesse an der Biologin zu haben, um sich dann wieder genüsslich den Heringen zu zuwenden.
Mehr als eine Stunde bleibt Daniela im drei Grad kalten Wasser des Nordpolarmeeres und kommt erst völlig durchgefroren wieder ins Boot.
"Unbeschreiblich. Mir fehlen die Worte. Vier Buckelwale unter mir und es ist total irre, wenn die sich drehen und du siehst ihr Auge. Du bist wirklich Auge in Auge mit den Tieren. Unglaublich, unbeschreiblich, ja."
Daniela Numberger