Österreich Der Wolfgangsee erfindet sich neu
Es gibt Mythen und Geschichten, die einen Ort prägen. Oder musikalische Werke, die Landschaft, einen speziellen Ort und seine Bewohner so treffend beschreiben, dass die Menschen sogar aus weiter Ferne anreisen.
Wenn es einen Ort gibt, an dem die Welt noch in Ordnung ist, dann ist das St. Wolfgang am Wolfgangsee - weltberühmt durch das Weiße Rössl.
Berühmt wurde der Ort durch die gleichnamige Operette und den Film mit Peter Alexander.
"Ja, deswegen sind wir hergefahren, wegen dem Film."
Ein Besucher
Und dann das: Wasser-Skizirkus auf dem Wolfgangsee, Flugshow-Akrobatik in der Luft. Passt das zur Operetten-Gemütlichkeit des Weißen Rössl?
Das ist Roland Ballner, Hotelier am Ort, der eher auf Action als auf Torte steht: Mit Barfuß-Wasserski macht er von sich reden, und auch mit seinem Hotel wollte er sich abheben und sorgte 2006 für Wirbel: Seitdem dürfen keine Kinder unter 12 mehr in sein Hotel.
"Es gibt 26 Vier-Sterne-Hotels am See und da wollte ich mich abheben. Und da kam mir diese Idee mit dem kinderlosen Hotel gerade recht: Ruhe und Erholung zu bieten und neben dieser Ruhe Wasserskifahren. Wir haben dem ganzen ein bisschen anderen Stempel aufgedrückt."
Roland Ballner, Hotelier am Wolfgangsee.
Bevor Roland Ballner den Familienbetrieb von seinen Eltern übernahm, war sein Seehotel wie fast alle anderen Hotels im Ort auch auf Massentourismus ausgerichtet. Er baute das Haus komplett um, strich es innen und außen rot und pink an und setzte auf Exklusivität, abseits der Salzkammergutromantik - und hatte mit dieser Nische Erfolg.
"Ich wollte es anders machen und gleichzeitig hat der Massentourismus abgenommen."
Roland Ballner, Hotelbesitzer St. Wolfgang
So ist es Ballner gelungen, sich abzusetzen, denn mehr oder weniger alle im Ort leben vom Tourismus, ob Bäcker, Handwerker oder Bootsbauer. Und das seit 1930: Denn in diesem Jahr wurde das Singspiel Im Weißen Rössl in Berlin uraufgeführt, und es setzte ein touristischer Ansturm auf St. Wolfgang ein, der bis heute anhält.
So entstand Hotel neben Hotel am Wolfgangsee. Millionen von Gästen spülten förmlich damals das Geld in den Ort. Inzwischen sind es so viele Hotels, dass man sich voneinander abgrenzen muss. Hier zum Beispiel, die schlossartige Anlage: Ein Eventhotel: Es setzt auf aufregende Shows - weit entfernt von Kutsche und Kuchen. Action und Events, Entertainment und Fun sind hier das Marketingprinzip.
Der Höhepunkt im Eventkalender: Die Flugshow – ganze vier Tage lang Wasserflug-Pirouetten über dem See.
Luxus pur für 200 bis 700 Euro die Nacht. Als normaler Tourist bekommt man hier gar kein Zimmer mehr. Das Hotel wird nur komplett vermietet, für Millionärsfeiern oder Firmenevents zum Beispiel. Und das so erfolgreich, dass häufig die Zahl seiner Hotelbetten nicht ausreicht. Das schafft für die so gar nicht operettenhaften Megaevents Akzeptanz im Ort.
"Wenn wir Großveranstaltungen haben, profitieren alle, weil wir haben 400 Betten und da profitiert die ganze Region."
Simone Gastberger, Juniorchefin Scalaria, St. Wolfgang
Ex-Kurverbandsvorsitzender Franz Zimmermann weiß nicht so recht, ob er über die Entwicklung glücklich sein soll. Er träumt noch von der guten alten Zeit - vom Weißen Rössl am Wolfgangsee.
Das Weiße Rössl des Singspiels existiert heute noch. Zur Zeit der Großmutter der heutigen Chefin hat die Operette den Betrieb zur Goldgrube gemacht. Inzwischen reicht sein Ruf reicht bis nach Taiwan.
"Wir haben hier geheiratet weil es so schön ist. Die Menschen sind so freundlich – ich bin so erholt!"
Ein Tourist
Die Operettenromantik fasziniert also auch Fernost. Walzer und Glückseligkeit sind nach wie vor ein Erfolgsgarant, neben all den modernen Marketingkonzepten. Das ist ganz nach dem Geschmack von Franz Zimmermann.
"Dass St. Wolfgang sich weiterentwickelt auch in Richtung Moderne, aber dass man die Tradition nicht aus dem Augen verliert und ich sage immer: Tradition ist praktisch die Brücke in die Zukunft."
Franz Zimmermann
Und so gibt es auch heute noch beides neben einander: Die Welt des Singspiels und daneben Luxus und Entertainment. Hier der Mythos, - dort modernstes Tourismusmanagement.