BR Fernsehen - EUROBLICK


10

Russland Wie die Oligarchen leiden

Alles vom Feinsten – diese 5000-Quadratmeter-Villa gehört Wadim Lialin, einer der reichsten Anwälte Russlands, rund 40 Millionen Euro schwer. Stolz zeigt Lialin sein Anwesen vor den Toren Moskaus.

Von: Christoph Wanner

Stand: 25.10.2014 | Archiv

Wadim Lialin vor seiner Villa | Bild: BR

Wadim Lialin

Sechs Luxuskarossen – für jede Jahreszeit und Stimmungslage ist was dabei. Wegen der Ukrainekrise und der Sanktionen der USA und der EU verdient der 41-Jährige Fitnessfreak zurzeit jedoch weit weniger als früher. Lialins Mandanten, Wirtschaftsbosse, Politiker und auch Unterweltsgrößen spüren die Krise, sind nicht mehr so zahlungskräftig.

"Einige haben schon schwere Finanzprobleme, weil im Zuge der Krise der Rubel abstürzt und der Dollar steigt. Sie versuchen die Verluste überschaubar zu halten und ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Es geht darum, den Ruf zu retten."

Wadim Lialin, Rechtsanwalt

Trotz schlechterer Geschäfte kein Wort der Kritik an der Ukrainepolitik des Kremls – ganz im Gegenteil. Multimillionär Lialin bezeichnet Wladimir Putin als handlungsfähigen, umsichtigen und starken Präsidenten.

"So wie ich denkt die Mehrheit der Russen. Wir sind dank unseres Präsidenten wieder wer, liegen nicht mehr am Boden, sondern zeigen unsere Zähne. Er gibt uns die Möglichkeit wieder stolz auf unser Land zu sein."

Wadim Lialin

Wadim Lialin ist voll auf Kremllinie. Er spendet sogar regelmäßig für die prorussischen Separatisten. Der steinreiche Anwalt schickt Lebensmittel und Medikamente in das Kriegsgebiet in der Ostukraine.

"Diese Kisten haben viele Leute eilig gepackt. Deswegen ist es ein wenig chaotisch. Hier ist alles drin: Verbandszeug, Paracetamol, Kohletabletten oder auch Virostatika."

Dmitrij Dinse, Humanitärer Helfer

In der Annahmestelle für humanitäre Hilfe in Moskau wettern Anwalt Lialin und die Spendensammler gegen die USA. Auch das wird ganz oben begrüßt. Anti-Amerikanismus ist heute wieder ein zentrales Element der Kremlpolitik. Der kalte Krieg ist offenbar zurück.

"Es ist Genozid: Slawen töten Slawen. Dahinter stecken die Amerikaner, Imperialisten, Feinde unseres Volkes. Sie sind Schuld an dem Brudermord in der Ukraine. Die USA finanzieren diejenigen, die keinen Frieden im Donbass wollen."

Wadim Lialin, Rechtsanwalt

Dmitrij Oreschkin

So wie Lialin verhalten sich viele russische Superreiche aus Angst vor Putins Repressionsapparat oder aus reinem Kalkül, sagt der vertrauenswürdige Politologe Dmitrij Oreschkin.

"Die Regierung kompensiert jetzt per Gesetz vielen linientreuen Geschäftsleuten die Verluste, die sie wegen der westlichen Sanktionen erleiden. Es werden Ausgleichszahlungen erfolgen zu Lasten des Steuerzahlers."

Dmitrij Oreschkin, Zentrum für politische Analysen

Der regierungskritische Politologe Oreschkin kommentiert den Anbiederungskurs des kremltreuen Anwalts Wadim Lialin und anderer superreicher Russen. Um sich nicht angreifbar zu machen, drückt sich Oreschkin relativ vorsichtig aus, nennt keine Namen.

"Die Geschäftswelt in Russland spürt die Folgen der Sanktionen. Aber alle verhalten sich ruhig, weil sie von der Staatsmacht abhängen. Wenn einer aufmuckt, können ihm die Behörden im Handumdrehen seine Firma wegnehmen. Es kann sogar passieren, dass besonders kritische Personen im Gefängnis landen. Wer allerdings still hält, kann mit Hilfe rechnen."

Dmitrij Oreschkin

Im Restaurant Sibir

Wer linientreu ist, kann also nun darauf hoffen, vom Kreml nicht fallen gelassen zu werden. Optimisten unter den Superreichen wie Anwalt Lialin behalten deswegen ihren Lebensstil bei. Das Sibir, das wohl teuerste Restaurant Moskaus, brummt wie eh und je.

"In der zweiten Etage sind viele Geschäftstreffen, auch Rückzugsgebiete für Paare. Und heute spielt noch eine berühmte russische Popband. Keiner hier lässt sich von den Sanktionen aus der Ruhe bringen."

Wadim Lialin

Ein Großteil der Moskauer High Society tut tatsächlich so, als ob es keine Wirtschaftskrise und keine westlichen Sanktionen wegen des Ukrainekrieges geben würde. Auf den Kreml sei schließlich Verlass – Zweckoptimismus. Ob Lialin und seine Mandanten dabei sind, bleibt abzuwarten. Der Multimillionär macht jedenfalls eine ganze Menge dafür, um vom Kreml nicht vergessen zu werden.


10