Politiker im Reality-Check Kontrovers vor der Landtagswahl
Wie praxistauglich sind Politiker und ihre Ideen? Wie gut kennen Volksvertreter die Realität der Menschen, die sie im Landtag vertreten wollen? Kurz vor der Landtagswahl schickt das BR-Politikmagazin Kontrovers drei Frauen und drei Männer, die für das Parlament kandidieren, ins Praktikum. Wohin es sie verschlägt, erfahren sie erst mit Beginn der Dreharbeiten. Vertreter aller Landtagsparteien stellen sich dem Kontrovers-Reality-Check.
Grünenvorsitzende im Heizungskeller
Bayerns Grünenchefin Eva Lettenbauer aus Donau-Ries macht den Auftakt. Zum Start der Kontrovers-Serie vor der Landtagswahl malocht die Wirtschaftsingenieurin im Heizungskeller und packt beim Installieren einer Wärmepumpe mit an. Deren Gewicht ist eine Herausforderung für die Landtagsabgeordnete und Parteivorsitzende, der Lärm, den ein solches Gerät macht, mancherorts aber noch viel mehr, weiß der Praktiker.
Heizungsbauer Erich Schulz ist froh, dass er der Politik beim Kontrovers Reality-Check die Sicht eines Machers auf das Gebäudeenergiegesetz vermitteln kann. Denn für diesen Blickwinkel hat sich die Ampel-Koalition seiner eigenen Erfahrung nach bisher zu wenig interessiert.
AfD in der Flüchtlingshilfe und SPD im Wirtshaus
Überraschendes Fazit nach dem Praktikum von Ralf Stadler bei der Flüchtlingshilfe. Der AfD-Landtagsabgeordnete für die Region Passau-Ost, der auch mal im Netz Stimmung gegen Geflüchtete macht, lobt die Arbeit der Flüchtlingshilfe. Deren Leitung wiederum kann sich vorstellen, dass er künftig ehrenamtlich mithilft, allerdings nicht bei jedem Flüchtling. Denn zum Beispiel für das Anliegen einer Ortskraft der Bundeswehr aus Afghanistan fehlt Stadler dann doch das Verständnis. Einig sind sich Flüchtlingshelferin und AfD-Politiker aber im Kontrovers Reality Check, dass Geflüchtete die Möglichkeit bekommen müssen, Deutsch zu lernen.
Für die SPD-Landtagskandidatin Kathrin Pollack heißt es im Kontrovers Reality-Check: Raus aus der Amtsstube dorthin, wo es auch mal heiß werden kann, in die Restaurantküche. Beim Schwarzen Bock in Ansbach lernt die Genossin: Vorbereitung ist alles! Trotzdem kann es stressig werden. Vor allem wenn die Preise durch die Decke schießen und die SPD geführte Bundesregierung plant, Steuererleichterungen aus der Corona-Zeit für die Gastronomie wieder abzuschaffen. Dann herrscht die Sorge, dass neben Gästen auch Existenzen verloren gehen. Die SPD-Politikerin nimmt von ihrem Praktikum als Wirtin viel mit, wie sie sagt.
Ex-Fernsehrichter und Ex-Ministerpräsidententochter im Reality-Check
Für die Freien Wähler, die unter anderem in der Regierung das Bildungsressort verantworten, geht Landtagsvizepräsident Alexander Hold als Aushilfslehrer an einer Grund- und Mittelschule. Der ehemalige Fernsehrichter aus Kempten kämpft im Kontrovers Reality-Check weniger mit dem Unterricht als mit der Bürokratie und ist durch sein Praktikum um eine Gewissheit reicher: Für die Schulverwaltung braucht es aus seiner Sicht mehr Personal. An anderer Stelle ist er skeptisch: Eine weitere Erhöhung des Gehalts für Lehrer an Grund- und Mittelschulen ist aus seiner Sicht nicht die entscheidende Lösung, um mehr Pädagogen zu gewinnen.
Susanne Seehofer, Tochter des ehemaligen CSU-Ministerpräsidenten Seehofer, will für die FDP in den Landtag. Im Kontrovers Reality-Check wird sie zu Schwester Susanne. Sie macht ein Praktikum in der Pflege - auch auf der Palliativstation. Seehofer versorgt die Menschen zum Beispiel mit Essen und Trinken. Neben der emotionalen und psychischen Belastung schildern die Pflegekräfte der Betriebswirtin aus München den Kostendruck. Das FDP geführte Bundesfinanzministerium hat durchgesetzt, dass ab dem kommenden Jahr eine Milliarde Euro Bundeszuschuss für die Pflege gekürzt wird.
Unterfrankens CSU-Chef auf dem Windrad
Zum Abschluss der Serie vor der Landtagswahl stellt sich Unterfrankens CSU-Chef Steffen Vogel dem Kontrovers Reality-Check. Für ihn geht es weit hinauf. Er muss ein Windrad warten - in 141 Metern Höhe. Diese Herausforderung meistert der Christsoziale. Ob das auch für die Herausforderung gilt, Windkraft im Freistaat kräftig voranzubringen, bleibt dagegen offen. Vom Windkraftbetreiber bekommt der CSU-Landtagsabgeordnete gleich eine ganze Mappe mit Gründen, die einen schnellen Ausbau erschweren. Die noch unter CSU-Alleinregierung beschlossene und dann wieder gelockerte 10-H-Abstandsregel gehört dabei für den Windparkbetreiber inzwischen eher zu den kleineren Übeln. Steffen Vogel spricht am Ende von einem "magic moment" auch wegen des "inhaltlichen Input". Vielleicht hat er ja für die Politik im Freistaat reale Folgen - der Kontrovers Reality-Check.