Memento mori Von Anfang und Ende
Dieses mit 'Richter' signierte Aquarell aus der Zeit um 1930 greift einen altbekannten Topos der Kunstgeschichte auf moderne Weise wieder auf: das Memento mori.
Das Motiv, eine junge Frau, die von einem Gerippe wie von einem Liebhaber umarmt wird, ist eines der zentralen Themen der Kunst: die Gefährdung des Lebens durch den Tod. Dieses 'Memento mori' ('Bedenke, dass du sterblich bist') hatte schon Hans Baldung Grien in seinem Gemälde "Der Tod und das Mädchen" (1517) behandelt. Häufig hält die junge Frau auf diesen Vanitas-Darstellungen einen Spiegel in der Hand. Er ist ein Sinnbild der Eitelkeit und der Selbsttäuschung durch das allzu Weltliche.
Der Spiegel als Vanitas-Accessoire wird hier durch einen Muff ersetzt. Dieses pelzige Winterutensil gehörte in den Zwanziger und Dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zur Ausstattung einer gehobenen Ausgehgarderobe. Möglicherweise weist er hier, so demonstrativ vor den Bauch gehalten, auf eine Schwangerschaft hin. Das Vanitasmotiv wäre damit zur Darstellung des Kreislaufs von Geburt und Tod umgedeutet worden.
Doch wer verbirgt sich hinter der Signatur 'Richter'? Es könnte Hans-Theo Richter sein, ein Dresdner Maler und Graphiker (1902 bis 1969), der bei Otto Dix studiert hat. Dieses Aquarell mit Kohlezeichnung, entstanden um 1930, zeigt eine stilistische Nähe zu Dix, einem der schärfsten Beobachter des menschlichen Naturells im 20. Jahrhundert.
Fakten:
- Geschätzter Wert: 600 bis 800 Euro
- Datierung: um 1930
- Herkunft: Dresden (?)
- Künstler: Hans-Theo Richter (?)
- Sendung vom 22. Juni 2013