Betrug im großen Stil Organisierte Kriminalität auf dem Bau
In der deutschen Baubranche wird derzeit so viel betrogen wie vermutlich noch nie zuvor. Gewerkschaften sprechen von Lohndumping im großen Stil, Arbeitgeber von organisierter Kriminalität.
Sie kommen zum Beispiel aus Rumänien, um in Deutschland auf Baustellen zu arbeiten. Doch in immer mehr Fällen werden Bauarbeiter um komplette Monatslöhne geprellt. "mehr/wert" ist innerhalb weniger Tage bundesweit auf Dutzende schwere Missstände auf dem Bau gestoßen.
Osteuropäische Bauarbeiter werden ausgebeutet, um Baupreise zu drücken und viele Aufträge zu bekommen, so Hans-Hartwig Loewenstein, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Baugewerbes.
"Dahinter stecken keine Einzelaktionen, von einzelnen Akteuren, sondern es sind kriminelle Organisationen, die im Hintergrund stehen und das als Geschäftsmodell in Deutschland pflegen. Das Ganze ist häufig gesteuert aus südlichen Ländern, südöstlichen Ländern, und dort sitzen mafiöse Strukturen, die das hier ganz gezielt steuern, also das ist ein Riesenproblem."
Hans-Hartig Loewenstein, Präsident Zentralverband Deutsches Baugewerbe
Zahl osteuropäischer Bauarbeiter steigt
Nach BR-Recherchen steigt die Zahl der nach Deutschland entsandten Bauarbeiter seit sieben Jahren in Folge deutlich an. Im vergangenen Jahr waren es fast 107.000 Beschäftigte. Darunter viele Rumänen, Bulgaren und Kroaten. Inoffiziell sind es vermutlich noch viel mehr.
Die Sozialkassen der Bauwirtschaft nehmen an, dass inzwischen rund 80 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse im Roh- und Trockenbau illegal sind.
"Es sind schlimme Formen von Betrug."
Gregor Asshoff, Vorstand der Soka Bau (Sozialkasse Bau)
Im Einzelnen gehe es um Lohn-, Sozialabgaben- und Steuerbetrug. Nach Schätzung von Verbandschef Hans-Hartwig Loewenstein entstehen Staat, Sozialkassen und der Branche ein jährlicher Schaden in Höhe von etwa fünf Milliarden Euro.
Mit Steuermittel finanziertes Lohndumping
Sämtliche Formen von Ausbeutung und Betrug seien insbesondere auch auf Baustellen der öffentlichen Hand, also von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden, zu finden.
"Die öffentliche Hand als Bauherr ist in einem beklagenswerten Zustand. Es wird immer schlimmer, weil die Kenntnisse in diesen Bauverwaltungen immer geringer werden. Dann meint man zu sparen, indem man an den Billigsten vergibt, die Augen zu macht und nicht registrieren kann oder will, dass da illegal gearbeitet wird. Das gilt auch für den Tiefbau, für den Straßenbau usw."
Gregor Asshoff, Vorstand der Soka Bau (Sozialkasse Bau).
Die Baumafia habe inzwischen große Teile der Branche in der Hand und bestimme die Baupreise in Deutschland. Seriöse Baufirmen haben in Folge des Preiskriegs und ruinösen Wettbewerbs kaum Chancen und müssen immer häufiger schließen.