Kaminöfen Nebenwirkungen der Behaglichkeit
Zwischen elf und zwölf Millionen Kaminöfen gibt es in Deutschland, Kraftfahrzeuge rund viermal so viele. Und doch verursachen Kaminöfen mehr Feinstaub als der gesamte Straßenverkehr.
Das liegt daran, dass die Verbrennungsprozesse und Filtertechnologie in Fahrzeugen - bis zur Anwendung von Schummelsoftware - über viele Jahre tatsächlich optimiert worden sind. Die Beschaffenheit der Kraftstoffe ist standardisiert und die Verbrennungs-Prozesse im Motor lassen sich besser steuern als in einem Kaminofen. Letzterer wird meist mit dem Naturprodukt Holz betrieben - aus Sicht eines Ingenieurs ein schwieriges Material. Denn es besteht aus unterschiedlichsten, biologischen Komponenten und ist großen Qualitätsschwankungen unterworfen. Allein das beeinflusst die Effizienz der Verbrennung erheblich.
Falsches Heizen
Hinzu kommt, dass Kaminofen-Besitzer oft falsch heizen. Schon die Art, wie die Scheite aufgeschichtet werden, hat einen Einfluss auf den Schadstoffausstoß. Häufig wird zudem nasses Holz verwendet. Es sollte maximal eine Restfeuchte von 20 Prozent haben.
Sonst geht zu viel Energie für das Verdampfen des Wassers verloren. Zeitungspapier oder gar Tetrapacks und andere brennbare Materialien gehören überhaupt nicht in den Kamin. Ein weiterer, wichtiger Faktor ist der Aufbau des Ofens. Da hat sich in der Technik einiges getan. Besonders bei der Luftführung.
Feuer und Flamme
Holz an sich brennt eigentlich gar nicht. Es sind die flüchtigen Bestandteile, die bei entsprechender Temperatur aus dem Holz ausgasen und sich dann entzünden. Diese Gase müssen möglichst vollständig verbrennen. Dann bleibt die Wärmeenergie im Haus und der Feinstaubausstoß wird minimiert. Geschieht das nicht, entweicht ein Teil der Holzgase unverbrannt durch den Schornstein. Die winzigen Rußpartikel bilden Feinstaub der zum Teil sogar lungengängig ist und Krebs verursachen kann. Er entsteht aus Rußpartikeln und Asche, sowie aus mineralischen Bestandteilen.
Die Flamme braucht genügend Temperatur
Zu viel Restfeuchte im Holz ist ein großes Problem. Die Verdunstung kühlt das Feuer herunter. Zudem sollte die Flamme frei abbrennen können und nicht gegen die Wände oder die Decke des Kamins schlagen/blaken. Auch das entzieht ihr Wärmeenergie. Deshalb sind die Brennräume modernerer Kamin schmal und hoch. Hier kann die Flamme frei lodern. Ältere Öfen sind von ihrer Bauart hingegen oft niedrig und breit. Sie werden häufig überladen.
Die Folge: Das Feuer brennt scheinbar optimal. Es hat viel Nahrung. Aber die Rauchgase werden nur unvollständig verbrannt. Die Energie bleibt nicht im Haus sondern entweicht ungenutzt durch den Schornstein. Der Feinstaubausstoß ist beträchtlich und der Betreiber muss ständig Holz nachlegen.
Das Feuer braucht ausreichend Sauerstoff
Ältere Öfen regeln die Luftzufuhr hauptsächlich über eine Primärluft, die von untern durch das Rost in den Brennraum strömt. Sie facht die Flammen zwar an und sorgt dafür, dass viele, brennbare Bestandteile aus dem Holz ausgasen. Aber weiter oben ist der Sauerstoff dann schnell verbraucht. Die Spitzen der Flammen sind dunkelrot und der Qualm grau/schwarz. Oft setzen sich auch Rußpartikel an der Scheibe ab und lassen sie blind werden. Zwar haben einige der älteren Öfen zusätzlich kleine Öffnungen durch die Sekundärluft von oben in den Brennraum hinein strömt. Doch die Luft ist in der Regel nicht vorgeheizt. Deshalb entzieht sie dem Feuer Wärmeenergie und verbessert die Verbrennung kaum. Deshalb führen neuere Öfen die Luft am Ofenrohr entlang und wärmen sie vor. Als Sekundärluft strömt sie vorne an der Scheibe entlang (Scheibenspülung) und verhindert, dass diese verrußt. Eine zusätzliche Tertiärluft, die von hinten durch Löcher oder Schlitze in den Ofen fließt, liefert den Sauerstoff der oben in der Flamme gebraucht wird. Auch sie wird in der Regel vorgewärmt. Denn kalte Luft entzieht der Flamme Energie und verschlechtert die Verbrennung.
Wo Rauch ist, ist auch Feuer
Im Gegensatz zu Gas verbrennt Holz immer mit einem gewissen Rußanteil. Das lässt sich nicht verhindern. Deshalb gibt es diverse Filtersysteme für sogenannte Kleinfeuerungsanlagen. Um den Zug des Schornsteins nicht zu reduzieren, setzten einige Konzepte auf elektrostatische Abscheidung. Dabei wird ein Spannungsfeld erzeugt, das die Partikel im Rauchgas auflädt. Sie "kleben" danach elektrostatisch an der metallischen Wand des Schornsteins und können einfach mit dem Kehrbesen entfernt werden. Das Problem ist der begrenzte Wirkungsgrad solcher Filtersysteme.
Deshalb haben Ingenieure der RWTH Aachen einen Filter aus Glaswolle entwickelt. Er sitzt in einem Blechkasten auf dem Schornstein. Über ein Gebläse wird der Rauch durch die Filtermatten gesaugt. Der Wirkungsgrad liegt bei über 90 Prozent. Allerdings müssen die Filtermatten regelmäßig erneuert werden. Und das Gebläse verbraucht Strom. Noch ist dieser Filter aber nicht auf dem Markt.
Abschalten?
Filtersysteme für Kamine sind bislang noch nicht vorgeschrieben. Bei den Öfen selbst hat die Bundesregierung hingegen ein Erneuerungsprogramm beschlossen. Bis Ende 2024 sollen die alten Dreckschleudern ausgemustert werden. Der zuständige Schornsteinfeger verlangt bei seinen Hausbesuchen eine Bescheinigung des Herstellers, dass die Grenzwerte für Staub von 150 mg/m3 und für CO von 4 g/m3 auf dem Prüfstand eingehalten werden.
Gibt es keine Bescheinigung, dann gilt das Jahr in dem der Ofen seine Typenprüfung erhalten hat.
- Bis Ende 2017 sind die zwischen 1975 bis 1984 geprüften Öfen abzuschalten.
- Bis 2020 müssen Öfen stillgelegt werden, die zwischen 1985 bis 1994 geprüft wurden.
- Bis 2024 gilt die Nachrüstpflicht für Öfen die zwischen 1995 und 2014 typisiert wurden.
Von der Regelung nicht betroffen:
- Öfen die als einzige Heizquelle des Hauses dienen
- Historische Kamine die vor 1950 gebaut worden sind
- offene Kaminöfen.