27. Januar Der Holocaust-Gedenktag
Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz durch die sowjetischen Truppen befreit. 51 Jahre später - 1996 - wird dieses Datum vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum bundesweiten Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus auserwählt. An die 1.500 gehörlose Menschen waren unter den Opfern.
In der Zeit des Nationalsozialismus war Ausschwitz das größte Tötungs- und Vernichtungslager. Allein in Ausschwitz sind rund 1,1 Millionen Menschen ums Leben gekommen. Ungefähr eine Millionen davon waren Juden. Aber nicht nur jüdische Menschen, sondern jeder, der dem Menschenbild der Nationalsozialisten nicht entsprach, war betroffen. Die „nordische Herrenrasse“ - blaue Augen, helle Haut, blonde Haare und von kräftiger Statur- wurde als „höherwertige“ angesehen. Zur „minderwertigen“ Rasse gehörten unter anderem behinderte Menschen, Sinti und Roma, Kranke – und damit auch Gehörlose. An die 1.400 bis 1.500 gehörlose Menschen wurden getötet. Hinzu kommen noch 15- bis 16.000 Gehörlose, die von Zwangssterilisierung betroffen waren.
"Es stand wirklich schlecht um die Gehörlosen. Einer nach dem anderen wurde zwangssterilisiert, Männer und Frauen. Man hat von immer mehr Gehörlosen im eigenen Umkreis erfahren, dass sie auch betroffen waren. Selbst nach einem Sieg der Deutschen hätte es für uns Gehörlose nicht gut aussehen. Die Deutschen wollten saubere, reine und erbgesunde Menschen haben."
Harald Weikert
"Vieles habe ich erst später, nach Kriegsende, erfahren: die ganzen Deportationen, Vergasungen, Vernichtungen. Meine Mutter wusste davon, wollte es uns Kindern aber nicht erzählen. In der Berliner Taubstummenanstalt waren viele jüdische Kinder. Die meisten von ihnen wurden einfach abtransportiert."
Kurt Eisenblätter
Zeitzeugen getroffen
Sehen statt Hören hat in den letzten Jahren immer wieder überlebende Zeitzeugen getroffen. Einer davon war David Ludwig Bloch. Er wurde im November 1938 ins KZ Dachau verschleppt. Er erinnerte sich genau an diesen Tag: Die erste Nacht verbrachte er auf dem Boden, bevor er morgens aufgerufen wurde. Die Köpfe wurden kahl geschoren, die Kleider ausgezogen. Nackt waren sie der Kälte ausgesetzt, mussten sinnlos marschieren. Doch David Ludwig Bloch konnte sich befreien.
"Die Zeit war damals für die Juden so schlimm, dass sie nirgends hin fliehen konnten. Die Fluchtwege waren alle versperrt. Es gab nur noch diese eine, die letzte Möglichkeit, raus zu kommen. Ich schrieb an meine Verwandten in Amerika, die haben für mich Geld gesammelt, und dieses Geld musste ich immer vorzeigen. Nur dadurch habe ich die Möglichkeit bekommen, nach Schanghai auszureisen mit dem Schiff. Die Fahrt hat vier Wochen gedauert."
David Ludwig Bloch
So eine Flucht gelang oftmals nur denjenigen, die Verwandte im Ausland hatten. Viele Juden flohen nach Israel, ins „Gelobte Land“. Auch hier konnte Sehen statt Hören mit einigen Überlebenden sprechen. Ihre Geschichten sind unvorstellbar grauenvoll: Sie wurden von ihren Familien getrennt, haben Familienmitglieder sterben sehen, wurden auf engstem Raum und unter schlimmsten Umständen transportiert, in jeder Form aufs grausamste misshandelt und gedemütigt. Viele kamen zu der Zeit nur mit dem Leben davon, weil es im Verborgenen unbekannte Helden gab, die ihnen geholfen haben.
Überlebt – nie überstanden.
Einige haben das KZ überlebt. Aber die Bilder, das Erlebte, das Grauen hat wohl keiner je vergessen können. Genauso wenig wie die vielen Toten, die Familie die ermordet wurde, die Freunde. Und viele von ihnen konnten der deutschen Bevölkerung nicht vergeben, die sich damals diesem Unrecht unterworfen hat.
"Als damals die Bomben fielen und die Amerikaner uns befreiten, freuten wir uns natürlich. Aber auf der anderen Seite hatte ich gesehen, wie viele vorher sterben mussten. Trotz der Befreiung war bei mir die Trauer stärker als der Jubel."
Meyr Wolkowzky
"Ich bin in Deutschland geboren und spreche deutsch. Aber immer, wenn ich Deutsche treffe, muss ich daran denken, was Deutsche damals gemacht haben! Viele sagen: Man konnte nichts machen. Das war eben die Diktatur der Nazis. Es gab keinen anderen Weg. Aber Tatsache bleibt: Meine ganze Familie wurde ermordet! Das hat ein tiefes Loch in meine Seele gerissen."
Israel Shavir
Nicht vergessen
Eine lebendige Erinnerungskultur ist gerade in Zeiten wie diesen wichtiger denn je. Auch heute werden noch Menschen verfolgt, unterdrückt, gedemütigt, ausgegrenzt, gar inhaftiert, oder ermordet. Weil sie fremd aussehen, eine andere Meinung haben, oder weil sie homosexuell sind. Heute sollte niemand mehr um sein Leben fürchten müssen, nur weil er anders ist oder anders denkt!