Suchtkrank ... ... und schlecht versorgt
In Deutschland sind bis zu 5 % der Gesamtbevölkerung suchtkrank. Das betrifft also auch mehrere tausend taube Menschen. Sehen statt Hören wollte wissen, welche Hilfsangebote es gibt und wo Betroffene gebärdensprachkompetente und bedarfsgerechte Hilfe finden. Das Ergebnis unserer Recherche: Die Situation ist schlimmer als gedacht.
Jenny und Anja sind zwei Frauen, die es geschafft haben: Sie haben ihre Alkoholsucht überwinden können. Was ihnen auf ihrem Weg half und hilft: Unterstützung in Gebärdensprache. Selbstverständlich sind die therapeutischen Situationen ohne Dolmetscher intimer. Aber, so das Ergebnis unserer Recherche:
Für tausende gehörlose Betroffene gibt es nur drei gebärdensprachkompetente Suchtberatungsstellen. Es gibt nur noch eine einzige Entzugsklinik mit gebärdensprachkomptetentem Personal in ganz Deutschland und bundesweit keine einzige Reha-Einrichtung, in der das Personal gebärden kann.
Auch das "Bundesnetzwerk Hörbehinderung und Sucht" hat ein entsprechendes Positionspapier mit den Analysen und Forderungen von Experten und dieses an den Gesundheitsausschuss des Bundestages in Berlin übergeben.
Sehen statt Hören-Moderatorin Anke Klingemann hat dazu mit der Vorsitzenden dieses Auschusses, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, gesprochen:
Dr. Kirsten Kappert-Gonther: Es war sehr wichtig, dass uns dieses zugesendet wurden, weil tatsächlich, wie so oft, ist es auch hier der Fall, dass die Gruppe mit diesem besonderen Hilfebedarf nicht im Fokus des Gesundheitsausschusses und der Gesundheitspolitik grundsätzlich bisher stand.
Anke Klingemann: Gibt es da Ideen oder Überlegungen, wie sich das lösen lässt?
Dr. Kirsten Kappert-Gonther: Ich halte es für notwendig, dass wir Menschen mit akuten Krisen, auch akuten durch Suchterkrankung bedingten Krisen weiter regional in die Regelversorgung auch überweisen, und da eben dann Gebärdensprachdolmetscher:innen zur Verfügung gestellt werden. Für alles, was etwas mehr Zeit hat, wie z.B. Sucht-Reha, da halte ich Zentren für richtig und notwendig, weil da die Möglichkeit besteht, dass das gesamte Team auch gebärdensprachkompetent ist.
Anke Klingemann: Was können da nächste Schritte sein?
Dr. Kirsten Kappert-Gonther: Der nächste Schritt ist, dass im Gesundheitsausschuss der Aktionsplan für ein barrierefreies Gesundheitswesen vorgestellt wird. Wir hoffen, dass das bis zum Sommer nächsten Jahres passiert sein wird. Schneller mahlen die Mühlen da nicht. Und dann werden wir im Ausschuss sehr genau darauf achten, dass auch die Gruppe der Menschen mit Hörbehinderung hier berücksichtigt wird, und dass insbesondere die Lücke, was die Suchtbehandlung angeht, geschlossen werden kann.
Betroffene finden aktuell hier Hilfe:
Diakonisches Werk Innere Mission Leipzig e.V.
Suchtberatungsstelle Blaues Kreuz
Georg-Schumann-Straße 172
04159 Leipzig
Ansprechpartner/-in: Frau Almut Grabner & Herr Pierre Hofmann
Kontaktdaten:
SMS: 0174/9225778
Telefon: 0341/926570
Fax: 0341/9265790
E-Mail: suchtberatung@diakonie-leipzig.de
Homepage
Die Suchtberatungs- und Behandlungsstelle Blaues Kreuz bietet unter anderem Beratungen, Informationen, Vermittlungen rund um das Thema Sucht in DGS, LBG oder Lautsprache für suchtkranke hörbehinderte Menschen sowie deren Angehörigen an. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit im Rahmen des Ambulant Betreuten Wohnens nach einer Therapie im eigenen Wohnraum unterstützt und begleitet zu werden. Das umfasst beispielsweise die Bearbeitung von Behördenangelegenheiten oder Post, Tages- und Wochenstrukturierung, Vermittlung zu anderen Angeboten, Umgang mit Geld uvm.
Deaf Sucht Hilfe – Suchtberatung für Hörgeschädigte
(Therapiehilfe gGmbH)
Böckmannstr. 4
20099 Hamburg
Mobil: 0151 – 15560220
E-Mail: deaf@therapiehilfe.de
Deaf Sucht Hilfe bietet Suchtberatung in DGS zu allen Suchtformen an (Alkohol, Drogen, Spielsucht, Computersucht). Wir beraten vor Ort (Hamburg) oder online per Videochat (Deutschlandweit).
Abteilung für Hörgeschädigte
Klinikum am Europakanal
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
Am Europakanal 71
91056 Erlangen
Anmeldung im Sekretariat:
E-Mail: anmeldung-hoergeschaedigte@bezirkskliniken-mfr.de
Telefon: 09131 753 2255
Telefax: 09131 753 2670
Die Abteilung für Hörgeschädigte am Klinikum am Europakanal in Erlangen ist auf die Versorgung hörgeschädigter Menschen mit psychiatrisch-psychotherapeutischem Behandlungsbedarf spezialisiert. Behandelt werden gehörlose, schwerhörige, hörsehbehinderte und spät ertaubte Menschen mit Depressionen, akuten Belastungsreaktionen, Anpassungsstörungen, Suchterkrankungen, Psychosen und anderen psychischen Erkrankungen. Die Kostenübernahme erfolgt durch die Krankenkassen.
Haus Mirjam
Stefanstraße 17
48282 Emsdetten
Tel.: 02572 96049-16
Fax: 02572 96045-44
E-Mail: lutz@caritas-emsdetten-greven.de
www.caritas-emsdetten-greven.de
Facebook
Das Haus Mirjam ist ein Wohnhaus für Menschen mit Hörschädigung und Suchterkrankung / Besondere Wohnform der Eingliederungshilfe. Als Nachsorge-Einrichtung bieten wir Unterstützung für Menschen, die sich nach einer stationären Sucht-Rehabilitation noch weiter stabilisieren möchten, um dauerhaft ein suchtmittelfreies Leben zu führen. Das Angebot findet in DGS statt. Neben dem Wohnen im Haupthaus gibt es mehrere dezentrale Wohngemeinschaften und eine enge Kooperation mit dem Ambulant Betreuten Wohnen sowie mit niedergelassenen Ärzten, Therapeuten sowie Suchtberatungsstellen, um kurzfristige, aber auch dauerhafte differenzierte Wohn- und Lebensperspektiven anzubieten.
Zentrum für Gehörlosenkultur e.V.
Suchtberatungsstelle für Menschen mit Hörbeeinträchtigung
Huckarder Str. 2-8
44147 Dortmund
Ansprechpartner: Herr Zoran Bebic
Diplom-Sozialarbeiter
Tel.: 0231 913002-28
Fax: 0231 913002-33
bebic@zfg-dortmund.de