Einblick ins Klosterleben Zu Besuch bei Ordensfrauen
Schwester Salesiana lebt seit 63 Jahren im Kloster Maria Stern in Augsburg. Als sie dem Franziskanerinnen-Orden beigetreten ist, war sie gerade mal Anfang 20. Schwester Judith hat sich etwa im gleichen Alter entschlossen, ins Kloster zu gehen. Die heute 29-Jährige lebt im Kloster Bestwig im Hochsauerland. Moderatorin Anke Klingemann besucht beide Ordensschwestern und erfährt viel über deren Alltag im Kloster.
Um 5 Uhr ist die Nacht für Schwester Salesiana zu Ende. Ohne Frühstück steht dann das erste von insgesamt drei Gebeten des Tages an – ein Rhythmus, der der über 80-Jährigen in Leib und Seele übergegangen ist. Überrascht ist Anke Klingemann jedoch darüber, dass die Ordensschwester als Gehörlose von den Gottesdiensten nichts versteht. Sie nutzt die Gebetsstunde anders – nämlich für ihre persönliche Ruhe und Einkehr.
Auch Schwester Judith kennt die festen Rituale eines Klosters – und trotzdem unterscheidet sich das Leben der 29-Jährigen deutlich von dem der Schwester Salesiana. Sie hat in ihrem Orden ganz verschiedene Aufgaben. Die grundsätzliche Aufgabe, die von der Ordensgründerin festgelegt wurde: die Jugend bilden, die Armen unterstützen und die Not lindern.
Gebärden im Klosterleben
Schwester Judith hat sich noch eine weitere Aufgabe geschaffen: Sie studiert seit 2018 parallel Deaf Studies an der Humboldt-Universität Berlin. Gerade steckt sie in ihrer Bachelor-Arbeit.
"Ich wollte mich mehr mit den Themen Gehörlosenidentität und Gehörlosenkultur auseinandersetzen, mit dem Ziel, später in der Gehörlosenseelsorge zu arbeiten. Dafür brauche ich mehr Hintergrundwissen. Zudem habe ich spät Gebärdensprache gelernt, auch das wollte ich vertiefen. Jetzt, da ich mich insgesamt sicherer fühle, würde ich gerne auch als Gebärdensprachdozentin arbeiten."
Schwester Judith
Sie vermittelt sowohl ihren Mitschwestern als auch den Schülerinnen am Berufskolleg die Gebärdensprache. Aber auch Schwester Salesiana hat die Gebärden in den Orden gebracht: Schon seit 1972 bietet sie regelmäßig eine Bibelstunde in Gebärdensprache an.
Die Entscheidung fürs Klosterleben
Doch wie kommt man als junge Frau überhaupt auf die Idee, ins Kloster zu gehen? Bei Schwester Judith war es eine Art Berufung – und ein Beitritt in Etappen.
"[…] Der Glaube hat mich interessiert, ebenso die Jugendarbeit. Und im Laufe der Zeit habe ich tief in mir eine Art Berufung gespürt, eine mir zugeteilte Aufgabe. So bin ich dann 2012 bei uns ins Wohnheim eingetreten; das war noch kein vollständiger Eintritt ins Kloster, sondern eine sogenannte Kandidatur. Eine Art Probezeit, eine Phase des intensiven Kennenlernens. In dieser Zeit habe ich parallel dazu noch im Kindergarten gearbeitet. 2015 bin ich dann vollständig eingetreten."
Schwester Judith
Schwester Salesianas Weg war ein anderer: Sie kam als gelernte Schneiderin ins Kloster, absolvierte die zweijährige Ausbildung zur Ordensschwester - und arbeitete hier weiter in der Schneiderei.
"Wenn junge Leute mich fragen, warum ich ins Kloster gegangen bin, sage ich immer, das ist wie, wenn ihr einen Partner für euch gefunden habt, den ihr liebt. Es ist vergleichbar mit einer Beziehung, einer Liebe zu jemandem. Mir fehlen die Worte, um das zu beschreiben; ich fühle eine Liebe, eine Verbindung, die zu mir passt."
Schwester Judtih
Ein Gespräch
Schwester Salesiana und Schwester Judith – zwei Ordensfrauen, zwei völlig unterschiedliche Generationen. Sehen statt Hören hat die beiden zum Abschluss der Sendung zusammengebracht – zum gemeinsamen Austausch. Ein spannendes Gespräch, mit Ideen, die die Generationen verbindet.