Planspiel · Plötzlich an der Macht Politik spielen und verstehen
Wie ist es eigentlich, politische Entscheidungen zu treffen, Gesetze zu machen oder für eine Sache zu kämpfen? Damit junge Erwachsene Demokratie verstehen, spielen sie Politik. Wie das geht? Eigentlich recht einfach: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schlüpfen in politische Rollen und treten gegeneinander an – in einem Planspiel.
"Ich bin sehr aufgeregt und gespannt, wie das alles ablaufen wird. Wir spielen ein Planspiel und ich glaube, wir werden erfahren, wie das ist, als Politiker zu agieren. Ich freu mich." Wie Gizem geht es allen, die zu diesem Ereignis in den Deutschen Bundestag gekommen sind. Organisiert wird das von den Vereinen juteo und der Deutschen Gehörlosen-Jugend.
Ausgedacht – und doch erleuchtend
Die Spielleiterin erklärt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Vorfeld, wie das Planspiel abläuft: Es gibt Rollen, es gibt Positionen und eine Situation – alles ausgedacht. "Wir spielen den Bundestag nach - so wie der Bundestag Gesetze macht", begrüßt sie die Teilnehmenden. "Das Ziel ist, dass ihr versteht, wie die Gesetzgebung funktioniert." Denn so ein Gesetz verändert sich von der Eingabe bis zur Abstimmung – und das bekomme man von außen meist nicht mit.
Parteien, Wahlen, Koalitionen
Doch zunächst werden Parteien gegründet und anschließend ein Wahlergebnis präsentiert, nach dem die Sitze verteilt werden und Koalitionen gegründet werden. Mit überraschendem Ergebnis: die Partei mit den meisten Stimmen landet in der Opposition, da sich die beiden anderen verbündet haben.
Thema: Alkohol – erst in den Fraktionen
Das Thema der Gruppe: Alkoholkonsum bei Jugendlichen und Alkoholwerbung. Zunächst wird in den Fraktionen gesprochen – hinter verschlossenen Türen, wie im echten Politikbetrieb. In diesem Fall entwickeln sich zwei unterschiedliche Meinungen: Die einen stimmen für den Schutz vor Alkoholkonsum und somit für ein Werbeverbot, vor allem damit junge Menschen keine gesundheitlichen Schäden davontragen.
Die anderen sind "generell für mehr Selbstbestimmung der Menschen" – und so finden sie, dass Alkoholwerbung erlaubt sein sollte. Mit einer Kennzeichnungspflicht sollte jedoch auf die Gefahren aufmerksam gemacht werden. Damit startet die Diskussion, Argumente werde ausgetauscht und abgewogen – und nach einem Kompromiss gesucht. Man legt tatsächlich eine Marschroute fest: "Werbung sollte erlaubt sein, man darf das Trinken zeigen, aber ohne Markennennung. Aber dafür werden die Steuern erhöht. Das wäre mein Vorschlag". Also ein "Ja" zum Alkohol und zur Werbung, aber mit Kennzeichnung und höhere Steuern", erklärt der Vorsitzende der PEV..
Diskussion in den Ausschüssen
Doch damit ist das Gesetz noch nicht durch: Der Gesetzesvorschlag geht in zwei Ausschüsse – in den Jugend- und den Wirtschaftsausschuss. Erst hier wird fachbezogen und tiefgründig darüber geredet. Auch in der Realität ist das so: Im Deutschen Bundestag gibt es unterschiedliche Ausschüsse. Jede Partei entsendet Mitglieder für die jeweiligen Ausschüsse. Sie treffen sich, um wichtige Themen zu besprechen und neue Gesetze vorzubereiten.
Zweite Runde in den Fraktionen
Danach geht das Gesetz noch einmal in die Fraktionen und wird dort erneut nichtöffentlich behandelt. Nichtöffentlich auch, weil dort auch mal leidenschaftlich gestritten wird – wie die Planspiel-Teilnehmer feststellen. Als Fraktion sollte man am Ende trotzdem geschlossen auftreten und klar Stellung beziehen. Um die eigenen Überzeugungen umzusetzen, werden Strategien entwickelt, aber auch Kompromisse ausgehandelt.
Die Debatte
Vor dem Aufeinandertreffen der Koalition und der Opposition sind die Planspieler ganz aufgeregt. Die Debatte zum Gesetzentwurf wird realistisch – mit Reden am Pult, mit Zwischenrufen aus dem Saal, mit Ordnungsrufen des Bundestagspräsidenten. Und am Ende? Gibt es ein Ergebnis.
Beeindruckendes Spiel
Die Spielerinnen und Spieler sind beeindruckt. Und erschöpft. Zwar kann man an einem Tag nicht den komplexen Politikablauf kennenlernen. Aber wesentliche Elemente haben die Teilnehmenden selbst ausprobieren dürfen. Die Arbeit in den Ausschüssen, Fraktionssitzungen und die Debatten. Und vielleicht hat der eine oder die andere gesehen, dass es sich lohnt, sich zu engagieren.