Die besondere Kunstform Visual Vernacular
Die Deutsche Gebärdensprache hat visuelle Anteile - das ist unbestritten. Doch es geht auch ohne Gebärdensprache. Rein visuell: Visual Vernacular (VV) ist eine besondere Kunstform. Längst hat sie sich über die ganze Welt ausgebreitet.
Mittlerweile ist die Kunstform Visual Vernacular weit verbreitet – tausende Darbietungen gibt es online zu sehen. Einer der beliebtesten Visual Vernacular-Künstler Europas ist Giuseppe Giuranna. Sehen statt Hören-Moderator Ace Mahbaz trifft ihn zum Gespräch.
Vom Kinderspiel zur Kunstform
Schon mit vier Jahren spielt Giuseppe auf eine ganz eigene, kommunikative Art mit seinem Vater, ohne dabei Gebärdensprache zu nutzen. Doch erst Jahre später, als er 1991 als junger Mann auf Bernard Bragg, dem Erfinder von VV, trifft und einen Workshop bei ihm macht, bekommt dieses vergessene Spiel einen Namen - Visual Vernacular.
VV und die Moden der Zeit
Visual Vernacular ist für Gehörlose nicht wegzudenken. Es wirkt wie Musik für Gehörlose und ist bis heute nicht nur ein wichtiger Teil der Gehörlosenkultur – es entwickelt sich auch kontinuierlich weiter und ist immer von den Moden der Zeit geprägt. Die aktuellen Formen von VV beeindrucken: Sie arbeiten mit Zeitlupe, es gibt Rückwärtsgebärden oder ständige Perspektivwechsel. Die Einflüsse kommen von Computerspielen, 3D-Animationen oder den aufwändig produzierten Kinofilmen.
"Visual Vernacular darf niemals verschwinden. VV ist ein ganz wichtiger Bestandteil der Kultur Gehörloser, nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Es gehört ganz fest zu uns. All das, was wir visuell wahrnehmen, prägt unsere Gedanken. Nach meinem Tod und vielen anderen soll es VV immer weiter geben. So, wie eine Welt für Hörende ohne Musik undenkbar wäre. Sie brauchen die Musik. So ist für uns Visual Vernacular auch ein Genuss. Die Deutsche Gebärdensprache bedient sich bestimmter Gebärden und hat eine klare Grammatik, aber Visual Vernacular ist etwas ganz eigenes. Das soll niemals verschwinden."
Giuseppe Giuranna