Oberbürgermeister von Tübingen Boris Palmer
Lange Zeit galt der Tübinger Oberbürgermeister als das Enfant terrible der Grünen. Vor allem mit seiner Linie in der Migrationspolitik zog Boris Palmer parteiinterne Kritik auf sich. 2023 trat er aus der Partei aus.
Kaum ein Politiker in Deutschland polarisiert so stark wie Boris Palmer. Während seiner Zeit bei den Grünen galt er als Zündler, Scharfmacher und Provokateur. Nach vielen harten Auseinandersetzungen über den richtigen Kurs in der Migrationspolitik und über Rassismusvorwürfe war Palmer im Mai 2023 nach 27 Jahren bei den Grünen aus der Partei ausgetreten.
"Ich möchte damit vermeiden, dass die aktuellen Diskussionen um mich eine weitere lang anhaltende Belastung für die Partei werden, für die ich seit 1996 mit viel Herzblut gekämpft habe."
Boris Palmer damals in einer Erklärung
Palmer schrieb, er könne die wiederkehrenden Shitstorms seiner Familie, seinen Vertrauten und Unterstützern nicht mehr zumuten und wolle sich in einer Auszeit professionelle Hilfe holen. „Solange ich nicht sicher bin, neue Mechanismen der Selbstkontrolle zu beherrschen“, werde er Konfrontationen meiden.
Mit seinem Vater auf Wahlkampf
Schon früh lernte Palmer das politische Leben kennen. Sein Vater, der Obstbauer und Bürgerrechtler Helmut Palmer, trat als parteiloser Kandidaten bei mehr als 250 Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg an. Er erlangte als „Remstal-Rebell“ überregionale Bekanntheit. Seinen Sohn Boris nahm er früh auf seine Wahlkämpfe mit.
In seiner Kindheit wird Boris Palmer als hochbegabt eingestuft, sein Abitur macht er an der Freien Waldorfschule Engelberg 1992 mit 1,0. Nach seinem Lehramtsstudium trat er den Grünen bei. 2001 wurde er erstmals in den Landtag von Baden-Württemberg gewählt, wo er über ein Zweitmandat den Wahlkreis Tübingen vertrat.
Er war Mitglied im Ausschuss für Umwelt und Verkehr sowie umwelt- und verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Im Herbst 2004 bewarb sich Palmer als Kandidat der Grünen für das Amt des Oberbürgermeisters von Stuttgart. Boris Palmer landete auf Platz drei.
Kritiker der "Wir schaffen das"-Migrationspolitik
Am 22. Oktober 2006 wurde er zum neuen Tübinger Oberbürgermeister gewählt. Bereits im ersten Wahlgang erreichte er die erforderliche absolute Mehrheit. In der Flüchtlingspolitik vertrat Palmer eine Minderheitenposition bei den Grünen. Anfang August 2015 forderte er von seiner Partei "Realismus in der Flüchtlingsdebatte".
Palmer sagte, Deutschland habe "nicht Platz für alle" und sprach sich gegen die "Wir schaffen das"-Einstellung der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel aus. Palmer plädierte dafür, statt "Durchhalteparolen" die Flüchtlingspolitik "ehrlicher" zu diskutieren, da es sonst zu einer "brandgefährlichen" gesellschaftlichen Lage kommen könne. Vor allem seine Forderung, die EU-Außengrenzen zu schließen – notfalls bewaffnet, löste bei den Grünen Kritik aus. Später entschuldigte er sich für seine Wortwahl.
Talkshows und Facebook als Bühne
Palmer ist regelmäßiger Gast in Talkshows und provoziert auf Facebook mit seinen Posts. Ein Facebook-Post, in dem Palmer das N-Wort benutzte, führte 2021 zur Einleitung eines Parteiausschluss-Verfahrens. Es hagelt Kritik und Rassismusvorwürfe. Palmer trat später auf eigenen Wunsch aus der Partei aus und ist seither parteilos.
Eine Rückkehr von Palmer zu seiner alten Partei ist seither in weite Ferne gerückt.
"Ich würde wirklich gern wieder Mitglied dieser Partei sein. Die Grünen seien seine politische Heimat und für ihn als überzeugten Ökologen gebe es keine andere Partei. Eine Rückkehr komme aber nur infrage, wenn die Grünen wieder die Partei würden, die ich mal vor 20 Jahren kennengelernt habe"
Boris Palmer im September 2024