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Journalist und Mitglied der Chefredaktion bei t-online Christoph Schwennicke

„Es hat sich ausgescholzt.“ Das sagt Christoph Schwennicke nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt der Bundesregierung. Der frühere „Cicero“-Chefredakteur ist seit September Politikchef bei „t-online“.

Stand: 17.11.2023 10:54 Uhr

portrait | Bild: picture-alliance/dpa

War früher Angela-Merkel eines der Lieblingsthemen von Christoph Schwennicke, so ist es jetzt die aktuelle Bundesregierung. Nach der Klatsche des Bundesverfassungsgerichts sieht er die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz am Ende.

"Bisher hat sich Scholz über die Runden gerettet. Hier mal ein Machtwort, dort mal ein Brief an Christian Lindner und Robert Habeck mit einer Dienstanweisung aus dem Kanzleramt. Ansonsten so tun, als sei alles in bester Ordnung. Das hat sich jetzt geändert. Die beiden Oppositionen – die FDP innerhalb der Koalition und die Union außerhalb der Ampel – haben Scholz jetzt gestellt."

(t-online, 16.11.23)

Denn weder FDP noch Union würden eine Lockerung der Schuldenbremse mitmachen, um aus dem 60-Milliarden-Finanzloch herauszukommen. Und Steuererhöhungen würden wiederum die Bürger nicht hinnehmen.

Steile journalistische Karriere

Zielstrebig verfolgte der gebürtige Bonner, der im bayerischen Neu-Ulm aufwuchs, seine journalistische Karriere. Nach dem Studium der Germanistik, Politik und Journalistik in Bamberg holte er sich den letzten Schliff an der Deutschen Journalistenschule in München. Danach ging es steil bergauf: Er war unter anderem London-Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung“, stellvertretender Leiter des „Spiegel“-Hauptstadtbüros in Berlin und neun Jahre lang Chefredakteur des Monatsmagazins „Cicero - Magazin für politische Kultur“.

Kritik an Angela Merkel

In seiner Zeit beim „Cicero“ griff er wiederholt die Migrationspolitik von Angela Merkel an. Auch ihre Bilanz als Bundeskanzlerin sieht er kritisch. Für ihn ist sie heute noch die „Mutter der Malaise“.

"Die Leistungsbilanz der Kanzlerin Angela Merkel sieht mager aus. Bis auf die schwarze Null und die Schuldenbremse haben ihre 16 Amtsjahre keine strukturellen Reformen hervorgebracht, die Deutschland zukunftsfest gemacht hätten."

(NDR, 05.08.23)

Unbequeme Wahrheiten

Nach einigen Jahren als Herausgeber und Verleger ist der 57-Jährige seit diesem September Mitglied der Chefredaktion des Newsportals von „t-online“. Dort zeigt der vielfach ausgezeichnete Journalist einmal mehr, was er am besten kann: Seine manchmal unbequeme Meinung zu vertreten. So ist für ihn der umstrittene Besuch des türkischen Präsidenten Erdoğan trotz dessen Äußerungen zur Hamas unumgänglich.

"Erdoğan ist ein schier unerträglicher Partner, aber eben: ein Partner. Kluge, weitsichtige Außenpolitik widersteht dem Reflex, das zu tun, was einem das Herz empfiehlt. (…) Außenpolitik ist nicht, sich nur mit den besten Freunden des gemeinsam richtigen Standpunktes zu versichern. Richtige Außenpolitik fängt da an, wo es wehtut. Wie bei Erdoğan."

(t-online, 13.11.23)


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