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Oberbürgermeisterin Eisenach, BSW Katja Wolf

Über 30 Jahre lang war Katja Wolf mit der Linken „verheiratet“. Im März wechselte die Oberbürgermeisterin der Stadt Eisenach zum „Bündnis Sahra Wagenknecht“ und ist Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im September.

Stand: 28.06.2024 09:49 Uhr

portrait | Bild: picture-alliance/dpa

Mehr als die Hälfte ihres Lebens war Katja Wolf Mitglied, erst der PDS, dann der Linken. Während viele nach der Wende nichts mehr mit Nachfolgepartei der ehemaligen DDR-Staatspartei zu tun haben wollten, trat die gebürtige Erfurterin 1992 mit 16 Jahren bewusst in die PDS ein. Noch heute ist sie stolz auf ihr Parteibuch.

"Der Mitgliedsausweis liegt in meinem Kinderzimmer, unterschrieben von ­ Gregor Gysi. (…) Mein Ausweis ist mir schon heilig."

(taz, 24.02.24)

Oberbürgermeisterin mit Rückgrat

Sie fand in der Partei nicht nur ihre politische Heimat, sondern machte auch schnell Karriere. 1999 errang sie ein Landtagsmandat, 2012 wurde sie die erste Oberbürgermeisterin von Eisenach. Nach der Kommunalwahl 2014 sorgte sie für einen Eklat. Wolf verweigerte den NPD-Mandatsträgern den Handschlag, mit dem Stadträte in Thüringen üblicherweise verpflichtet werden.

"Ich finde es für mich nicht zumutbar, Körperkontakt mit einem Nazi herzustellen, der durch und durch mit jeder Pore Menschen verachtet. Da ist für mich ein Punkt erreicht, an dem ich meine eigene Grenze ziehe."

(taz, 28.06.19)

Diese Grenze zog sie erneut nach den Kommunalwahlen 2019 und 2024. Im Juni gab sie weder den drei Mitgliedern der NPD-Nachfolgeorganisation „Die Heimat“ noch den sieben AfD-Stadträten die Hand.

Wechsel zum „Bündnis Sahra Wagenknecht“

Für viele war es ein Schock, als die beliebte und prinzipientreue Oberbürgermeisterin im Januar ihren Abschied von der Kommunalpolitik und ihren Wechsel zum neu gegründeten „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) verkündete. Katja Wolf nennt zwei Hauptgründe für ihren Wechsel. Zum einen habe die Linke ihrer Meinung nach den Kontakt zur Basis verloren. Zum anderen wolle sie der AfD Stimmen abjagen.

"Ich habe Angst davor, dass nach der Landtagswahl die AfD in Regierungsverantwortung kommen oder ihr Landeschef Björn Höcke sogar Ministerpräsident werden könnte. Da kann ich mich nicht abschotten und sagen: Ist mir doch egal, ich kümmere mich um mein Eisenach. Denn zum einen hängt natürlich alles zusammen, und zum anderen kann man die eigene Verantwortung für die Zukunft nicht ablegen wie den Schlafanzug am Morgen."

(rnd, 28.02.24) 

Spitzenkandidatin mit eigener Meinung

Mit Blick auf die Landtagswahl ist Wolf verhalten optimistisch. Aktuellen Umfragen zufolge liegt das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ bei 21 Prozent. Trotz ihres Wechsels steht die 48-Jährige offen dazu, dass sie inhaltlich nicht mit allen Punkten der Partei übereinstimmt.

"Ich bin es gewöhnt, in einer Partei zu sein, deren Inhalte ich nicht vollumfänglich teile. (…) Wenn ich wollte, dass eine Partei alle meine politischen Überzeugungen teilt, müsste ich meine eigene gründen und auch ihr einziges Mitglied bleiben."

(rnd, 28.02.24)


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