BR Fernsehen - UNKRAUT


6

Dritter Nationalpark Wie ein Vorschlag zum Zankapfel wird

Ein Satz - und ein politischer Stein geriet ins Rollen: "Bayern soll einen dritten Nationalpark bekommen", so Horst Seehofer. Nach Berchtesgaden (Oberbayern) und Bayerischer Wald (Niederbayern) sei nun Franken dran, heißt es prompt aus der BayernSPD. Doch die Standortsuche dort ist verzwickt.

Von: Sebastian Kraft

Stand: 12.09.2016

Wohin mit dem 3. Nationalpark? In die Rhön? | Bild: BR

Ein strahlend heißer Julitag, am Tegernsee tummeln sich die Segelboote, im Hintergrund die bayerischen Berge. Die Kabinettsklausur ist gerade zu Ende gegangen, Ministerpräsident Horst Seehofer lädt zur Pressekonferenz und beginnt mit einer Überraschung: Nach Berchtesgaden und dem Bayerischen Wald soll Bayern jetzt einen dritten Nationalpark bekommen.

"Wir wollen diese Standortmöglichkeiten untersuchen mit Beteiligten vor Ort, insbesondere mit den Kommunen, deshalb gibt es jetzt auch keine Fokussierung nur auf eine Region, sondern auf Bayern. Es ist denkbar, dass man, wenn man sich für bestimmte Regionen entscheidet, dies auch grenzüberschreitend macht. Nicht nur mit anliegenden Staaten, sondern auch mit angrenzenden Bundesländern."

Horst Seehofer, CSU, Ministerpräsident, 30.07.2016

Nur: Wohin damit?

Seit Seehofers Ankündigung tobt eine heftige politische Debatte - die BayernSPD schlägt vor, was eigentlich auf der Hand liegt: Zwei Nationalparks in Nieder- und Oberbayern - also müsse der dritte nach Franken.

"Wir wollen, dass einfach nochmal geguckt wird, welches sind die in Frage kommenden Gebiete: Der Steigerwald, der Spessart, die Rhön und was auch sonst in Frage kommt, hat den höchsten ökologischen Stellenwert. Also wo gibt es die Gebiete, die man am ehesten schützen muss."

Florian von Brunn, SPD, Umweltpolitiker

Die Rhön?

Rhön

Ein schützenswertes Gebiet ist zweifelsohne die Rhön im nördlichen Unterfranken - Heimat vieler seltener Tier- und Pflanzenarten. Doch hier gibt es bereits ein Schutzgebiet, das sogenannte Biosphärenreservat. Das könnte man natürlich zum Nationalpark umbenennen, doch das wäre eine Mogelpackung: Ein Schutzgebiet würde lediglich umbenannt, kein neues entstehen.

Der Spessart?

Spessart

Naturschützer wünschen sich deswegen ein anderes Gebiet in Unterfranken - den Spessart, das größte zusammenhängende Gebiet von Laubmischwäldern in Deutschland, bis hinein nach Hessen.

Die Meinung der Gegner

Kommt ein Nationalpark, müsste die Natur der Natur überlassen werden. Also: keine menschlichen Eingriffe mehr. Die Gegner der Nationalparkidee sagen: Die Bewirtschaftung des Waldes wäre damit verboten - doch genau die habe hier eine lange Tradition. Viele Gemeinden haben seit Jahrhunderten Holzrechte.

"Wir haben hier Wertschöpfung durch die Nutzung des Waldes, durch den Holzeinschlag und wenn sie wissen, dass wir in der Bundesrepublik Holzeinfuhrland sind und uns selber um diese Werte beschneiden. Ob die Debatte mit der Nachhaltigkeit dann noch so stimmt, wenn wir Holz aus dem Regenwald importieren, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen, das muss man natürlich auch nochmal hinterfragen bei der Debatte."

Peter Winter, CSU

"Wir haben vor allem das Problem, dass es dort teilweise Eichenwälder sind. Und nach meinen Kenntnissen muss man die eben bewirtschaften, sonst werden sie von der Buche verdrängt. Dann hätten wir dort auch dominierenden Buchenwald nach einigen Jahrzehnten, vielleicht Jahrhunderten und die Eiche würde zurückgedrängt. Und das ist die Frage, ob man das will."

Florian von Brunn, SPD, Umweltpolitiker

Also der Steigerwald?

Steigerwald

Und so enden die Debatten um einen fränkischen Nationalpark schließlich immer wieder beim Steigerwald - denn dort passen viele Voraussetzungen. Manche Rotbuchen sind hier über 300 Jahre alt. Allerdings hat sich Horst Seehofer zeitgleich mit der Ankündigung politisch klar festgelegt:

"Ein Gebiet kann ich ausnehmen, weil wir da in meiner Anwesenheit in der bayerischen Staatskanzlei eine Vereinbarung unterzeichnet haben, das ist der Steigerwald. Der käme nicht in Frage."

Horst Seehofer, CSU, Ministerpräsident, 30.07.2016

Die Grünen können das gar nicht nachvollziehen:

"Der Steigerwald ist naturschutzfachlich auf jeden Fall hervorragend geeignet, er ist einer der fünf wertvollsten Buchenwaldgebiete, die wir in Deutschland haben. Von dem her ist es absolut unverständlich, den aus politischen Gründen auszuschließen nur weil Innenstaatssekretär Eck mit einem kategorischen Nein zum Nationalpark sich bereits vor Jahren in die ideologische Sackgasse manövriert hat."

Markus Ganserer, Die Grünen, MdL

Solange Unterfrankens Bezirksvorsitzender Gerhard Eck am bayerischen Kabinettstisch sitzt, wird es wohl keinen Nationalpark Steigerwald geben - denn die CSU ist hier vermutlich auch getrieben von der Angst, dass die Freien Wähler in der Region Oberwasser bekommen. Und so sind die Nationalparkbefürworter gegen die mächtige Holzwirtschaft klar in der Minderheit.

Hat Franken also gar keine Chance auf einen Nationalpark?

"Die Fraktion wird sich damit befassen und dann werden wir schauen. Ich vertraue auf das Wort unseres Ministerpräsidenten und von der Frau Umweltministerin Scharf, dass gegen den Willen der Bevölkerung in dieser Richtung nichts passiert."

Peter Winter, CSU

Die BayernSPD vermutet dagegen ein taktisches Manöver:

"Ich habe ein bisschen den Verdacht, dass man versucht hat, dadurch, dass man den dritten Nationalpark anbietet - vom Steigerwald abzulenken und auch von anderen umweltpolitischen Verfehlungen, Stichwort: Riedberger Horn. Ich glaube die Staatsregierung hat selbst nicht mit der Dynamik gerechnet, die jetzt die Diskussion bekommen hat. Ich glaube es waren strategische Überlegungen, die da eine Rolle gespielt haben."

Florian von Brunn, SPD, Umweltpolitiker

Karwendel bei Mittenwald

Also, ein Ablenkungsmanöver für verfehlte Umweltpolitik, wie die SPD vermutet? Der einfachste Ausweg für die CSU aus dem Dilemma könnte ein Nationalpark im Karwendel bei Mittenwald sein, grenzüberschreitend mit Österreich. Hoch oben in den Bergen leben kaum Menschen, also: weniger Widerstand. Dasselbe gilt für das Ammergebirge - hier könnte zum Beispiel ein König-Ludwig Nationalpark entstehen. Touristisch sinnvoll - aber es wäre dann wieder einmal ein politischer Kompromiss.

Ausflugstipp:

Baumwipfelpfad Steigerwald
Radstein 2, 96157 Ebrach
Tel.: 0 95 53 / 989-80102


6