BR Fernsehen - weiß blau


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weiß blau Rund um Marktredwitz

Eine einzigartige Krippenausstellung in Privathäusern, ein Türschloß mit dem Doppeladler Österreich-Ungarns darauf, ein großer Laden mit russischen Lebensmitteln? Wo findet man all dies und noch mehr? Richtig, in der 17.000-Einwohner-Stadt Marktredwitz (Regierungsbezirk Oberfranken). Mehr über Kultur in und Kulturgeschichte von Marktredwitz erfahren Sie in unserer Sendung.

Stand: 13.12.2011 | Archiv

Weltoffen und multikulturell zu sein, das behauptet sicherlich so manche Stadt in Europa von sich. Bei Marktredwitz bleibt es nicht bei einer Behauptung, was sowohl Geschichte als auch Gegenwart der Stadt belegen können. So gehörte Marktredwitz mehr als 400 Jahre lang zur Reichsstadt Eger (heute die tschechische Stadt "Cheb"), war in seiner Geschichte teils unter katholischem, teils unter protestantischem Einfluß. Im 18. Jahrhundert wurde gar eine österreichische Garnison hier stationiert, für die Österreichs Kaiserin Maria Theresia eine eigene Kirche (die einzige Barockkirche weit und breit in der Gegend) bauen ließ. Wo man wiederum den eingangs zitierten Doppeladler findet. Im 20. Jahrhundert kamen dann nach Kriegsende viele türkische Gastarbeiter (die teils bis heute blieben) und gegen Ende des Jahrhunderts zahlreiche Russlanddeutsche. Rund 1600 von ihnen leben heute in Marktredwitz (= fast jeder zehnte Einwohner der Stadt), was wiederum die Existenz des eingangs erwähnten russischen Lebensmittelladens erklärt. Und dass sowohl Wolfgang von Goethe als auch Alexander von Humboldt - jeweils aus Forscherinteresse an der einzigartigen Gesteinsvielfalt rund um Marktredwitz - einst hier waren, haben wir bei alledem bislang noch nicht einmal erwähnt. "Europastadt Marktredwitz", so steht es auch auf der Homepage der Stadt.

"Egerland, Heimatland", heißt der Refrain eines Schlagers des im Jahr 1999 verstorbenen Musikers Ernst Mosch und seiner "Original Egerländer Musikanten". In einem anderen Liedtext heißt es: "An der Eger breitem Strand liegt mein schönes Heimatland". Doch wo liegt das Egerland, und was ist das überhaupt genau? Seinen Namen hat es in jedem Fall von der heute tschechischen 34 000 - Einwohner - Stadt "Cheb". Die vor der Vertreibung der Egerländer und anderer Deutschsprachiger noch "Eger" hieß und heute wie damals rund 20 Kilometer leicht nordöstlich von Marktredwitz liegt. Die historische Ausdehnung des Egerlandes war unterschiedlich, wird teils auch je nach Blickwinkel in ihrer Größe verschieden "interpretiert". Fest steht jedenfalls, dass es seit dem Jahr 1973 bis heute ein "Egerland-Kulturhaus" in Marktredwitz gibt. Ein kulturelles Zentrum der heimatvertriebenen Egerländer, die sich zudem weiterhin regelmäßig aus allen Gegenden der Welt in Marktredwitz zu Treffen zusammenfinden. Dieses Kulturzentrum stellen wir in unserer Sendung vor.

Weihnachtskrippen in Privathäusern, die gibt es vielerorts in Bayern. In der Regel sind sie klein bis winzig und daher schnell "untergebracht" auf einem Beistelltisch. Der würde für die Privatkrippen auf dem "Marktredwitzer Krippenweg" nicht ausreichen, ganz sicher nicht sogar, denn die hier gemeinten Krippen haben oft die Größe eines ganzen Zimmers. In der Blütezeit der Marktredwitzer Landschaftskrippe, etwa um das Jahr 1900, wurden bis zu 100 Krippen in der Stadt aufgestellt. Heute sind es nicht mehr ganz so viele, aber viel Arbeit steckt weiterhin in jeder der Krippen. In der Weihnachtszeit sind sie dann öffentlich zugänglich, und da vergisst man angesichts der spielerischen Leichtigkeit des "Endprodukts" ganz schnell, dass monatelange Vorbereitung in all den Krippendetails steckt. Soll man wahrscheinlich auch, es ist ja Weihnachten und man will sich beim Anschauen der Krippen einfach nur freuen. In unserer Sendung führt der Kripperer Albin Artmann ein Gespräch mit unserer Moderatorin Annett Segerer zu diesem Thema. Und vor allem: wir zeigen viele schöne Details der Krippen.

Ein 40 Quadratmeter großer Gobelin für die Kathedrale in der englischen Stadt Chichester stammt aus: Marktredwitz. Dort gibt es die "Fränkische Gobelin Manufaktur" von Ursula Benker-Schirmer. Und dort wiederum wurde in drei Jahren Arbeit, vom Entwurf bis zur Fertigstellung, der eben erwähnte Gobelin hergestellt. "So eine Aufgabe zu bekommen, ist ja eine Herausforderung ohnegleichen für einen Künstler", sagt Ursula Benker-Schirmer. Noch heute leuchten dabei ihre Augen. In den 1980er Jahren wurde der Gobelin für Chichester gemacht, und auch heute noch gibt es die Gobelin-Manufaktur in Marktredwitz. Dank der Lebensenergie, die Ursula Benker-Schirmer weiterhin hineinsteckt. Die inzwischen in reifem Alter befindliche Dame stammt übrigens aus Ostpreußen und hat einst die Kunsthochschulen in Halle an der Saale, in Berlin sowie in Nürnberg besucht.

Genussregion Oberfranken und mittendrin Marktredwitz. Doch der Reihe nach: Oberfranken ist die Region auf der Welt mit der höchsten Dichte an Brauereien, Bäckereien sowie Metzgereien. Von jeder Sorte zeigen wir eine in unserer Sendung, beginnend mit der Marktredwitzer Familienbrauerei Nothaft über die Bäckerei Schmidt bis hin zur Metzgerei Zeitlhofer.

"Harmonie" heißt eine russlanddeutsche Musikgruppe. Die vier Frauen und zwei Männer singen bei Auftritten in Marktredwitz und Umgebung von ihrer früheren Heimat. In Kasachstan. "Wir fühlen uns von kleinauf als Deutsche, und da gehören auch unsere Lieder dazu", sagt eine der Sängerinnen im Gespräch mit unserer Moderatorin. Wobei auch das Gebiet rund um die Wolga, wo sie früher wohnten, weiter eine zweite Heimat für sie sei, sagt eine andere Sängerin. Und die dritte Sängerin ergänzt, daß es ihr in Deutschland sehr gut gefällt. Die traditionell klingenden Lieder singen sie vor allem deshalb, um gedanklich mit ihrer früheren Heimat in Kontakt zu treten und Kulturerbe zu bewahren.

"Böhmische Dörfer" nennt man ja in der Regel Sachverhalte, die einem nicht so ganz schlüssig, gar gänzlich gedanklich unzugänglich sind. Doch woher kommt diese Metapher? "Palmström reist, mit einem Herrn von Korf, in ein sogenanntes "Böhmisches Dorf". Unverständlich bleibt ihm alles dort, von dem ersten bis zum letzten Wort." Heißt es in dem Gedicht "Das böhmische Dorf" des in München geborenen Dichters Christian Morgenstern (1871 bis 1914). Noch mehr Gedanken rund um "Böhmische Dörfer" macht sich Wolfgang Binder in unserer Sendung. Und warum er das ausgerechnet in Marktredwitz tut? Nun, Böhmen ist von dort nicht weit.


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