RESPEKT Feminismus
- Das Wort Feminismus steht für eine Bewegung, die sich für die Gleichberechtigung von Frauen einsetzt.
- 1891 entstand der politische Begriff durch die Bewegung für das Frauenwahlrecht.
- In Deutschland verdienten Frauen laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2020 durchschnittlich 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer - schlechter als der der EU-Durchschnitt mit 14 %.
- Gewalt gegen Frauen ist auch noch immer ein Problem, auch sexuelle Belästigung.
- "Catcalls" nennt man verbale sexuelle Belästigung auf der Straße oder im Internet.
Feminismus: überflüssig?
Braucht es Feminismus heutzutage überhaupt noch? - Das Fazit lautet: Ja. Denn auch wenn Frauen wählen dürfen und theoretisch die gleichen Rechte haben, sieht es praktisch anders aus. Im privaten Bereich, im Internet, in der Arbeitswelt: Laut Statistiken erfahren Frauen immer noch gravierende Benachteiligungen. Im Bundestag etwa sind 35 % der Abgeordneten Frauen. Und nicht nur während der Homeschooling-Zeit sind es meist die Mütter, die die Kinder betreuen.
Definition
Dunkelfeld von Delikten
Gender-Forscherin Prof. Dr. Paula-Irene Villa Braslavsky geht davon aus, dass viele sexuelle Gewaltdelikte erst gar nicht angezeigt werden. Von der frauenfeindlichen Bemerkung eines Sportlehrers über "zufällige" Grapscherei im Bus bis hin zum Hinterherpfeifen auf der Straße: wohl die meisten Frauen kennen das. Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern. Die wenigsten erstatten deshalb Anzeige. In Österreich wurden in 2021 deutlich mehr Frauen getötet als Männer - einige davon sind vermutlich Opfer häuslicher Gewalt. Und was innerhalb von Familien passiert, das bleibt leider oft so lange im Dunkeln, bis es eskaliert.
Öffentliche Diffamierung von Frauen
Traurig aber wahr: Gerade mutige Frauen, Individualistinnen, werden im Netz oft mit sexistischen Kommentaren niedergemacht. Etwa, indem sie in Pornovideos hineinmontiert werden. Regelmäßig werden Frauen auch richtig beschimpft oder massiv eingeschüchtert, zum Beispiel mit Vergewaltigungsdrohungen. Auch im "analogen" öffentlichen Raum sind Frauen weniger sicher als Männer: verbale oder handfeste sexuelle Belästigungen – man nennt sie „Catcalls“ - hat beinahe jede Frau schon erlebt. Doch mittlerweile gibt es Initiativen wie "Catcalls of Nürnberg", die durch Aktionen öffentlich auf solche Übergriffe aufmerksam machen: An der Stelle, wo Frauen belästigt wurden, wird die Szene von den "Catcalls of Nürnberg" "reinszeniert".
Zahlen und Fakten
Weniger Gehalt, mehr Gewalt
- In Deutschland verdienten Frauen laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2020 durchschnittlich 18 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Damit liegt Deutschland deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 14 % Gender Pay Gap.
- Nur jede dritte Führungskraft ist weiblich.
- In den Parteien sind nur rund 18 bis 41 Prozent der Mitglieder weiblich.
- Von 140.000 Menschen, die häusliche Gewalt erlebt haben, sind 81 % Frauen.
Zahlen und Fakten: Quellen
Destatis: Einwohnerzahl Dtl. 2021
bpb: Bildungsungleichheiten
Gender Pay Gap: Destatis, bpb, European Parliament, Qualität der Arbeit (Destatis), Global Gender Gap Report 2021 (S. 199), Equal Pay? (S. 2)
Destatis: Frauen in Führungspositionen
Bundesgesetzblatt: Führungspositionen
bpb: Frauenquote
bpb: Geschlechterverhältnisse im Recht
DIW Berlin: Hausarbeit & Kinderbetreuung
Bundesregierung: Partnerschaftsgewalt
Heinrich Böll Stiftung: Geschichte des Feminismus
Statista: Anteil Frauen politische Parteien 2019
DW: Frauenanteil Bundestag
Deutscher Bundestag: Bundestag wird weiblicher und jünger
Deutschlandfunk: Frauen und Finanzen
Viel erreicht, noch viel zu tun
Rechtlich gesehen stehen Frauen heute ziemlich gut da - doch praktisch gibt es auch viele "Ausreißer". Etwa in den Medien: Frauen sind seltener in Shows zu Gast, seltener auf Titelseiten. Miss Allie ist Musikerin und Liedermacherin und hat selbst erlebt, wie absurd die Benachteiligung von Frauen oft ist. Einmal hat sie etwa in einem Song einen "heißen, oberkörperfreien Gärtner" besungen - und wurde daraufhin von einem Mann als Sexistin bezeichnet. Dabei, so Miss Allie, würden Rapper ja kaum was anderes tun als Frauen abzuwerten - was sie selbst mit ihrem Song ja noch nicht mal gemacht hätte.
Frauen aus aller Welt zum Thema Feminismus
Erfahrungen von Frauen aus aller Welt (Übersetzung)
Andrea aus Venezuela
Feminismus ist für mich eine Bewegung, in der Frauen auf der ganzen Welt fordern, für das, was sie sind, wertgeschätzt zu werden. Für die Fähigkeiten, die sie genau wie Männer haben. In jedem Bereich Leistung zu erbringen, sei es in der Wissenschaft, in der Technik, in der Medizin und in anderen Bereichen wie dem Zuhause.
Was sollte sich ändern, um Gleichberechtigung zu erreichen? Ich denke, was sich ändern sollte, ist die Art und Weise, wie wir die Gesellschaft darüber aufklären, wie sie Frauen wahrnimmt. Wenn wir unseren Kindern zu Hause und in den Schulen beibringen, Frauen als menschliche Wesen zu sehen, die alles erreichen können und die das Recht haben, wertgeschätzt zu werden - dann können wir in der Zukunft eine Gesellschaft schaffen, die Frauen mit anderen Augen wahrnimmt.
Direkt diskriminiert wurde ich noch nicht, aber ich habe schon oft diese Sätze gehört wie "Frauen sollen zu Hause bleiben", "Frauen sollen sich nur um die Kinder kümmern", "Frauen sind nicht in der Lage, so etwas zu tun". Ich denke, dass das Wort Feminismus Macht hat, und wir sollten anfangen zu betonen, dass Frauen die Fähigkeit haben, alles zu tun, was sie wollen und damit letztendlich auch die zukünftigen Generationen aufziehen.
Lorena aus Peru
Hallo zusammen, mein Name ist Lorena und ich lebe in Peru. Gerne möchte ich eure drei Fragen zum Thema Feminismus beantworten:
Was bedeutet für dich Feminismus? Feminismus bedeutet für mich Chancengleichheit, nicht nur zu Hause, sondern auch am Arbeitsplatz.
Was müsste sich deiner Meinung nach ändern, um Gleichstellung zu erreichen? Um Gleichstellung zu erreichen, müsste sich nicht nur in den Schulen etwas ändern und verbessern, sondern auch zu Hause. Genauso vielen Männern wie Frauen muss bewusst werden, dass wir alle gleich sind und dass wir alle die gleichen Chancen verdienen. Nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in den anderen Lebensbereichen unseres Alltags.
Ich persönlich habe mich noch nicht diskriminiert gefühlt, aber ich habe Freundinnen, die mir erzählt haben, dass sie sich auf Jobs beworben haben, die sie nicht bekommen haben, unter anderem, weil in unserem Land in manchen Berufen leider Männer bevorzugt werden.
Gulia aus Georgien
Hallo, mein Name ist Gulia. Ich komme aus Georgien. Heute beantworte ich eure Fragen. Die erste Frage ist: Was bedeutet Feminismus für mich? Für mich bedeutet Feminismus, dass Frauen nicht dazu geboren sind, zu dienen und jemanden zufriedenzustellen. Und Frauen sind keine Dinge, die jemand benutzen kann, wie er das möchte.
In der zweiten Frage geht es um die Gleichstellung in meinem Land. Ich glaube wirklich an die zukünftigen Generationen. Mit jeder Generation wird die Situation immer besser. Ich glaube, in der nächsten Generation wird die Toleranz mehr werden.
Zur dritten Frage "Wurde ich schon mal wegen meines Geschlechts diskriminiert?": Natürlich wurde ich das. Das letzte Mal war erst gestern. Ich habe vor einem Monat meinen Führerschein bekommen. Gestern, als ich geübt habe, fragt mich ein Freund tatsächlich, warum ich einen Führerschein habe. Ich sei doch eine Frau. Frauen brauchen ja schließlich keinen Führerschein und können auch nicht gut Auto fahren und bauen oft Unfälle. Ja, das ist die bittere Realität.
Ioana aus Rumänien
Feminismus bedeutet für mich, sich sicher zu fühlen. Zum Beispiel, wenn man nachts allein nach Hause läuft und ein Typ mir entgegenkommt. Aber auch einfach im Allgemeinen, als Frau erst genommen zu werden an der Universität, am Arbeitsplatz und in anderen öffentlichen Institutionen.
Meiner Meinung nach kann Gleichstellung, speziell in Rumänien, dadurch erreicht werden, dass wir Jungen in einer eher nicht-traditionellen Weise erziehen. Indem man ihnen zum Beispiel sagt, dass Mädchen "ärgern" nicht bedeutet, dass sie ihnen so zeigen, dass sie sie mögen. Und dass es keinen Unterschied geben sollte, wie wir Männer und Frauen behandeln.
Es gab viele Situationen, in denen ich mich aufgrund meines Geschlechts diskriminiert gefühlt habe. Catcalls und Belästigungen am hellichten Tag, sodass man sich nicht mehr sicher fühlt, während andere Leute zuschauen und nichts unternehmen - das ist vermutlich etwas, was viele andere Mädchen und Frauen auch kennen. Oder eine Idee zu haben, die nicht beachtet wird, bis der männliche Kollege an der Universität sie wiederholt. Und er nimmt alles für sich in Anspruch. Das ist wirklich sehr traurig.
Autorin: Monika von Aufschnaiter