"Das Schöne am Jubiläum in diesem Jahr ist, dass wir, wenn wir auf die früheren Jahrhundertjubiläen zurückblicken, in diesem Jahr zum ersten Mal ganz anders feiern. Bei der ersten Hundertjahrfeier wurde noch massiv antikatholisch agiert, bei der zweiten Hundertjahrfeier waren es dann die Pietisten und auch die Orthodoxen, die dieses Thema aufgegriffen haben. Denken Sie an die Zeit nach den Napoleonischen Kriegen, als man dieses Jubiläum dann nationalistisch aufgeblasen hat. Und noch im letzten Jahrhundert, also beim Jubiläum im Jahr 1917, wurde stramm preußisch-national gefeiert. Und dieses Jubiläum im Jahr 2017 ist wirklich ein Ausreißer in dem Sinne, dass Luther eben nicht national gesehen wird, sondern dass daran erinnert wird, dass die Reformation ja auch eine europäische Angelegenheit war und neben Luther auch noch andere Reformatoren mit unterwegs waren – wegen ihm oder auch parallel zu ihm. Denken Sie an Erasmus von Rotterdam, an Zwingli, an Mikael Agricola in Finnland usw. Unsere Feier 2017 gründet sich zwar letztlich auf den Thesenanschlag im Jahr 1517, aber die Reformation und auch die geistigen Veränderungen Europas haben auch noch andere Reformatoren mitgeprägt. So gesehen war also Luther ein zentraler Reformator, der größte Auswirkungen gehabt hat."

Arne Lietz